Wachsende Zahl von Display-Herstellern bringt Vorteile fuer die Anwender Analysten erwarten Preiskampf bei leistungsfaehigen Notebooks

16.12.1994

MUENCHEN (CW) - Fuer noch unentschlossene Kaufinteressenten beginnt einmal mehr das in der DV-Branche beliebte Spiel: Jetzt zugreifen oder auf Preisstuerze hoffen. Glaubt man Insidern, dann sollten sich Anwender, die hochleistungsfaehige Notebooks erwerben wollen, noch ein paar Monate gedulden.

Analysten erwarten, dass es zu Verbilligungen auf breiter Front kommen wird. Diese koennten sich zu regelrechten Preiskaempfen auswachsen und dazu fuehren, dass Farb-Notebooks mit Aktiv-Matrix- Displays in 10,4 Zoll Groesse bis Ende 1995 unter die 3000-Dollar- Marke fallen koennten. Damit wuerden die Tragbaren rund 2000 Dollar unter dem heute allgemein verlangten Niveau liegen.

Notebooks erfreuten sich in den vergangenen Jahren einer solchen Beliebtheit, dass wegen der gesteigerten Nachfrage - zumindest in den USA - einige Produktkategorien sogar teurer wurden.

Fuer zu erwartende Preisreduktionen spricht, dass der Wettbewerb von Herstellern, die hochleistungsfaehige Displays produzieren, zunehmend haerter wird. Die komplexe und vom technologischen Standpunkt gesehen alles andere als triviale Problematik der Monitorherstellung ist bei Notebooks der groesste Kostentreiber. Mit Matsushita, Samsung und Hitachi gaben dieses Jahr gleich drei Industrieschwergewichte ihr Entree in den Markt bekannt. Sie dienen sich nun wie Sharp, Epson, NEC, Toshiba, Sanyo und INP bei den Computerherstellern als Display-Produzenten fuer tragbare Rechner an.

Zudem warfen auch Unternehmen wie Digital Equipment und Hewlett- Packard in juengster Zeit ihren Hut in den Ring (vgl. CW Nr. 46 vom 18. November 1994, Seite 42: "Notebook-Hersteller vergroessern..."). Beide hatten sich mit Notebook-Angeboten in der Vergangenheit auffaellig zurueckgehalten. Zumindest bei ihrer angestammten Kaeuferklientel duerften sie nun ein wenig am Boom der tragbaren PCs teilhaben.

Tragbare ersetzen Tischmodelle

Auch Unisys versucht, Versaeumnisse der Vergangenheit im PC-Segment vergessen zu machen: Dazu soll auch eine Linie von Tragbaren dienen, die "Travel Asset Series".

Obwohl HP, DEC oder AST noch zur zweiten Reihe der Notebook- Anbieter zu zaehlen sind, koennten sie bei den Grossen im Geschaeft - Toshiba, Compaq, IBM oder Apple - doch fuer etwas Unruhe sorgen.

Sharp gehoert ebenfalls zu den Unternehmen, die bislang bei Notebooks eher als Mitlaeufer zu gelten hatten. Eigentlich bot das Unternehmen vor allem bei den sogenannten Organizer-Handhelds mit, wie sie etwa auch HP mit seinen "Omnibook"-Geraeten in der Angebotspalette fuehrt. Sharps grosser Vorteil: Das Know-how bei der Entwicklung und Produktion von LCDs. Die Japaner versorgen einen Grossteil der Industrie mit ihren Displays.

Auf der Comdex stellte Sharp die Notebooks "PC8700" und

"PC8900" vor, die beide mit einer zukunftsweisenden, weil gegenueber dem IRDA-Standard (Infrared Data Association) wesentlich leistungsfaehigeren Infrarot-Technologie zur Datenuebertragung aufwarten.

Darueber hinaus erzeugen Neulinge wie etwa Chaplet Systems Inc. weiteren Druck: Wie Toshiba und NEC schon vor Wochen praesentierte das kalifornische Unternehmen ein Notebook, das bereits mit einem Pentium-Prozessor rechnet und mit Aktiv-Matrix-Display, 520-MB- Festplatte und VESA-Local-Bus sowie mindestens 8 MB Arbeitsspeicher ausgestattet ist. Chaplet rechnet damit, dass der Strassenpreis des leistungsstaerksten "Ilufa-770"-Notebooks bei etwa 4900 Dollar liegen wird.

Bruce Stephen, Analyst bei der International Data Corp. (IDC), erklaert den weiter anhaltenden Boom bei hochleistungsfaehigen tragbaren Computern mit dem Trend in Unternehmen, Tischmodelle durch Notebooks zu ersetzen. Diese koennten mobil eingesetzt, aber auch problemlos in Firmennetze eingebunden werden. Noch ein Umstand foerdert den Absatz von Mobil-PCs: Zusatzkomponenten, die die Vorstellung vom grenzenlos mobilen Rechner Schritt fuer Schritt Wirklichkeit werden lassen, erlangen Marktreife.

So haben sich PCMCIA-Komponenten praktisch am Markt durchgesetzt. Dazu gehoeren nicht nur Festplatten mit Kapazitaeten von bis zu 260 MB. Vielmehr gibt es auch zellulare Daten- und Faxmodems, spezielle Pager und zellulares Telefonzubehoer, die die drahtlose Ankopplung von Notebooks an den Rest der Welt ermoeglichen. Ausserdem kommen die ersten Softwareprodukte auf den Markt, die (nicht nur) die Notebooks zu Anrufbeantwortern umfunktionieren.

Zugleich macht auch die herkoemmliche Speichertechnologie erhebliche Fortschritte: Toshiba etwa bietet seit kurzem mit der "MK-2728"-Festplatte ein Laufwerk fuer Notebooks an, auf dem sich ueber 1 GB Daten speichern laesst - vor Jahren reichte solch ein Silo noch aus, um die DV eines ganzen Unternehmens zu sichern.

Wenig Auswirkungen auf den Markt duerften vorerst die Pentium- Konkurrenzchips "M1" von Cyrix sowie "K5" von AMD haben. Der K5- Prozessor wurde Mitte November erstmals in Einzelstueckzahlen produziert, jetzt zog Cyrix mit dem M1 nach. Mit der Auslieferung erster M1-Systeme rechnen Cyrix-Offizielle nach einem Bericht im "Microprocessor Report" fuer das zweite Quartal 1995. Erfahrungsgemaess, so die Autorin Linley Gwennap, vergehen zwischen der Produktion der Masterbaender fuer einen Prozessor bis zur Auslieferung von Rechnern inklusive Testlaeufen und Fehlerbeseitigung jedoch rund zwoelf Monate.

Konkurrenz macht sich Intel moeglicherweise selbst: Dem "Microprocessor Report" zufolge produzierte Intel fuer den Pentium- Nachfolger "P6" bereits im Oktober 1994 "first silicon". Erste Muster plane Intel fuer das erste Quartal 1995, die Auslieferung koenne womoeglich im dritten Quartal des naechsten Jahres starten. Ein Intel-Manager in Muenchen wollte sich nur insoweit festlegen, dass "1995 definitiv reelle Systeme auf Basis des P6-Prozessors ausgeliefert" werden wuerden.

Wie in der Vergangenheit rutschen in der Folge von Produktvorstellungen die Preise fuer Vorgaengermodelle weiter ab - in diesem Fall fuer Pentium-CPUs. Ob sich dies allerdings sofort auf die Kosten fuer Notebooks oder zunaechst nur fuer Tischgeraete auswirkt, ist nicht klar, werden doch fuer tragbare Rechner speziell angepasste - etwa stromsparende - Prozessorvarianten bevorzugt.