Von der Industrie in die Beratung

09.11.2004
Der Elektroingenieur Nikolaus Guido zieht eine Zwischenbilanz.

CW: Warum haben Sie sich nach Jahren in der Industrie für McKinsey entschieden?

GUIDO: Ich wollte meine beruflichen Erfahrungen möglichst rasch erweitern, andere Industrien und deren Arbeitsweisen kennen lernen, aber auch verstehen, mit welcher Perspektive das Top-Management ein Unternehmen steuert. Zudem entwickelte sich bei mir im Lauf der Zeit eine gewisse Routine, und so wurde der Drang nach Veränderung größer. Als Berater zu arbeiten erschien mir als ideale Lösung.

CW: Wie sieht ihre Zwischenbilanz nach zwei Jahren aus?

GUIDO: Rückblickend haben sich meine Erwartungen erfüllt. Ich war innerhalb kurzer Zeit an Projekten bei Banken und Versicherungen, in der Telekommunikationsbranche, im Maschinenbau und in der Automobilindustrie beteiligt. Dabei ging es um ein breites Spektrum an Themen, von Strategie und deren Umsetzung über Leistungssteigerung bis hin zu Kostensenkung.

CW: Sie haben bereits Karriere in einem Elektronikkonzern gemacht. Wie verlief Ihr Einstieg in die Beraterwelt?

GUIDO: Eine sehr große Umstellung war für mich der Wechsel von der Linienarbeit mit Weisungsbefugnis zu einem projektorientierten Vorgehen, wo Fakten und Buy-in sowie die Arbeit im Team entscheidend sind. Das prägt auch die Zusammenarbeit und die Kultur im BTO. Eine starke Eigenverantwortung mit hohen gegenseitigen Erwartungen fordert ein Maximum an das Finden von Lösungen und an deren Qualität. In fachlichen Belangen kommen unsere Teams daher ohne Hierachien aus. Auch die Dauer der Firmenzugehörigkeit hat keinen Einfluss. Den Spruch "Das haben wir schon immer so gemacht" gibt es nicht - entscheidend ist das bessere Argument.

CW: Wie veränderte sich Ihre Arbeitsweise?

GUIDO: Als Berater nehmen wir die Perspektive des Top-Managements ein. Probleme werden hypothesengetrieben und faktenbasiert gelöst. Das Ziel ist eine objektive Lösung. Die meisten Projekte umfassen mehrere Hierarchieebenen und Unternehmensbereiche. Intensive Interaktion mit den Mitarbeitern des Klienten und dem Team gehören zum täglichen Geschäft. Spannend finde ich, dass ich über interne Research-Gruppen oder über weltweit verstreute Berater auf ein großes Wissen zurückgreifen kann.

CW: Mit welchen handwerklichen Schwierigkeiten mussten Sie sich bei ihrem Einstieg auseinander setzen?

GUIDO: Ich musste erst lernen, wie ich mein Wissen, meine Erfahrungen und Konzepte in Schaubilder fasse. Diese Fertigkeit lässt sich aus meiner Sicht nur durch ständiges Üben mit entsprechendem Feedback erlernen. In den ersten zwei bis drei Monaten fühlt man sich oft wie ein Auto mit drei Rädern in der Luft.

CW: Wie hat Ihr Arbeitgeber Sie unterstützt?

GUIDO: Ich hatte zahlreiche intensive Vorgespräche mit Beratern unterschiedlichster Erfahrungsstufen. Danach wusste ich, welche Arbeit und welche Rahmenbedingungen mich erwarten. Außerdem hatte ich eine klare Vorstellung von der Unternehmenskultur. Der erste Arbeitstag war dann ein Sprung in fast warmes Wasser.

CW: Wie sieht das Mentoring für berufserfahrene Einsteiger aus?

GUIDO: Jeder bekommt einen erfahrenen Partner aus dem BTO zur Seite. Mit ihm bespricht man seine persönlichen Ziele. Zu Beginn war mein Mentor maßgeblich an der Auswahl der richtigen Projekte für mich beteiligt. Während der ersten Wochen haben wir gezielt an den Dingen gearbeitet, die für alle Einsteiger wichtig sind, etwa die relevanten Frameworks und Tools zu verwenden oder ein Netzwerk innerhalb der Firma aufzubauen. Der Großteil der Integration findet in der täglichen Arbeit im Team statt.

CW: Was sind die persönlichen Herausforderungen in Ihrer Tätigkeit?

GUIDO: Es ist nicht immer einfach, die richtige Work-Life-Balance zu finden. Eine klare Priorisierung und effizientes Arbeiten sind eine Grundvoraussetzung, um genügend Zeit für die Familie zu haben.