Waffenschein erforderlich

28.11.1997

"Data-Warehousing ist eine Technologie, für die eigentlich ein Waffenschein notwendig ist", provozierte Gunter Dueck, IBM Distinguished Engineer Business Intelligence Science and Technology, sein Konferenzpublikum. Schließlich schütze auch die schönste und intelligenteste Technik nicht vor der Torheit seiner Nutzer.

Für eine Immobilienkampagne berechnete eine deutsche Bank mittels Data-Mining die Charakteristika von Hausbesitzern. Girokonten wurden ausgewertet und ein Direkt-Mailing mit 100000 Aussendungen an Kunden mit soliden Daten initiiert. Gerade mal 20 Angeschriebene antworteten. Der Grund war ein Denkfehler: Hausbesitzer wohnen bereits im Eigenheim, haben keinen Bedarf an weiteren Immobilien und wegen einer entsprechenden Hypothek häufig auch kein Geld.

Eine Lebensmittelkette findet mit ihrem Data-Warehouse heraus, daß sich nur rund 40 von 120 Käsesorten aus ihrem Sortiment gut verkaufen. Sie nimmt die unrentablen Marken aus ihrem Sortiment. Die Folge: Der Händler erlebt einen Umsatzeinbruch. Es stellt sich heraus, daß gerade zahlungskräftige Kunden ihre Spezialitäten erwarten. Finden sie sie nicht im Regal, füllen sie ihren Warenkorb in den Konkurrenzmärkten. Der Schaden ist zudem nicht von kurzer Dauer, denn die Kunden müssen erst einmal zurückgewonnen werden.

In den USA fand ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche heraus, daß es zwar rund 50 Dollar kostet, einen Kunden zu halten, aber 350 Dollar, einen neuen zu gewinnen, berichtete Wolfgang Martin, Analyst bei der Meta Group.

Ähnlich wie dem Käsehändler erging es einem Versandhaus. Mit nur rund 20 Prozent seiner Artikel erwirtschaftete es nahezu den kompletten Umsatz. Es nahm die "Penner" aus dem Angebot und verschickte nur noch Kataloge mit den "Rennern". Das Unternehmen ging laut Dueck bankrott.