Wacker - Chemie, München:

04.06.1976

MÜNCHEN - Arnold Stein, Projektleiter bei der Firma Wacker - Chemie, stand vor dem Problem, kurzfristig viel Anwendungssoftware "auf die Beine zu stellen", das Unternehmen ersetzte seine Honeywell Bull H 200 durch ein IBM - System 370. Da alle Anwendungen, die auf der Honeywell - Maschine gut liefen, nicht in kurzer Zeit verbessert für die 370 produziert werden konnten, sah man sich nach geeigneten Standard - Paketen auf dem Markt um. Erste Anwendung sollte die Finanzbuchhaltung sein, mit einer Online - Version anstelle des alten Batch - Systems. Laut Stein kamen nur zwei Pakete infrage: IFM von IBM und RTF (Realtime Finanzbuchhaltung) von der Firma SAP, Mannheim. Stein entschied sich - sicherheitshalber - für die IBM - Software: "Weil sie vom Hersteller des Systems kommt." Ein weiterer Grund für diese Entscheidung war das gute Preis - Leistungsverhältnis und der realistische Anpassungsaufwand des Paketes: "Wir wollten auf keinen Fall länger als ein Jahr damit zu tun haben", setzte Stein voraus: "Und wie es heute aussieht, werden wir das auch schaffen." Im Verhältnis zum Umfang und Komfort des Paketes sei der Gesamt -Anpassungsaufwand von 50 Mannmonaten gerechtfertigt, obwohl 80 Prozent der investierten Zeit damit verbracht wurden, das Paket den unterschiedlichen Organisationsformen des Hauses anzugleichen. Ein Selbermachen - wie für das Honeywell - System - hält er für ausgeschlossen und begründet seine Entscheidung mit einem Kostenvergleich: IFB kostet insgesamt - Kaufpreis eingeschlossen - nach endgültiger Implementierung etwa 400 000 Mark - für eine entsprechende Eigenherstellung muß er bei drei Jahren Programmierzeit etwa 1,5 Millionen Mark veranschlagen.

Nach den guten Ergebnissen mit dem IBM - Paket wurde nun auch für die flexible Plankostenrechnung das Programmpaket M 11 von der Unternehmensberatung Plaut eingesetzt. Auch hier rechtfertigt Stein den Einsatz von Standardlösungen, obwohl der Anpassungsaufwand noch höher liegt als im Bereich der Finanzbuchhaltung, wo vom Gesetzgeber her bereits sehr enge Rahmen angelegt werden.

Selber schreiben will Stein Programme für den Einkauf, die Auftragsabwicklung sowie Teile der Materialwirtschaft.

Für das komplexe Gebiet des Personalwesens sucht Stein noch nach geeigneten Lösungen: Zur Zeit sind einige Mitarbeiter unterwegs, um sich bei Kollegen entsprechende Anwendungen anzusehen: "Da gibt es fantastische Sachen - aber es ist noch lange nicht gesagt, daß wir die haben können." Denn neben dem Konkurrenzgedanken bei branchenverwandten Unternehmen fehlt den EDV - Leuten einfach die Zeit, sich mit dem "Vertrieb" ihrer Produkte zu beschäftigen - und hieran scheitert - so Stein - die Möglichkeit, gute, erprobte Software vom Kollegen zu erhalten. hö