Forrester-Umfrage mit Schönheitsfehlern

Vorbehalte gegen Open-Source-Modelle

25.08.2000
MÜNCHEN (CW) - Unternehmen finden Open-Source-Software genial, möchten sie aber doch lieber bei ihrem Stammlieferanten kaufen. Trotz dieses Ergebnisses einer eigenen Umfrage, prophezeit Forrester Research dem Open-Source-Konzept goldene Zeiten.

Überrascht hat die Analysten bei der Befragung von 50 weltweit agierenden Unternehmen, dass mehr als die Hälfte von ihnen Open-Source-Software verwenden. Die Befragten gaben an, in den kommenden zwei Jahren den Einsatz dieser Programme im eigenen Unternehmen im dreistelliger Prozentbereich erhöhen zu wollen.

Die Konzerne haben sich davon überzeugen lassen, dass Software, an der jeder Interessierte mitwirken kann, innovativer und weniger fehlerhaft ist als Produkte, die in den Hochsicherheitstrakten der klassischen Anbieter entstehen. Beruhigend wirkte auch die Möglichkeit, bei Problemen in den Sourcecode zu schauen und ihn notfalls ändern zu können.

Skeptisch äußerten sich die Befragten allerdings bezüglich des Geschäftsmodells. Am ehesten könnten Open-Source-Anbieter von Support und Service leben. Tatsächlich aber beziehen die global agierenden Firmen ihre Software lieber von einem großen, Vertrauen erweckenden Unternehmen als von Open-Source-Spezialisten. Einige gaben an, dass erst das Engagement von IBM Open-Source-Programme bei ihnen hoffähig gemacht habe. Ihr Wunsch ist es, mit möglichst wenig Anbietern verhandeln zu müssen und bei Problemen einen kompetenten Ansprechpartner zu finden. Diese Grundhaltung führt laut Forrester dazu, dass eher Konzerne wie Dell oder IBM vom erwarteten Open-Source-Boom profitieren als Spezialisten wie Red Hat oder Suse.

Es fehlt ein sinnvolles GeschäftsmodellZweifelhaft ist jedoch, ob sich der Boom in dem Maße einstellt, den die dreistelligen Wachstumsraten bei den befragten Firmen suggerieren. Tatsächlich gibt es bislang eigentlich nur ein Einsatzgebiet, in dem sich die Web-Server-Software Apache, das Betriebssystem Linux und die Programmiersprache Perl durchgesetzt haben: beim Web-Server. Hier hat die Open-Source-Gemeinde eine Marktlücke schlicht schneller besetzt als die etablierten Infrastruktur-Anbieter. Diese Geschwindigkeit belohnen die befragten Unternehmen, insofern, als sie den Einsatz von Open-Source-Software für Web-Server von derzeit im Schnitt vier Prozent auf 33 Prozent im Jahr 2002 ausdehnen wollen. In klassischen Bereichen, wie etwa Datenbanken, bleiben sie dagegen ihren bisherigen Anbietern treu.

Dennoch erwartet Forrester einen immensen Schub, der damit begründet wird, dass zurzeit Tausende Open-Source-Projekte in Arbeit seien. Außerdem werde die Entscheidung Chinas, auf Open-Source-Software zu setzen, für eine große Menge von einschlägigen Entwicklern sorgen. Die Krux bleibt jedoch, dass es bislang an einem funktionierenden Geschäftsmodell fehlt. Wie die befragten Firmen zweifeln auch die Forrester-Analysten, dass das Servicekonzept für Opens-Source-Anbieter trägt. Sie setzen vage Hoffnungen auf Entwickler-Portale oder -Marktplätze, wie sie derzeit in den USA in Mode gekommen sind. Hier ließe sich Open-Source-Software als kostenpflichtige Dienstleistung ordern.