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Von Grünen und anderen Geistern

14.02.2008
Von Handelsblatt 
Obwohl selbst nicht offiziell vertreten, bestimmen die Riesen Google und Apple die Messestimmung auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Da die Urgesteine der Branche keine echten Innovationen zu bieten haben, setzen sie vor allem auf ein Thema: den Klimawandel.

BARCELONA. Manche Unternehmen haben eine solche Berühmtheit erreicht, dass sie zum Tagesthema werden, obwohl sie gar nichts gemacht haben. Google ist so ein Fall. Die Mobilfunkbranche starrt gebannt auf den Web-Giganten, weil sie fürchtet, dass der sich im mobilen Internet genauso breit macht wie im herkömmlichen.

Wer auf der weltgrößten Mobilfunkmesse MWC in Barcelona durch die Hallen geht, kann solche Sorgen nicht verstehen: Google hat auf dem größten Branchentreffen der Welt noch nicht einmal einen Stand. Die Firma aus dem amerikanischen Mountain View betreibt ihre Arbeit vielmehr aus dem Untergrund, sitzt äußerst bescheiden auf dreimal elf Quadratmetern in den Katakomben der Messe. "Wir brauchen keinen Stand, wir führen hier nur Gespräche mit möglichen Partnern", heißt es aus einem der Zimmerchen mit den weißen Ledersesseln und bunten Bällchen in Glaszylindern.

Ein weiterer Messegeist ist Apple. Die US-Firma, die vor wenigen Monaten mit ihrem iPhone die Branche in Aufregung und viele Handy-Nutzer in Begeisterung versetzt hat, bleibt dem alten Motto treu: "Think different!" Warum alles selber machen, wenn es andere besorgen?

Der Konzern aus Cupertino ist in Barcelona nicht anwesend - und doch allgegenwärtig: Die Mobilfunker, die den Zuschlag für den exklusiven Vertrieb erhalten haben, stellen das als Revolution gefeierte Gerät prominent auf ihren Ständen aus. Und die anderen, die leer ausgingen, preisen iPhone-Kopien an. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm - überall auf der Messe finden sich in diesem Jahr Handys mit Touchscreen, wie sie Apple erstmals beim iPhone eingeführt hat, und manch ein Anwalt für Gebrauchsmusterschutz dürfte sich schon jetzt die Hände reiben.

Die Urgesteine der Branche, die in Barcelona anwesend sind, versuchen, neue Themen zu setzen. Und da die techniklastige Branche in diesem Jahr keine wirklichen Innovationen zu bieten hat, hängt sie sich an einen allgemeinen Trend: den Klimawandel. Ausrüster, Handy-Hersteller und Netzbetreiber verkünden unisono, dass die ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und Müll sowie Schadstoffausstoß verringern wollen.

China Mobile rechnet vor, dass das Unternehmen allein durch umweltfreundlichere Verpackungen 670 Hektar Wald vor dem Abholzen bewahrt. Nokia hat einen ersten Handy-Prototypen aus recycelten Dosen vorgestellt und das Öko-Handy Evolve, das schon in wenigen Wochen auf den Markt kommt. Statt Erdöl werden Pflanzen zur Herstellung des Plastik-Gehäuses verwendet. Motorola bietet Mobilfunknetze, die mit Brennstoff- oder Solarzellen und Windrädern betrieben werden.

Ob die Firmen das neuentdeckte Umweltbewusstsein ernst meinen, ist fraglich angesichts der enormen Müllberge, die die Unternehmen mit ihrem aufwendigen, aber oft verzichtbaren Infomaterial produzieren - der wahre Grund dürfte schlicht der Kostendruck sein.

Die Internet-Stars Apple und Google mögen mehr oder weniger durch Abwesenheit glänzen; präsent gibt sich Hollywood: Robert Redford und Isabella Rosellini, rühmt der Veranstalter, haben sich nach Barcelona aufgemacht, um Filme fürs Handy zu bewerben. Und nach getaner Arbeit, so munkelt man, seien sie beim Schlürfen eines ökologischen Kaffees im "Green Cafe" von Ericsson gesichtet worden.