Was ein Dienstleister können muss

Von der System- zur Businessintegration

12.10.2001
Anwender erwarten von modernen Informationssystemen einen möglichst intuitiven Zugang zu komplexen Informationen in einem für sie sinnvollen Kontext. Es genügt daher nicht mehr, dass Systemintegratoren sich mit der Extraktion, Zusammenfassung, Transformation und Präsentation von Daten beschäftigen. Von Lars Lippert*

In der Vergangenheit beschränkte sich die Applikationsintegration im Wesentlichen auf Mechanismen, die den Austausch von Daten ermöglichten. Diese meist in Punkt-zu-Punkt-Manier realisierten Lösungen halten Bedürfnissen der Internet-Technologie nach flexiblen Mechanismen nicht stand. Parallel zu den gewachsenen technologischen Anforderungen ist die Komplexität der angestrebten Gesamtlösung bei Systemintegrationsproblemen in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen.

Erfolgreiche E-Business-Projekte zeigen, dass die Vision eines Unternehmen nicht unter technischen Aspekten, sondern aus geschäftlicher Sicht formuliert werden sollte. Generell lassen sich sechs Aspekte identifizieren, die getrennt voneinander zu evaluieren, planen und optimieren sind (siehe Grafik "Wertschöpfungskette bei E-Business-Projekten"). Im Verlauf der dargestellten Wertschöpfungskette sollte der Stellenwert der Technik immer weiter zunehmen, während geschäftsbezogene Aspekte immer weiter vernachlässigt werden können.

Die neue Herausforderung für Systemintegratoren ist es, in sämtlichen sechs Teilbereichen Kompetenz aufweisen zu können. Das gilt insbesondere bei der Implementierung von B-to-B-Marktplätzen, die in der Regel von Systemintegratoren vorgenommen wird. In diesen Projekten stehen die Anforderungen der Nutzer nach Schnelligkeit, Hochverfügbarkeit, Konsistenz und Sicherheit der Daten der Inhomogenität der involvierten Daten, Applikationen und Business-Prozessen gegenüber.

Dabei tritt das Problem zutage, dass zwar die Warenwirschafts- und E-Procurement-Systeme der Lieferanten und Kunden in den Marktplatz angebunden werden müssen, das Gesamtsystem in der Folge vom Marktplatzbetreibern allerdings nicht mehr zu kontrollieren ist. Das Problem lässt sich nur durch konsequente Einführung von Standards lösen.

Zunehmend werden gerade in E-Procurement- und Marktplatzprojekten Werkzeuge zur dynamischen Verwaltung von Workflow und Prozessen eingesetzt. So überspannen die sequenziell oder parallel abzuarbeitenden Prozessketten beispielsweise bei einem Beschaffungsvorgang die Abteilungen Einkauf, Finanzen, Logistik, Versicherung und Clearing. Die Kenntnisse dieser Abläufe und ihrer Abhängigkeiten sind kritische Erfolgsfaktoren in derzeitigen B-to-B-Projekten. Ein möglicher Standard für die Beschreibung von Prozessen könnte die Erweiterung der Unified Modeling Language (UML) darstellen.

Die Komplexität dieser Abläufe und die Anzahl der involvierten Systeme steigt besonders im Bereich von Marktplätzen für A- und B-Güter an, da hier eine umfassende Integration in die SCM-Systeme der angeschlossenen Firmen vorgenommen werden muss. Besonderes heikel wird es, wenn die Warenwirtschaftssysteme der auf dem Marktplatz vertretenen Firmen eine unterschiedliche Durchdringung aufweisen, wie es etwa in der Textilindustrie der Fall ist. Bei solchen Problemfällen beziehen große Unternehmen Waren und Dienstleistungen von kleinen und mittelständischen Lieferanten, die dem Marktplatz nur unvollständige Informationen zur Verfügung stellen.

Hier sind die Großen gefordert. Sie sollten den kleinen Unternehmen Applikationen zur Verfügung stellen, die die fehlenden Teilaspekte der Warenwirtschaftssysteme abdecken. Damit wird auch klar, dass die Definition einer klaren Geschäftsstrategie und -vision Grundvoraussetzung für den Erfolg des Marktplatzes ist. Die Kompetenz des Systemintegrators ist daher bereits bei der Definition der Vision und Strategie gefragt.

*Dr. Lars Lippert ist Unit-Manager der E-Solutions Group, einem Bereich von Compaq Global Services in München.

Abb: Wertschöpfungskette bei E-Business-Projekten

Im Verlauf eines E-Business-Projekts sollten die strategischen Aspekte immer weiter in den Hintergrund rücken. Dagegen muss die Bedeutung der Technik stetig zunehmen. System-Integratoren benötigen über die gesamte Wertschöpfungskette entsprechende Kompetenz. Quelle: Lippert