Kolumne

"Von nichts kommt nichts"

30.04.2004
Alexander Freimark Redakteur CW

Die aktuelle Berichtssaison in den USA hat kaum böse Überraschungen ans Licht gebracht - vielen IT-Unternehmen geht es wieder besser, massive Verluste sind kein strukturelles Phänomen der Branche mehr. Zwar ist die Vitalität der ausgehenden 90er Jahre noch nicht erreicht, und die Prognosen für den Jahresverlauf fielen gegenüber Analysten häufig zurückhaltend aus. Allerdings zeichnet sich deutlich ab, dass die IT-Krise überwunden ist.

Dennoch wäre es ein Fehler, aus den guten Zahlen der US-amerikanischen Unternehmen auch in Deutschland auf eine generelle Erholung der Hightech-Industrie zu schließen. Heimische Firmen mögen im Einzelfall ihre Ergebnisse verbessern, doch sie laufen Gefahr, dass sie nur die regionalen Lücken füllen können, die sich in den vergangenen Jahren zwischen den globalen Konzernen gebildet haben. In der obersten Liga kann Deutschland streng genommen mit nur einem Anbieter, der SAP, auftrumpfen, lässt man Ausgründungen wie Fujitsu-Siemens, T-Systems oder Siemens Business Services einmal außer Acht. Der internationale IT-Mittelstand ist schwach besetzt, das Hauptfeld der Lieferanten hat sich notgedrungen in der Nische eingerichtet.

Nun sind die Startvoraussetzungen in den USA ungleich besser als hierzulande - der riesige Heimatmarkt, die einheitliche Sprache, mit Großbritannien ein erster Brückenkopf für die Internationalisierung, Geldquellen für die Expansion sowie der Mut zum Risiko. Auch und vor allem in den beiden letzten Punkten hat Deutschland Defizite, die nur schwer kompensiert werden können. Dabei wirkt sich der Untergang des Neuen Markts gravierender aus, als zunächst befürchtet worden war. Das verlorene Geld der Privatanleger ist eine Seite der Medaille, wenn auch keine besonders schöne; das verlorene Vertrauen in neue Unternehmen, Manager, Produkte und Dienstleistungen hingegen wiegt langfristig wesentlich schwerer.

Wer lediglich mittels seiner operativen Kraft wachsen muss, droht den Anschluss im internationalen Konkurrenzkampf zu verlieren. Ohne das Kapital eines Börsengangs oder aus dem Engagement privater Investoren sind nur kleine strategische Schritte möglich, während das finanzstarke Feld der US-amerikanischen Wettbewerber ungleich schneller auf neue Chancen reagieren kann. In Osteuropa und Asien entstehen viel versprechende Märkte - wer sich nicht rechtzeitig in Stellung bringt und die Chancen auch ergreift, muss sich mit dem begnügen, was übrig bleibt. Wachstumsbörsen für kleinere und mittlere Unternehmen sind kein Selbstzweck für das Management. Sie liefern die Kohlen, um das Feuer unter dem Kessel der Branche anzuheizen. Sind weder Geld noch Mut vorhanden, glimmt es wie zuletzt nur schwach.