Vor dem Start ans Ende denken

17.03.2005
Von Martin Braun
Eine gute Vorbereitung ist für den erfolgreichen Wechsel des Outsourcing-Dienstleisters entscheidend. Eine maßgebliche Rolle spielt dabei der Vertrag.

Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Outsourcing-Verträgen scheitert vorzeitig. Aber auch sonst ist irgendwann das Vertragsende erreicht. Bei der Frage, wie es nun weitergehen soll, wird der Kunde häufig den Wunsch verspüren, den Anbieter zu wechseln oder die Leistungen wieder selbst zu erbringen (Insourcing). Aus Sicht des Kunden ist wichtig, auf diese Situation vorbereitet zu sein, da jede Unterbrechung oder Störung der Geschäftsabläufe vermieden werden muss, wenn ein neuer Dienstleister ausgelagerte Tätigkeiten übernimmt.

Mit den Vorbereitungen auf einen Anbieterwechsel kann man nicht früh genug beginnen. Grundlage für einen reibungslosen Provider-Tausch sind die Verhandlungen vor Beginn des Outsourcing-Projekts: Nie wieder sind die Aussichten so gut, die eigenen Vorstellungen einzubringen. Gegen Ende der Laufzeit des Vertrages ist die Beziehung möglicherweise ohnehin abgekühlt; spätestens in dem Moment, in dem klar ist, dass es zu einem Anbieterwechsel kommt, wird der aktuelle Dienstleister jeglichen zusätzlichen finanziellen Aufwand vermeiden wollen.

Um sicherzustellen, dass der Kunde auch in dieser Phase den benötigten Leistungsstandard erhält, muss das Vertragswerk daher ausreichend Vorsorge für die Endphase der Partnerschaft vorsehen. Nur so können Verzögerungen und zusätzliche Kosten vermieden werden. Bei ungenügender Vorbereitung merkt der Kunde unter Umständen erst jetzt, dass ein Anbieterwechsel nicht möglich ist.

Erforderlich ist zunächst, dass der Outsourcing-Vertrag nach Ende der eigentlichen Laufzeit eine geregelte Abwicklung vorsieht. Während dieser Zeit ist der Anbieter dazu verpflichtet, mit dem Kunden oder dem neuen Anbieter zusammenzuarbeiten. Neben der allgemeinen Verpflichtung zur störungsfreien Betriebsübergabe kann der Leistungsumfang auch detailliert aufgelistet werden. Beispielsweise kann der Dienstleister ausdrücklich zur Übergabe von Unterlagen und zur Mitarbeiterschulung angehalten werden. Leistungen, deren Notwendigkeit beim Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, sollten sich gegebenfalls nachträglich in die Liste aufnehmen lassen. Der Kunde sollte sich das Recht vorbehalten, die Phase, in der diese Unterstützungen erfolgen, einseitig zu verlängern. So kann er den Übergang sicherstellen.

Typischerweise wird das Anwenderunternehmen am Ende der Vertragslaufzeit keine eigenen Mitarbeiter mehr haben, die die zuvor ausgelagerte Leistungen erbringen können. Daher sind Vereinbarungen wichtig, die es erlauben, die erforderlichen Betriebsmitarbeiter des Anbieters zu übernehmen. Bei der Gestaltung entsprechender Klauseln sollten die neuen Partner die Fragen des Betriebsübergangs gemäß Paragraf 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Auge behalten. Unter Umständen kann der neue Anbieter in die Situation geraten, ungewollt Mitarbeiter übernehmen zu müssen. Auch dies sollte bereits im Vertrag mit dem Altanbieter berücksichtigt und die entsprechenden finanziellen Risiken angemessen verteilt werden. Aus Kundensicht sollte der Vertrag verhindern, dass der Anbieter in Erwartung des Vertragsendes die Zahl der für den Kunden tätigen Mitarbeiter vorzeitig reduziert.

Üblicherweise gehen zu Beginn des Vertrages auch Hard- und Software an den Dienstleister über. Um zu vermeiden, dass der Kunde am Ende der Vertragslaufzeit ohne betriebsbereite IT-Installation dasteht, sind auch hier rechtzeitige Regelungen absolute Pflicht. Sie sollten sich nicht nur auf die Übernahme von Hard- und Software erstrecken, sondern auch Methoden enthalten, wie die Partner den Kaufpreis bestimmen. Die Berechnung auf Basis des Verkehrswerts oder Buchwerts kann hier zu beträchtlichen Kostenunterschieden führen.

Ein besonderes Augenmerk gilt beim Anbieterwechsel den Softwarelizenzen. Soweit sich Applikationen ohne weiteres über den Markt beschaffen lassen, sind die Risiken geringer. Schwierig wird es im Fall von Software, für die der Outsourcing-Anbieter auch der alleinige Lizenzgeber ist. Nämliche Regeln sollten übrigens auch für Wartungs- und Pflegeverträge gelten, deren Übernahme häufig für den künftigen IT-Betrieb wichtig ist. Eine nicht minder wichtige Vereinbarung sollte sich auf die während der Laufzeit entstandenen Urheberrechte und gewerblichen Schutzrechte erstrecken. Kann der Kunde mangels eigener Rechte dem neuen Anbieter nicht den aktuellen Stand der Entwicklungen zur Verfügung stellen, so dass der sich das erforderlich Wissen erst selbst aneignen muss, drohen erhebliche Mehrkosten.

Allgemein empfiehlt es sich, im Outsourcing-Vertrag regelmäßige Berichts- und Dokumentationspflichten aufzulisten. Damit können die Partner die Vertragserfüllung dokumentieren und die Grundlage für die Übernahme der Pflichten durch einen Dritten schaffen. Üblicherweise holen sich Anwender in großen Outsourcing-Projekten mehrere Angebote ein. Eine entsprechende Mitwirkungspflicht des aktuellen Anbieters gehört daher ebenfalls in jeden Outsourcing-Vertrag.

Klärungsbedürftig ist, ob die benötigten Unterstützungsleistungen gesondert zu vergüten sind. Auch für die Einigung über diese Frage gibt es keinen besseren Zeitpunkt als vor der Unterzeichnung des Vertrages, da so beide Seiten unliebsame Überraschungen vermeiden können. Ob man sich als Kunde darauf einlässt, die Hilfe des Anbieters wert- oder stundenmäßig zu beschränken oder gar davon abhängig zu machen, welche Seite die Beendigung des Vertrages durch ihr Verhalten zu verantworten hat, ist in jedem Einzelfall zu entscheiden. Empfehlenswert aus Kundensicht sind in jedem Fall klare Regelungen zur Vergütung der Unterstützungsleistungen, der Ausschluss von jeglichen Leistungsverweigerungsrechten, solange der Kunde die geschuldete Vergütung entrichtet, und eine Regelung zur Streitbeilegung, die eine schnelle Klärung von Meinungsverschiedenheiten ermöglicht, ohne dass der Anbieter während dieser Klärung seine Leistungen einstellen dürfte. (jha)