Das kleine Einmaleins für Selbständige

Vorsicht vor Abo-Fallen

27.01.2010
In Sachen Kundenbindung kann man von größeren Firmen nicht immer etwas lernen. Diese Erfahrung machte Unternehmer Michael Krause, als er einen Mailservice testen wollte.

Mit einem Klick ist die Testphase des Premium-Mailservices aktiviert. Vier Wochen lang können sämtliche Funktionen ausgiebig getestet werden. Doch schon nach sechseinhalb Minuten wird einem klar, dass es nicht wirklich das ist, wonach man sucht. Also klickt man auf "Premium Account deaktivieren" und schickt sicherheitshalber noch ein Schreiben auf dem guten alten Postweg an den Betreiber. "Ich möchte die Testphase [...] kündigen" steht dort geschrieben.

Michael Krause, Onchestra: "Kunden sollte man durch ehrlichen, fairen Service binden, nicht durch Tricks."
Michael Krause, Onchestra: "Kunden sollte man durch ehrlichen, fairen Service binden, nicht durch Tricks."

Nach besagten vier Wochen klingelt jedoch das Postfach - "Herzlich willkommen beim Premium Dienst". Auf Nachfrage heißt es "Sie hätten die Testphase widerrufen, nicht kündigen müssen. So mussten wir Ihr Schreiben ignorieren." So steht man da, mit einem Zwölf-Monats-Abo eines Services, der völlig unbrauchbar ist. Rechtmäßig ist das Ganze - "Kündigung" und "Widerruf" sind zwei Paar Stiefel. Deshalb zahlt man, nachdem man einige Gesetzestexte gewälzt hat, den Jahresbeitrag. Dass man aber fortan kein gutes Haar mehr an entsprechendem Dienstleister lässt, erklärt sich von selbst.

Transparenz als Differenzierungsmerkmal

Wieso schaffen es so viele "Große" nicht, ihre Kunden durch fairen, ehrlichen Service zu binden? Sind sie dazu schlichtweg nicht in der Lage, weil die Produkte mies sind? Wollen sie es einfach nicht? Ist Ehrlichkeit heute unrentabel?

Wir "Kleinen" sollten dankbar sein für diese Unfähigkeit der Dickschiffe. So schlimm es eigentlich ist: heute kann man sich durch Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz gegenüber seinen Kunden von den scheinbar übermächtigen Platzhirschen der Branche differenzieren. Was man braucht, ist Geduld. Denn eines ist sicher: es gibt jeden Tag mindestens einen, der von schlechtem Service und unfreundlichen Kunden-Hotlines genug hat. Man muss ihm nur eine Alternative bieten.

Ach ja: für mein neues Postfach zahle ich nun Geld. Sogar mehr als für das ursprüngliche, ungewollte. Und ich zahle es gerne. Denn ich kann zum Monatsende kündigen - was ich nicht vorhabe.

Michael Krause und Marc Boeker von onchestra.com entwickeln Online-Anwendungen für kleine Teams, Freiberufler und Selbständige. Auf Computerwoche.de beschreiben sie ihre Erfahrungen aus dem täglichen Umgang mit Kunden, Marketing, Vertrieb und Entwicklung.