Detecon-Studie

Vor massiver ERP-Konsolidierungswelle

28.03.2013
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Mehr als die Hälfe der Unternehmen betreiben mehr als zehn produktive ERP-Systeme. In den kommenden fünf Jahren wollen sie die Anzahl auf zwei bis fünf senken.
Foto: fotolia.com/Slavomir Valigursky

In deutschen Unternehmen steht in den kommenden Jahren eine massive Konsolidierungswelle beim Enterprise Resource Planning (ERP) an. Das geht aus Studie der Berater von Detecon in Zusammenarbeit mit dem IT-Branchenverband Bitkom hervor, für die 30 CIOs Einblick in ihre ERP-Landschaften und -Vorhaben gewährten. Die Unübersichtlichkeit und Vielfalt der Lösungen erscheint beträchtlich – teilweise sind in einem Unternehmen mehr als 100 Systeme im Einsatz. Die Marschroute für die kommenden Jahre lautet folgerichtig laut Studie: „Aus vielem eines“.

Dieser grafische Überblick zeigt, wo die Firmen heute stehen und wo sie bald hin wollen.
Dieser grafische Überblick zeigt, wo die Firmen heute stehen und wo sie bald hin wollen.
Foto: Detecon International

Den Antrieb dafür macht ein Blick auf wenige Schlüsseldaten offensichtlich. Nur 23 Prozent der Befragten bezeichnen momentan die Datenqualität in ihren ERP-Systemen als gut. Lediglich 19 Prozent bezeichnen ihre Systemlandschaft als „einfach strukturiert mit komplexen Anteilen“, 43 Prozent hingegen als sehr komplex.

Mehr als 100 Systeme im Einsatz

Mehr als die Hälfe der Unternehmen betreiben mehr als 10 produktive ERP-Systeme. Jeweils 30 Prozent der Unternehmen haben zwischen 11 und 49 oder eins bis fünf Systeme im Einsatz, 13 Prozent sogar mehr als 100. „Diese Vielzahl an produktiven ERP-Systemen erzeugt ERP-Konsolidierungsdruck“, so Detecon.

Die hohe Anzahl an produktiven Systemen sei auch dadurch entstanden, dass ERP in der Vergangenheit bezogen auf Einzelunternehmen oder gar Standorte und Werke installiert wurde, erläutert Detecon. Ein weiterer Grund seien Fusionen und Übernahmen, bei denen die Integration noch nicht vollständig vollzogen wurde.

Der Standardisierungsgrad ist ausbaufähig.
Der Standardisierungsgrad ist ausbaufähig.
Foto: Detecon International

Heterogenität ist auch bei den ERP-Produkten Trumpf. Drei Viertel der Befragten setzen mehr als ein Software-Produkt ein, davon 26 Prozent sogar mehr als acht Stück. „Diese Vielfalt an verschiedenen ERP Software-Produkten erhöht die Kosten und Komplexität der IT-Landschaft und ist für die CIOs eine Herausforderung“, heißt es in der Studie. Die Reduzierung dieser Produktvielfalt sei das klare Ziel der IT-Chefs, von denen 36 Prozent eine Architektur mit nur einem System anstreben. Für 41 Prozent lautet die Zielvorgabe zwei bis fünf Systeme.

ERP-Konsolidierung in den nächsten 5 Jahren geplant

Die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen plant vor diesem Hintergrund in den nächsten fünf Jahren eine ERP-Konsolidierung. Dabei erwarten kleine und mittlere Unternehmen in der Regel eine Konsolidierungsdauer von zwei bis drei Jahren. Große, international agierende Unternehmen rechnen mit Laufzeiten von fünf bis sechs Jahren. „Der Druck zur ERP-Konsolidierung scheint insbesondere in den Unternehmen besonders hoch, die international ausgerichtete Geschäftsfelder mit vielen Legaleinheiten in den einzelnen Ländern haben“, heißt es in der Studie.

Über die Hälfte der Firmen, die vor oder mitten in einem Konsolidierungsprojekt stecken, planen dafür 15 Prozent ihres IT-Budgets oder mehr ein. Eine sehr hohe Bedeutung kommt laut Studie der Standardisierung und Harmonisierung von Prozessen zu. Diese seien auch der Schlüssel für Template-basierte ERP-Lösungen nahe am Standard.

Laut Studie bevorzugen die Anwender den sogenannten Brownfield-Ansatz: „Die favorisierte Vorgehensweise zur ERP-Konsolidierung ist die Entwicklung und Einführung eines globalen Templates mit teilweiser Neuentwicklung und Anpassung“, erklärt Detecon.

Globales Template für 80 Prozent der Standardprozesse

Die Mehrheit der Unternehmen erwarte bezüglich dieses Templates einen Abdeckungsgrad der standardisierten Prozesse in den lokalen Gesellschaften von mindestens 80 Prozent. „Innerhalb abgegrenzter Geschäftsfelder haben die Geschäftsprozesse in der Regel einen hohen Standardisierungsgrad“, so Detecon weiter. Über Geschäftsfelder hinweg sei er aber eher niedrig.

Zum Teil planten die Firmen die Einrichtung oder den Ausbau von Shared Service Centern, während sie dem Trend zum Cloud Computing beim ERP eher zurückhaltend gegenüber stünden. Schwerpunkte sollen bei der Konsolidierung in Bereichen mit direktem Einfluss auf den Geschäftserfolg wie Geschäftsprozesse, Anwendungen und Daten gesetzt werden.

Die Konsolidierungsziele

„Hier stehen insbesondere die Prozesse Materialwirtschaft und Logistik, Finanzen und Controlling sowie Produktion und Einkauf im Mittelpunkt“, heißt es in der Studie. „Die Konsolidierungspotenziale auf der Plattform- und Infrastrukturebene sind in der Regel bereits ausgeschöpft und daher weniger bedeutend.“

Als Konsolidierungsziele nennen jeweils 59 Prozent der Befragten durchgängige Prozessketten über die Unternehmenseinheiten hinweg sowie Standardisierung und Harmonisierung von Prozessen. 55 Prozent streben eine bessere Positionierung im internationalen und globalen Wettbewerb an, 50 Prozent wollen ihre Effizienz steigern und Kosten senken.

Jeweils mehr als die Hälfte der Befragten gibt als Herausforderung die Standardisierung und Harmonisierung auf globaler Ebene sowie die Sicherstellung einer einheitlichen und hohen Datenqualität an. Zwei Fünftel nennen die Anpassung der bestehenden Prozesse an ein neues ERP-System als Herausforderung, ein Drittel zerbricht sich den Kopf über die Migration der Stamm- und Bewegungsdaten.

Die Studie „ERP-Konsolidierung: Aus vielem eines“ ist bei Detecon International erhältlich.