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Von Sternen und Schnuppen

13.02.2003
Von Paulus Neef
Wer hat Einfluss im deutschen IT-Markt? Als sich die Redaktion der COMPUTERWOCHE zur Beratung dieser schwierigen Frage in Klausur begab, galt es zunächst Grundsätzliches zu klären. Zählt Bill Gates dazu?

Nein, beschlossen wir mit schlechtem Gewissen, wir wollen deutsche Entrepreneure. Und schon begannen die Probleme. Es mag mit der miesen Konjunktur zusammenhängen oder mit besonders herbstlich gestimmten Aufsichtsräten: In Deutschlands IT-Unternehmen rollten in den vergangenen Monaten die Köpfe - leider auch solche, die eigentlich bei uns hätten abgebildet werden sollen. Ziemlich viele „private Gründe“ kamen da zusammen, ziemlich viel Bedauern und gegenseitiges Einvernehmen. Immerhin hielten sich alle an die goldene Regel: Wer zurücktritt, tritt nicht nach - vom journalistischen Standpunkt her schade.

Microsoft stramm auf Linux-Kurs 

Kurt Sibold, Geschäftsführer von Microsoft, brachte sich mit seinem überstürzten Abschied aus der Unterschleißheimer Zentrale um ein schönes Porträt. Bedauerlich. Gern hätten wir seinen unerbittlichen Kampf gegen die Umstürzler aus dem Open-Source-Lager noch einmal nachgezeichnet.

Allerdings stellen wir auch fest: Bei Microsoft kann es jetzt nur spannender werden. Der neue Chef heißt Jürgen Gallmann, zuvor Vice President von IBMs Software Group. Noch zur Linuxworld war Gallmann mit einem Vortrag angekündigt worden, dessen Titel lautete: „Linux - die Business-Entscheidung für die Zukunft.“ Den Redetext sollte er nicht wegwerfen, als Microsoft-Geschäftsführer kann Gallmann ihn bestimmt noch verwenden. Der Ex-IBMer kennt sicher schon die Word-Befehle „Suche“ (Linux) und „Ersetze“ (Windows). Wenn nicht, wird ihm seine Vorzimmerdame assistieren.

Ein wenig traurig stimmt uns der Abgang von Heribert Schmitz, der die HP-Geschäftsführung an Aufsichtsratssprecher und Vorvorgänger Jörg Menno Harms zurückgab. Es scheint, als habe Schmitz, eigentlich eine rheinische Frohnatur, die schwierigen Fusionsgespräche mit dem Compaq-Betriebsrat nicht heil überstanden. Kein Wunder: Diese Mitarbeitervertretung ist starker Tobak. Sie hat beim ehemaligen Digital-Betriebsrat gelernt. Und der hat seine Kampfeslust bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt - seinerzeit, als Compaq sich an Digital Equipment verschluckte.

Handtuchwurf zu Böblingen 

Unsere Planung brachte der Schmitzsche Handtuchwurf glückli-cherweise nicht durcheinander. Wir hätten seine Leistungen gerne gewürdigt, doch wir hatten stets auch Harms auf dem Schirm. Dieser Mann rührt in zu vielen Verbands- und Gremientöpfen, als dass man ihn - HP-Geschäftsführer hin, HP-Aufsichtsrat her - einfach übergehen könnte.

Mittlere Depressionen löste indes redaktionsintern die Nachricht vom bevorstehenden Abschied des Software-AG-Geschäftsführers Erwin Königs aus. Er hatte das Darmstädter Unternehmen saniert und ihm ganz nebenbei eine Vision verpasst. Die Software AG ist jetzt eine „XML-Company“, auch wenn das Geld immer noch mit den Uraltprodukten Adabas und Natural verdient werden muss. Königs trifft daran keine Schuld. Er kann nichts dafür, dass die E-Business-Mühlen in Deutschland so langsam mahlen, und bekommt trotzdem sein Porträt.