Unabhängige Anwendervereinigung darf Herstellernamen nicht tragen:

Wang tritt Wang User Group vors Schienbein

20.03.1987

MÜNCHEN - Wang Deutschland will eine eigene User - Gruppe gründen, obwohl es seit Anfang '86 bereits eine Wang User Group gibt (heute: W.U.G. Deutschland). Diese "Unabhängige Benutzervereinigung der Wang - Anwender in Deutschland" wurde jetzt per Anwalt mit Einschreiben aufgefordert, den Namen Wang im Rahmen der Vereinsbezeichnung nicht mehr zu nennen. Wang - Marketing - Chef Joachim Herz: "Es gibt keine Wang User Group." Und: "Wir wollen Wildwuchs unterbinden."

Für die ins Auge gefaßte neue Gruppierung - das ist zusätzlich aus der Frankfurter Niederlassung des US - Unternehmens zu hören - liegt die Satzung bereits vor, Mitglieder gibt es jedoch noch nicht.

Anders bei der eingeführten, erklärtermaßen herstellerunabhängigen Gruppe mit Sitz in Düsseldorf. Der eingetragene gemeinnützige Verein zählt, nach Aussagen seines Vorsitzenden Martin Glückmann, zirka 150 Mitglieder, wovon zur Zeit etwa 100 Firmen sind, der Rest enthält auf Private. In der W.U.G. - so der neue Name - haben von Anfang

an die PC - Anwender dominiert, denn noch sind eine Anzahl der Firmen VS - Anwender (VS = Wang - Rechner - Bezeichnung), die PCs als intelligente Terminals einsetzen. Heute sieht die Verteilung ungefähr so aus: 20 VS - Systeme, 30 bis 40 mittlere Wang - Systeme, der Rest Mehrplatz - PC - Anwendungen und Stand - alone - PCs.

Und PC - Lastigkeit ist denn auch der einzige Kritikpunkt, den Marketing - Mann Herz offen gegen eine Anerkennung der Düsseldorfer als Wang User Group vorbringt.

In der Tat scheinen die PC - Anwender - auch die nichtorganisierten - den Frankfurtern mehr und mehr zum Klotz am Bein zu werden. Wang - PC - Freunde mußten mehrfach mangels Support oder auch nur Information erfahren, daß der von Wang jahrelang in den Vordergrund des Marketing gestellte PC "kein strategisches Wang - Produkt" sei. So erklärt beispielsweise der private PC - Anwender und berufliche RZ - Leiter Wolfgang Eymer, München: "Sie finden niemand im PC - Bereich, der zuständig ist, niemand, der definitiv Auskunft geben kann." Daß sich unter diesen Umständen die unzufriedenen Wang- Fans zu einer Gruppe zusammentaten, nimmt nicht wunder. Die rührigen Düsseldorfer erfreuen sich nämlich gut funktionierender Kontakte zu der niederländischen Wang User Group, die den Namen des Firmengründers offenbar unbeheIligt tragen darf, und verfügen - was besonders viel zählt - über einen direkten Draht zur offiziellen US - User - Group, was gegenüber dem Support der Deutschland GmbH zum Beispiel von einem VS -Anwender in München als ein besonderes Plus gewertet wird. Auch ein anderer VS -Anwender im Ruhrgebiet fühlte sich bei der ersten Sitzung der W.U.G. in diesem Jahr "völlig am Platze", speziell mit seinen Vernetzungsproblemen.

Da erst seit Januar '87 auch juristische Personen Mitglied der Vereinigung werden können, traf er dort noch nicht sehr viele VS - Anwender, äußerte sich jedoch als mit dem gebotenen Erfahrungsaustausch durchaus zufrieden. Enttäuscht hingegen ist er über die von Wang veranstalteten VS - Anwendertreffen in seiner Gegend, die zwar auch Erfahrungsaustausch garantierten, aber regelmäßig zu Verkaufsveranstaltungen degenerieren".

Im übrigen werde selbst dort der PC, der immerhin häufig als Arbeitsplatz eingesetzt werde, "stiefmütterlich behandelt". Auch was die Datentransfermöglichkeiten betreffe und die Anlage virtueller Festplattenlaufwerke für die PCs mit VS - Speicherplatte, komme Information vom Wang - Support nur ganz "tröpfchenweise", Erfahrungsberichte würden kaum gegeben, Handbücher existierten nur in Englisch. "Da bin ich ganz froh, wenn ich die W.U.G. anrufen kann, die nennen mir dann einen Vergleichsanwender." Schwierig gestalte sich auch das gesamte DFÜ - Feld: "Btx und dergleichen - man stößt überall auf luftleere Räume."

So sehr die befragten Mitglieder der W. User Group, Düsseldorf, von deren Nützlichkeit und der Integrität ihres Vorstandes überzeugt sind, so sehr hat sich das potentielle Gründungsmitglied einer mehr VS - orientierten und übergreifenden Anwendergruppe im Frankfurter Raum inzwischen - allerdings von Wang überhaupt - von seinen Gruppenaktivitäten distanziert. Der Wang - Großkunde, der im Sommer '86 noch versucht hatte, die Großsystem - und PC - Anwender samt Wang Deutschland unter einen Hut zu bringen, hat dieses Vorhaben nun völlig aufgegeben. Einer der Gründe dafür ist, daß man sich - statt einer Neugründung an der kurzen Leine des Herstellers durch Beeinflussung des Vorstandes - lieber einer bereits existierenden Gruppe (nämlich den Düsseldorfern) anschließen will. Zweiter Grund: Zunächst zwar nur mit einer Insellösung, hat der Anlagenbauer einen Herstellerwechsel vollzogen, und zwar von Wang auf DEC. Ein VAX - System hat bereits einer VS - Maschine den Rang abgelaufen.

Wie Nachforschungen ergaben, geschieht es nicht zum erstenmal, daß Wang unabhängige Initiativen zur besseren Unterstützung der Wang - Kunden, sei es über User -Group - ähnliche Aktivitäten, sei es über News Letter oder Mailbox - Dienste, die Verwendung des Namens Wang untersagen läßt. Insider wußten zu berichten, daß ein Frankfurter Info - Dienst dadurch gekippt wurde, daß - wie jetzt auch von den Düsseldorfern - eine Unterlassungserklärung verlangt wurde, die sich über die Nennung des Namens im Titel hinaus auch auf seine Erwähnung in der gesamten Korrespondenz bezog. Diese eingeforderte Unterlassungserklärung wurde - mangels eines juristischen Ratgebers - unterschrieben. Damit war das Vorhaben vorläufig gestorben.

Auferstehen dürfte es jedoch jetzt wieder in Form eines Mailbox - Systems unter dem Signet der W.U.G., die sich zwar dem Verlangen beugt, Wang nicht mehr in der Gruppenbezeichnung zu verwenden, nicht aber dem Ansinnen, das Wort überhaupt nicht mehr im Schriftverkehr zu benutzen - dieses könnten die Frankfurter Statthalter mit Fug und Recht nämlich nicht verlangen.

Die von Wang umworbenen VS - Anwender indes haben "aus Termingründen" seit Monaten nicht zusammengefunden.