Ministerschelte:

"Vorzeitige pauschale Äußerungen"

08.02.1985

Die Diskussion über die Studie von Franz Arnold dürfte sich zunächst einmal an seinen "Feststellungen" und "Forderungen" entzünden, die das 200 Seiten starke Papier wie ein roter Faden durchziehen. Feststellung I samt Kontext sei hier im Wortlaut wiedergegeben. Hintergrund sind Äußerungen des Bundespostministers zu Endgerätefragen gegenüber der Presse, im Zusammenhang mit der Einführung des ISDN das Monopol beim einfachen Fernsprechhauptanschluß aufgeben zu wollen.

"Es ist zu vermuten, daß Herr Dr. Schwarz-Schilling hier mißverständlich ausgelegt wurde, was allerdings zwangsläufig ist, da derartige pauschale Hinweise ohne wohlüberlegte konkrete Details stets zu einer Vielzahl von Befürchtungen oder Hoffnungen Anlaß geben, die dann bei näherer Ausgestaltung gar nicht eintreten. Dies führt zu folgender Feststellung, zu der gerade Herr Dr. Schwarz-Schilling in seiner Zeit als Minister erheblichen Anlaß gibt".

FESTSTELLUNG I:

Änderungen in der Unternehmenspolitik der DBP können wegen deren wirtschaftlichen Gewichts der Vielzahl der Beschäftigten der DBP und der großen Zahl der von der DBP mittelbar oder unmittelbar abhängigen Betriebe und damit Arbeitsplatze, große, schwer überschaubare Auswirkungen haben. Gerade die Schaffung eines risikofreundlichen, innovativen Klimas erfordert Vertrauen der Anwender und Hersteller in die Äußerungen der Spitze der DBP. Während uns die Erfahrung lehrt, daß Äußerungen eines Politikers nicht mehr über mehrere Jahre Bestand haben, sondern häufig an die Tagesaktualität angepaßt sind, müssen Äußerungen des Unternehmenschefs der Deutschen Bundespost politisch abgesichert, in ihrer Durchführung realisierbar und für die Betroffenen konkret auslegbar sein.

Vorzeitige pauschale Äußerungen des Bundespostministers als Politiker führen zwangsläufig zu ständigen Kurswechseln des Unternehmenschefs der Deutschen Bundespost, die - da meist im Bereich der technischen Ausgestaltung - für den Politiker nicht besonders gravierend erscheinen, aber bei Anwendern, Handwerk und Industrie zu ständigem Zögern und Abwarten führen.