Anwenderbericht Teppichweberei Willi Paulig KG, Kitzingen:

Vom Ormig-Umdruck zum DV-gestützten den Infomationssystem

11.08.1978

KITZINGEN - Um den Fertigungsablauf zu rationalisieren, holte sich die Teppichweberei Willi Paulig KG, Kitzingen, einen Spezialisten aus der Groß-EDV: Familienmitglied Ingo Paulig, seit 1969 bei einem namhaften Computerhersteller beschäftigt und bestens vertraut mit Software- und Organisations-Unterstützung sowie Hardware-Produktplanung, sollte als dritter Geschäftsführer das Familienunternehmen "weg vom Ormig-Umdruckverfahren und hin zum Computer als Informations- und Kommunikationssystem für die einzelnen Betriebsbereiche" führen. Teilbereiche der Fertigungsorganisation laufen heute bereits auf einem im Februar 78 installierten MCSI-Mini mit 64 K und einer 10 Megabyte-Platte.

Pauligs Ziel war, den Organisationsablauf beizubehalten, bei dem während der gesamten kundenbezogenen Auftragsfertigung der Zusammenhang zwischen dem Kunden und dem Produkt nicht verlorengeht. Um dieses Vorhaben zu realisieren, ließ sich Paulig von mehreren Herstellern Angebote unterbreiten. Die ihm für seine Anwendung am geeignetsten erscheinenden Minicomputer jedoch waren "ohne Software" - und "nackte Hardware" wollte er nicht kaufen.

Bei der weiteren Suche fand er auf der Systems 77 die Firma MCSI, die einen Mini anbot, der "preislich ziemlich unter dem lag, was man mir bis dahin angeboten hatte". Ausschlaggebend für die Auftragsvergabe an MCSI war jedoch nicht der Preis, sondern das Betriebssystem, das den Groß-EDV-Profi "zum Spielen reizte".

Paulig: "Obwohl ich die Branche seit 1969 -kenne, habe ich erst in den letzten Jahren ein Großrechner-Betriebssystem kennengelernt, das in etwa dem entsprach, was die heutige Minicomputer-Generation zu bieten hat."

"Auf keinen Fall wieder Lochkarten"

Über den Hardware-Anbieter bekam Paulig dann Kontakt zu dem Beratungsunternehmen SBS in Nürnberg, das ihm auch bei der Lösung seiner Anwendersoftware-Probleme helfen wollte: Aufbauend auf seinem EDV-Know-how, wollte Paulig "auf keinen Fall wieder mit Lochkarten oder anderen Eingabebelegen arbeiten." Für ihn kam ausschließlich die Bildschirm-Direkteingabe in Frage. Anwendungssoftware für, Real-Time-Verarbeitung in Cobol zu schreiben war ihm ohnehin nicht sympatisch: "Damit hätte ich gut die doppelte bis dreifache Plattenkapazität benötigt, abgesehen von der aufwendigen Stammdatenerfassung." Die Programme werden jetzt in einem erweiterten Basic von MCSI programmiert, "weil die Sprache ausgesprochen dialogorientiert ist und damit enorm benutzerfreundlich" (Paulig).

Erfassungsaufwand unterschätzt

Problematisch war die Stammdatenerfassung aber dann doch. Das lag jedoch weder am Software-Haus noch an der Programmiersprache. Paulig hatte den Aufwand hierfür einfach unterschätzt: "Wir benötigten das Dreifache der geplanten Zeit, um die bis dahin sehr informelle Organisation - angefangen beim Ordner über Schmierzettel bis hin zu den ausschließlich im Kopf der Mitarbeiter gespeicherten Kundeninformationen zu erfassen". Um diese Arbeit, bei gleichzeitigem normalen Betriebsablauf, überhaupt bewältigen zu können, mußte Paulig zwei zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Heute läuft die Auftragsabwicklung: Der Mini liefert alle erforderlichen Papiere, die an die Kunden gehen - wie Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Lieferscheine. Lediglich die Versandpapiere werden vorerst noch mit dem Adrema-Verfahren geschrieben.

Die zweite Phase - Fertigungssteuerung - wird derzeit in Angriff genommen (Paulig: "Der Begriff klingt für unsere Belange etwas hochtrabend"): Hierbei sollen - je nach Eingabe über Bildschirm vom Arbeitsplatz jedes Mitarbeiters aus - Fertigungs- und Warenbegleitpapiere ausgestellt sowie gleichzeitig die eingehenden Aufträge auf verschiedene Arbeitsplätze verplant werden.

Paulig will dadurch eine Kapazitätsübersichtsrechnung anfertigen, "damit man mit den Lieferterminen nicht mehr so ganz im dunkeln tappt". Parallel dazu wird der Fertigungsfortschritt erfaßt.

"Dann hat die Sucherei ein Ende"

Auch die Lagerhaltung soll künftig transparenter werden. Künftig soll durch eine Art "chaotische Lagerhaltung" der Platz im Lager, an dem der Teppich bis zur Auslieferung deponiert wird, mit erfaßt und auf den Versandpapieren automatisch ausgedruckt werden: "Dann hat die ewige Sucherei auch ein , Ende."

Zum Abschluß der Realisierungsphase will Paulig auch die zum Unternehmen gehörende Spinnerei "automatisieren". Geplant ist, die Produktstruktur-Speicherung, die Materialwirtschaft und den Einkauf über den Mini laufen zu lassen. Paulig: "Der Appetit kommt tatsächlich beim Essen." Seine Mitarbeiter hätten sich sehr schnell an das neue Organisationsinstrument - bei gleichbleibender Organisation - gewöhnt. Paulig stolz: "Es fällt heute leicht, bestimmte Auswertungen, die früher nur aufwendig anzufertigen waren, auf Knopfdruck auszudrucken."