Vorschlaege fuer die Wirtschaft Gruene erstellen Konzept fuer die Informationsgesellschaft

08.09.1995

BONN (gfh) - Gegen die Goldgraeberstimmung von Regierung und Wirtschaft in Sachen Datenautobahn und Multimedia wendet sich ein jetzt von der Bundestagsfraktion der Gruenen vorgestelltes "Eckpunktepapier". Nach Meinung der Oppositionspartei ist es die Aufgabe der Politik, die Entwicklung zur Informationsgesellschaft bewusst zu gestalten.

"Die Wirtschaft schraenkt ihre Zukunftsmaerkte unnoetig ein", bedauert Manuel Kiper, Mitglied des Bundestags und Forschungspolitischer Sprecher der Gruenen. Seiner Ansicht nach uebersehen viele Player in der momentanen Aufbruchsstimmung die eigentlichen Chancen der Informationssysteme. So wuerden Techniken wie Video on demand oft nur als Goldgrube fuer die Mehrfachverwertung von Filmen wahrgenommen.

Kiper befuerchtet, dass sich die Anbieter mit dieser Vorgehensweise "selbst ein Bein stellen", denn erst eine breite Buergerbeteiligung bei der Einfuehrung von Multimedia-Techniken lasse erkennen, ob solche Dienste ueberhaupt einen ausreichend grossen Markt finden. Hinzu kaeme, dass der Grossteil der Bevoelkerung erst an die neuen Netzdienste herangefuehrt werden muesse.

Der Sprecher der Gruenen schlaegt daher vor, die Nachfrage nach Netzdiensten durch eine preiswerte und flaechendeckende Grundversorgung nachhaltig zu stimulieren. Wenn die Technik erst einmal auf breiter Basis etabliert sei, lasse sich mit Zusatzdiensten Profit erzielen.

Ein derartiger Wandel zur Informationsgesellschaft kann nach Auffassung der Gruenen nur im Rahmen gesellschaftlich akzeptierter Regeln vollzogen werden. Diese zu schaffen sei die Aufgabe der Politik. Die Bundestagsfraktion Buendnis 90/Die Gruenen will mit ihrem jetzt verabschiedeten "Eckpunktepapier" dazu beitragen. Darin finden sich folgende Grundsaetze:

- Die Informationsgesellschaft darf das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht aushebeln. Die derzeitigen Datenschutzbestimmungen beruecksichtigen weder die aktuellen technischen Moeglichkeiten noch die Tatsache, dass private Unternehmen heute oft weit mehr sensitive Daten speichern als staatliche Stellen.

- Der Universaldienst ist zukunftsoffen zu gestalten, um die informationelle Grundversorgung fuer alle zu gewaehrleisten. Es ist zu verhindern, dass zum Beispiel die Privatisierung der Telekom als Sparmoeglichkeit missbraucht wird.

- Das Ungleichgewicht zwischen Anbieter- und Empfaengerseite von Information ist durch interaktive Netzstrukturen abzubauen, die wechselseitige Kommunikation ermoeglichen, sonst besteht die Gefahr von Monopolen.

- Der Weg in die Informationsgesellschaft ist transparent und partizipativ zu gestalten. Es darf nicht sein, dass ausschliesslich Firmenvertreter und die Regierung ueber die Gestaltung neuer Medien befinden.