Von einer Olympiasiegerin lernen

25.11.2004
Um Weiterbildung als Teil des "Performance Improvement" ging es auf dem Bonner Kongress.

Ein Weiterbildungskonzept, das Mitarbeiter zur Schulung schickt wie ein Auto in die Reparaturwerkstatt zur Generalüberholung - dieser Ansatz funktioniert nicht. Mitarbeiterentwicklung, Leistungssteigerung und Motivation hängen immer auch vom Unternehmensumfeld ab, in dem Angestellte arbeiten. Wenn deshalb das Weiterbildungsnetzwerk Synergie das "Performance Improvement" zum Thema seines zweitägigen Bonner Kongresses wählte, dann ging es um mehr als um Leistungssteigerung oder Weiterbildung. In den zahlreichen Vorträgen und Diskussionsrunden wurde aber auch klar, dass Lösungen nicht einfach zu finden sind.

"Geschwindigkeit und dramatische Veränderungen", fordern nach Ansicht von Rolf Praml, Leiter der Telekom Business Akademie der Deutschen Telekom AG, Manager und Mitarbeiter gleichermaßen heraus. Unter dieser Prämisse spielt die unternehmerische Strategie und Auswahl der Mitarbeiter eine wichtige Rolle. Die Personalentwickler ständen vor der Frage: Suchen sie den Experten, der genau das Anforderungsprofil für eine bestimmte Position erfüllt, oder engagieren sie einen flexiblen Mitarbeiter, der sich schnell in neue Themenkomplexe einarbeitet und mit Unwägbarkeiten klarkommt?

Telekom kontra Tchibo

Auch Führungskräfte sieht Praml mit komplexeren Aufgaben konfrontiert: Sie müssten mit Widersprüchen umgehen können, wie sie beispielsweise entstehen, wenn Abteilungen innerhalb eines Konzerns zwar Synergien nutzen sollen, gleichzeitig aber die einzelnen Einheiten nach Autonomie streben. Noch komplizierter wird es, wenn Teams nur virtuell zusammenarbeiten, aber ebenfalls eine Unternehmenskultur entwickeln sollen.

Die Märkte ändern sich per-manent: "Ein Unternehmen wie die Telekom muss sich ständig neu erfinden. Wer hätte gedacht, dass wir jemals mit dem Kaffeeröster Tchibo konkurrieren?" Lernen sieht Praml deshalb als zentrales Element der Performance-Verbesserung. Allerdings übernähmen die Mitarbeiter selbst mehr Verantwortung, denn es werde nicht mehr auf Vorrat geschult, sondern das für die Arbeit notwendige Wissen vermittelt.

Chefs unzufrieden mit Seminaren

Deutsche Unternehmen geben jährlich zirka 18 Milliarden Euro für Weiterbildung aus. Doch wie eine Befragung von McKinsey ergab, sind die Verantwortlichen in den Firmen mit den Ergebnissen nicht immer zufrieden. Auch Jörg Staff, Direktor Personalentwicklung der Deutschen Post AG, sieht noch Steigerungspotenzial. "Alle Weiterbildungskurse sollten sich in einem Pflichtenheft wiederfinden", empfiehlt er: "Leistungen müssen mit konkreten Zielen verbunden werden. Außerdem müssten Mitarbeiter auch aus eigenem Antrieb etwas für ihre Weiterbildung tun, so der Personaler. Praml ergänzt, dass hierbei die Personalentwicklung Hilfestellung geben müsse und in Zukunft eine aktivere Rolle spielen werde. "Die ständige Veränderung am Markt und in den Unternehmen verlangt den Mitarbeitern mehr ab; dieser Wandel muss den Leuten auch vermittelt werden. Sie müssen wissen, worum es geht." Das fördere die Motivation und Arbeitsqualität.

Wissen um das eigene Unternehmen und den Markt sehen deshalb viele Firmen als Wettbewerbsvorteil. "Wir haben 700 Dienstleistungen und Lösungen, die verkauft werden müssen. Das Geschäft wandelt sich in einem fort", schildert auch Günter Schulteis, Head of Direct Sales und Marketing Services von Bayer Business Services. Steffen Roehn, Head of IT von T-Mobile Deutschland, sieht in diesem Umfeld die IT als Kernkompetenz an, räumt aber ein, dass nicht alles im eigenen Unternehmen von den eigenen Mitarbeitern erledigt werden müsse. Dirk Berensmann, CIO der Deutschen Postbank AG, ergänzt: "Exklusives IT-Know-how verschwindet immer mehr. Fast alle IT-Leistungen können am Markt eingekauft werden." Für Berensmann geht die Entwicklung weg vom Expertentum der IT-Mitarbeiter hin zu einer übergreifenden Position im Unternehmen. Auch er steht immer wieder vor der Frage, ob er einen sofort genau zur Position passenden oder einen flexiblen Mitarbeiter engagieren soll. Hilfe verspricht er sich von einer Skill-Datenbank, in der neben den aktuellen Anforderungen auch erfasst wird, welche Qualifikationen das Unternehmen in Zukunft benötigt.

Peter Schneeberger von der Rheinland Versicherungs AG sieht die IT in dem mittelständischen Unternehmen im Übergang vom internen Dienstleister hin zum aktiven Gestalter. "Wir suchen Mitarbeiter, die nicht nur programmieren, sondern unser Geschäft verstehen. Deshalb vermitteln wir ihnen zusätzlich Business- und Versicherungswissen", erklärt der IT-Mann. Wenn man eigene Mitarbeiter aufbaue, sei das auch gut für die Stimmung.

Gerade in turbulenten Zeiten setzen die IT-Chefs nicht allein auf die Auslagerung von IT-Aufgaben. IT-Chef Roehn ging sogar den umgekehrten Weg: "Wir haben 250 wichtige externe Mitarbeiter identifiziert und vor die Wahl gestellt, bei uns einzusteigen oder ihren Vertrag zu lösen", schildert der IT-Mann von T-Mobile. Denn die externen Mitarbeiter seien das Unternehmen teurer gekommen als Angestellte. Freilich müsse man die eigenen Angestellten konsequent fördern und fordern, fügt Roehn hinzu. Auch für die IT-Projektvergabe sollte genau gerechnet werden, ob ein externer Dienstleister wirklich günstiger ist als die eigene Mannschaft, empfiehlt Berensmann.

Gutes Umfeld schaffen

Die zahlreichen Ansätze zum Performance Improvement zeigten, dass nicht wenige Unternehmen und Mitarbeiter umdenken beziehungsweise Aufbauarbeit leisten müssen. Zum Abschluss des zweitägigen Kongresses präsentierte die Olympiasiegerin Kerstin El-Qalqili, die 2000 in Sydney und 2004 in Athen jeweils eine Goldmedaille im Rudern gewann, neben ihrer Medaille im Gespräch mit Götz Klingenberg von Synergie ihr Erfolgsrezept. Neben hartem Training und einer großen Portion Ehrgeiz brauche es für Höchstleistungen Spaß am Tun und ein Umfeld, das gute Voraussetzungen für die persönliche Entfaltung bietet.