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Kagermann und Rohleder kritisieren Bildungssystem

Vor "IT-Gipfel": Wirtschaft fordert Maßnahmen gegen Fachkräftemangel

10.12.2007
Unmittelbar vor dem zweiten nationalen "IT-Gipfel" der Bundesregierung hat die Wirtschaft Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel in der Informationstechnologie-Branche gefordert.

Der Branchenverband Bitkom hält den Zuzug von jährlich 10.000 Computerspezialisten aus Ländern außerhalb der Europäischen Union (EU) für nötig. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief am Wochenende vor allem junge Menschen auf, die beruflichen Chancen in der Informations- und Telekommunikationswirtschaft besser zu nutzen. Sie räumte ein, Deutschland habe manche Entwicklungen im IT-Bereich zu spät erkannt.

Fachleuten zufolge fehlen in Deutschland rund 45.000 IT-Spezialisten. BDI-Präsident Jürgen Thumann forderte, es müsse für ausländische Fachkräfte lukrativer werden, in Deutschland zu arbeiten. Der Fachkräftemangel werde für die Industrie zunehmend zur Wachstumsbremse.

Das Thema steht im Mittelpunkt des "IT-Gipfels" heute in Hannover. Bei dem Treffen mit rund 500 Teilnehmern will Merkel mit Top-Managern, Politikern und Wissenschaftlern über die Zukunft des IT-Standorts Deutschland diskutieren. Als Abschlussdokument soll eine "Hannoversche Erklärung" verabschiedet werden.

Nach einem Bericht des "Handelsblatts" wird die Erklärung, deren Entwurf der Zeitung vorlag, der Wirtschaft allerdings nicht die erhoffte Erleichterung bei der Anwerbung von Fachleuten im Ausland bringen. So fordere die Wirtschaft, die Gehaltsgrenze von 85.000 Euro jährlich für hochqualifizierte Zuwanderer zu halbieren. In der Erklärung verspreche die Bundesregierung jedoch nur vage ein "Konzept für eine arbeitsmarktadäquate Steuerung der Zuwanderung Hochqualifizierter".

Kanzlerin Merkel sagte in ihrer wöchentlichen Videobotschaft: "Wir wissen, dass heute schon etwa 750.000 Menschen in der Branche ihre Berufsperspektiven sehen, aber wir wollen durch gezielte Forschungsprojekte Deutschland noch weiter an die Spitze der internationalen Entwicklungen bringen." In einem Gastbeitrag für die "Financial Times Deutschland" schrieb Merkel, bei dem "IT- Gipfel" in Hannover gehe es darum, Boden gutzumachen und die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb zu stärken. Merkel kündigte einen weiteren "IT-Gipfel" im kommenden Jahr an. Das erste Treffen dieser Art war im Dezember 2006 in Potsdam.

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder ging im "Tagesspiegel am Sonntag" von einem jährlichen Bedarf von 10.000 IT-Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten aus. "Diese Einwanderer müssten dann aber auf jeden Fall eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung bekommen." Rohleder verlangte zudem eine bessere Hochschulausbildung, um mehr Personal rekrutieren zu können.

Der "Thüringer Allgemeinen" sagte Rohleder, die Bundesregierung solle die "Blue-Card"-Initiative der EU-Kommission zur Anwerbung hochqualifizierter Fachkräfte aktiv mitgestalten, statt sie grundsätzlich zu kritisieren. Bei dem "IT-Gipfel" solle ein Paket mit kurzfristig wirkenden Maßnahmen gegen den akuten Fachkräftemangel verabschiedet werden. Im Mittelpunkt stehe dabei das Programm "IT 50 Plus", mit dem ältere Arbeitnehmer qualifiziert werden sollen.

Zudem erwartet Rohleder ein "klares Wort" Merkels zum Bildungssystem. SAP-Chef Henning Kagermann sagte der "Welt am Sonntag": "Wenn die Politik und die Hochschulen früher damit begonnen hätten, mehr Informatiker auszubilden, dann hätte auch SAP heute mehr Mitarbeiter in Deutschland." (dpa/tc)