Stimmung im Systemhausmarkt

Wachstum bleibt für Systemhäuser das Ziel

03.09.2013
Von 
Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Sie rechnen mit härteren Verteilungskämpfen und steigendem Preisdruck. Dennoch wollen Systemhäuser wachsen, durch neue Technologien mehr Aufträge bekommen und auch mit nderen Dienstleistern kooperieren.

Zuversicht herrscht in der Systemhauslandschaft: Das Gros der Dienstleister will höhere Umsätze erwirtschaften als der Branchendurchschnitt. Dabei fühlen sich fast alle Unternehmen stark genug, dieses Wachstum aus eigener Kraft zu stemmen.

Stimmung im Systemhausmarkt
Stimmung im Systemhausmarkt
Foto: Sergey Nivens, Fotolia.com

Ihr Interesse, Konkurrenten oder Anbieter mit ergänzendem Portfolio zu übernehmen, hat deutlich nachgelassen: Nur noch 16 Prozent der Systemhäuser liebäugeln mit Zukäufen, 2012 waren es noch fast doppelt so viele. Das ist insofern erstaunlich, als 83 Prozent der Befragten von einer weiteren Konsolidierung ausgehen.


Wachsen durch Technologie

Woher rührt dieses große Vertrauen in die eigene Stärke in einem volatiler werdenden Markt? Zweckoptimismus ist es offenbar nicht: 51 Prozent der Systemhäuser feilen derzeit am eigenen Geschäftsmodell oder haben es bereits umgebaut, um weiter zu wachsen.

Die halbe Branche ist also dabei, sich neu auszurichten. Nur jeder dritte Dienstleister erwartet, dass die Kunden mehr in die Modernisierung ihrer IT investieren als im Vorjahr, Die Mehrheit kalkuliert vorsichtiger und stellt sich auf stagnierende (50 Prozent) beziehungsweise sogar schrumpfende ITBudgets (elf Prozent) ein. Zum Vergleich: 2011 rechneten noch 72 Prozent Wachstum bleibt für Systemhäuser das Ziel der Systemhäuser mit höheren IT-Investitionen, einen Rückgang erwartete damals keiner.

Zusätzliche Aufträge und Erlöse erhoffen sich 45 Prozent der Systemhäuser von der Aufnahme neuer Technologien ins Portfolio. Wer sein Angebot erweitert, muss allerdings auch in das Know-how und die Ausbildung von Mitarbeitern investieren oder entsprechende Spezialisten einstellen. Beides ist teuer. Das könnte erklären, weshalb Systemhäuser zunehmend bereit sind, mit anderen Dienstleistern zu kooperieren. Im Vergleich zum Vorjahr stieg diese Quote von 19 auf 30 Prozent sprunghaft an.

Allianzen bringen Vorteile

Erfahrungsgemäß bilden meist sehr spezialisierte Systemhäuser Allianzen und erweitern damit ihren lokalen oder thematischen Aktionsradius. So haben sich zum Beispiel fünf IBM-Partner zum Netzwerk„True Blue“ zusammengeschlossen, um alle Branchen bedienen zu können. Bis zu einem gewissen Grad mag die verstärkte Zusammenarbeit auch der fortschreitenden Verschmelzung der klassischen, bislang streng abgeschotteten IT-Silos in den Rechenzentren – allen voran Netzwerk, Storage, Security – geschuldet sein. Denn damit werden die Kundenprojekte komplexer und die Anforderungen an spezialisierte Häuser höher.


Cloud erfordert Kooperation

„Verkaufen Sie Komplettlösungen“, fordern gerade Vollsortimenter wie IBM, Dell oder HP von ihren Partnern schon seit Langem. Allerdings schafften es bisher nur die wenigsten Hersteller selbst, diesem Anspruch gerecht zu werden und ihren Vertrieb bereichsübergreifend zu verzahnen. Seitens der Systemhäuser dagegen ist dieser Wandel offenbar schon in vollem Gange.

Aber auch die Cloud fördert neue Arten von Kooperationen. So suchen klassische Hoster, Rechenzentrumsbetreiber und Provider verstärkt den Schulterschluss mit Independent Software Vendors (ISVs) und Resellern. Umgekehrt setzen Systemhäuser, die die Investition in ein eigenes Hosting-Center scheuen, für ihre Cloud-Dienste gerne auf die Infrastruktur der Spezialisten. Jüngstes und prominentestes Beispiel dafür ist die Allianz von Bechtle mit Freudenberg IT.

Personalproblem entschärft

Kooperationen können zwar dazu beitragen, Systemhäusern in einem eher stagnierenden Markt organisches Wachstum zu bescheren. Doch das größte Problem, der Fachkräftemangel, lässt sich damit allein nicht lösen. Kein anderes Thema bereitet den IT-Dienstleistern mehr Kopfzerbrechen, und das bereits seit drei Jahren in Folge.

Allerdings empfinden in diesem Jahr nur noch 70 Prozent der Systemhäuser den Personalengpass als Problem, 2012 waren es 90 Prozent der Befragten. Dazu passt auch, dass in diesem Jahr nur 70 Prozent der Anbieter zusätzliche Mitarbeiter einstellen wollen. Im vergangenen Jahr hatten dies noch 88 Prozent der Befragten vor.

Wettbewerbsdruck steigt

Sorgen bereitet den Systemhäusern nach wie vor die Kluft zwischen sinkenden Erträgen und steigenden Kosten. Derzeit sprechen auch keine Anzeichen dafür, dass sich die Preise, besonders für Hardware, in absehbarer Zeit stabilisieren würden. Die Möglichkeit, Infrastrukturressourcen günstig aus der Cloud zu beziehen, könnte hier den Preiskampf eher noch anheizen.

Dienstleister befürchten zudem härtere Verteilungskämpfe um ausstehende Projekte. Zum ersten Mal sehen sie sich dabei weniger durch den Direktvertrieb der Hersteller bedroht als durch Konkurrenten aus dem Systemhausumfeld.

Bislang überwog die Angst vor dem Hersteller stets die Furcht vor den Konkurrenten aus den eigenen Reihen. Die größte Gruppe der Befragten (64 Prozent) sieht die schärfste Konkurrenz heute in den vielen lokalen Systemhäusern. Weiter geschwunden ist die Bedeutung der überregional aktiven Schwergewichte.

Die Bechtle-Gruppe, die bis zum vergangenen Jahr als härtester Konkurrent wahrgenommen wurde, verlor hier ebenso an Gewicht (minus acht Prozent) wie Cancom (minus sechs Prozent) und Computacenter (minus 16 Prozent). Aus dem Ranking der schärfsten Wettbewerber lässt sich nicht nur die zunehmende Stärke lokaler Anbieter ablesen, sondern auch das gewandelte Verhältnis zwischen Hersteller und Vertriebspartner.

Fast alle großen Player reagierten in den vergangenen Jahren mit massivem Stellenabbau auf den Kostendruck. Gleichzeitig wurden die IT-Projekte komplexer. Hersteller sind schon deshalb auf ein funktionierendes Partnernetz angewiesen. Channel-Konflikte kann sich heute selbst ein Anbieter wie Dell nicht mehr leisten. Gute Aussichten also für die Systemhausbranche und Grund genug für ein gesundes Selbstvertrauen.