"Vom Networking verstehen wir mehr als alle anderen" Novell-CEO Robert Frankenberg zum neuen (alten) Kurs des Unternehmens

23.09.1994

Die Reaktionen waren so gut wie einhellig: Novell hat den Kampf mit Microsoft um die Vorherrschaft auf dem Desktop aufgegeben. Wie sonst war das, was das Management des LAN-Marktfuehrers vergangene Woche auf der Networld+Interop in Atlanta bekanntgab, auch zu interpretieren? Einstellung von DOS 7, Rueckbesinnung auf das traditionelle Netware-Geschaeft - die neuen Claims sind von den Mannen um Ray-Noorda-Nachfolger Robert Frankenberg abgesteckt. CW- Redakteur Juergen Hill sprach mit dem Novell-CEO ueber das, was die Network-Company kuenftig stark machen soll: APIs fuer den Desktop sowie Netware fuer alle - vor allem fuer den Information-Highway.

CW: Was war denn Ihr wichtigstes Ziel, nachdem Sie zu Novell kamen?

Frankenberg: Ich wollte und ich will, dass Novell ein Unternehmen ist, das von den Beduerfnissen der Anwender und nicht vom eigenen Marketing getrieben wird.

CW: Heisst das, dass sich Novell in der Vergangenheit nicht an den Kundenwuenschen orientiert hat?

Frankenberg: In einigen Bereichen, etwa bei Netware 4, war dies sicherlich der Fall.

CW: Haben Sie bereits eine Strategie fuer Wordperfect und Novell ausgearbeitet?

Frankenberg: Wir haben eine Basisstrategie, auf der wir aufbauen koennen. Ich habe waehrend der ersten Monate meiner Taetigkeit taeglich achtzehn Stunden damit verbracht, beide Unternehmen kennenzulernen. Dies, glaube ich, ist mir mittlerweile recht gut gelungen. Meine zweite Absicht war, die Company hinter einer Vision zu vereinigen, wie es fuer mich etwa das "Pervasive Computing" (Anm. d. Red.: vgl. CW Nr. 37 vom 16. September 1994, Seite 1 und 10) darstellt. Das Problem dabei ist allerdings, dass die meisten Leute unter der Strategie einer High-Tech-Company immer nur deren Produktlinie verstehen, nicht aber die Vision, die dahintersteht. Bei uns ist die Vision jedenfalls in die Frage gekleidet: Wie werden wir gewinnen?

CW: Ich denke, unsere Leser haetten dies gerne noch ein bisschen genauer.

Frankenberg: Unser Ziel ist es, bis zur Jahrtausendwende zu einem fuenf Milliarden Dollar schweren Unternehmen zu avancieren, das die weltweite Fuehrerschaft im Pervasive Computing innehat.

CW: Welche Auswirkungen hat dies im einzelnen fuer Wordperfect und Novell?

Frankenberg: Wir konzentrieren uns kuenftig auf die drei Produktbereiche Business-Applikationen, Groupware und Consumer- Software. Einschneidende Massnahmen gab es bereits im Bereich der Business-Applikationen, speziell bei den Suites. Dort haben wir die Zahl der Beschaeftigten reduziert, um mehr Gewicht auf das Groupware-Segment legen zu koennen - auch weil dort das Wachstum im Moment nicht so stark ist.

CW: Da gibt es aber nicht wenige, die der Meinung sind, dass das Wachstum in diesem Bereich Ihrem Unternehmen nicht unbedingt zugute kommt. Warum bleibt denn Novell in diesem schwierigem Geschaeft?

Frankenberg: Im Prinzip ist diese Kritik richtig. Wir sind aber als Unternehmen kaum wettbewerbsfaehig, wenn wir nicht auch eine Suite im Angebot haben.

CW: Kann man daraus schliessen, dass Novell hier eine eigene Loesung entwickelt hat?

Frankenberg: Ja, die wird noch vor Jahresende auf den Markt kommen. Dies ist zwar sehr spaet, dafuer werden wir aber sehr viele attraktive Features anbieten. Im uebrigen weiss ich durchaus, was es im PC-Geschaeft bedeutet, hintendran zu sein.

CW: Bleiben wir beim Applikationsgeschaeft. Sie haben durch die Uebernahme von Wordperfect auch das Consumer-Paket "Mainstreet" geerbt. Geht dies letztlich nicht ueber den Tellerrand eines Unternehmens, das sein Core-Business im Networking hat, hinaus?

Frankenberg: Unser Ziel ist, wie schon gesagt, die Verwirklichung des Pervasive Computing - sprich: die Zugaenglichkeit von Netzwerken fuer jedermann. Jedermann schliesst aber auch den Consumer-Bereich ein. Es gibt bekanntlich immer noch wesentlich mehr Konsumenten als Computeranwender. Deshalb ist es fuer uns wichtig, diese Klientel zu erreichen und ihr Produkte anzubieten, die sie ins Netz bringen. Eine von vielen Moeglichkeiten ist dabei das interaktive Fernsehen, ueber das der Kunde direkt angesprochen werden kann. Deshalb wollen wir hier Produkte und das entsprechende Know-how entwickeln, um auch ueber diese Kanaele Kunden anzusprechen.

CW: Macht hier nicht die Kooperation mit anderen Playern im Markt Sinn?

Frankenberg: Sicher, wir arbeiten bereits bei den Education- und Entertainment-Produkten mit anderen zusammen. Unsere Education- Reihe kommt beispielsweise von Watermark, was im uebrigen laengst kein Geheimnis mehr ist.

CW: Wie sieht nach dem DOS-Rueckzieher von Novell die neue Beziehung zu Microsoft aus? Sie haben sich ja erst kuerzlich, wie man hoert, mit Bill Gates getroffen.

Frankenberg: Ich habe mich schon frueher mit Bill Gates getroffen, nur hat da die Presse nicht soviel Aufhebens davon gemacht.

CW: Dem, was Ihr Unternehmen vergangene Woche in Atlanta zum besten gab, kann aber ein gewisser Nachrichtenwert nicht abgesprochen werden. Faehrt denn Novell nun weiter einen Konfrontationskurs gegenueber Microsoft, oder trifft eher die Aussage ihres Stellvertreters John Edwards zu, der Novell weiter das Networking beherrschen und Microsoft auch in Zukunft als unumschraenkten Marktfuehrer in Sachen Desktop sieht?

Frankenberg: Ich glaube, es ist mehr so, wie Edwards es gesagt hat. Meine Auffassung war immer die, dass wir uns gemeinsam mit Microsoft der Kundenprobleme annehmen und uns nicht mehr nur damit beschaeftigen sollten, uns quasi gegenseitig zu bekaempfen. Mit anderen Worten: Wenn es uns beim Anwendersupport weiterhilft, unterstuetze ich notfalls auch den bisherigen Konkurrenten. Es wird letztlich, davon bin ich felsenfest ueberzeugt, nur gemeinsam gehen, da Netz und Desktop voneinander abhaengig sind. Wir werden daher kuenftig auch jeweils die Produkte des anderen testen - wie ich mich auch regelmaessig mit Bill Gates treffen werde, um Probleme dieser Art zu besprechen.

CW: Sie ueberlassen also definitiv Bill Gates und seinem Windows den kompletten Betriebssystem-Bereich, obwohl sich so gut wie alle Experten darin einig sind, dass Desktop- und Netzwerk- Betriebssysteme miteinander verschmelzen werden. Ist dies nicht ein grosser strategischer Fehler, den man bei Novell eines Tages bitter bereuen wird?

Frankenberg: Das ist sicher eine interessante Theorie, der man bei Microsoft sofort zustimmen wuerde. Fakt ist aber auch, dass es fuer uns keinen Sinn macht, in diesem Bereich weiter taetig zu sein. Da gibt es keine Lorbeeren mehr fuer uns zu ernten; Microsoft gehoert einfach der Markt fuer Desktop-Betriebssysteme - das muss man in dieser Deutlichkeit zur Kenntnis nehmen. Selbst Microsofts Zusagen dem US-Justizministerium beziehungsweise der EU-Kommission gegenueber aendern an dieser Tatsache nichts.

Die Zeit von DOS ist vorbei - und wenn wir in die Zukunft blicken, sind wir wahrscheinlich gut beraten, eine gute Client-Software zu entwickeln, die den Zugang zum Netz erlaubt und die in ihrer Art in anderen Betriebssystemen noch nicht implementiert ist. Wir haben das beste LAN-Betriebssystem, warum sollten wir diese Features nicht auch auf dem Desktop anbieten? Unsere Antwort wird also ein sehr vielfaeltiges User-Interface sowie ein entsprechender API-Satz sein, damit Anwender die Power des Netzes vom Client aus nutzen koennen. Ich denke schon, dass wir hier einen guten Job machen koennen, denn vom Networking verstehen wir mehr als alle anderen. Zudem weiss man bei Novell seit dem Merger mit Wordperfect sehr genau, was alles benoetigt wird, um auf dem Desktop wesentliche Netz-Features nutzen zu koennen.

CW: Dann stimmen Sie also der Theorie einer Verschmelzung beider Betriebssystem-Ebenen nicht zu?

Frankenberg: Bei Microsoft wird schon seit langem propagiert, dass sich das Netz hinter dem Desktop verbergen soll - nur funktioniert dies leider nicht. Wenn Sie echte Netzapplikationen fahren wollen, muessen Sie ins Netz gehen und seine Features sowie die dazu notwendigen APIs nutzen koennen.

CW: Desktop-Betriebssysteme wie Chicago oder Daytona stellen also mit ihrem Bundle an Client- und Server-Funktionen keine Gefahr fuer das Netware-Geschaeft dar?

Frankenberg: So habe ich das nicht gemeint. Ein netter Versuch, mich aufs Glatteis zu fuehren, doch hier reden wir ueber etwas vollkommen anderes. Die Server-Konzeption von Windows NT ist ohne Wenn und Aber eine echte Herausforderung fuer uns. Aber NT ist noch mehr eine Gefahr fuer Unix - auch wenn man dies bei Microsoft anscheinend noch nicht erkannt hat.

NT ist eine Applikations-Server-Umgebung, und die beinhaltet, aehnlich wie Unix, vor allem TCP/IP. Andererseits fehlen aber wichtige Features, etwa Interoperabilitaet mit anderen existierenden Systemen, so dass ich NT beim besten Willen nicht als Netzwerk-Betriebssystem bezeichnen wuerde. Zudem verfuegt es ueber keine dergleichen Directory-Services und ist in bezug auf andere Netzdienste auch sehr langsam.

Alles, was NT also zur Verfuegung stellt, ist File- und Print- Sharing in Verbindung mit TCP/IP. Networking ist aber mehr. Unix hat dies alles im uebrigen schon seit Jahren geboten, und trotzdem hatten wir diesen Erfolg mit Netware. Gleichwohl werden wir Microsoft nie unterschaetzen. Das Unternehmen ist und bleibt fuer uns eine signifikante Bedrohung, und wir werden es als solche auch behandeln.

CW: Das hat sich jetzt indirekt wie das Hohelied auf Netware 4 angehoert. Die Basis des Erfolges von Novell waren aber in den letzten Jahren gerade kleinere und mittlere Netze mit 25 bis 30 Anwendern. Ist Netware 4 fuer diese Klientel nicht ueberdimensioniert?

Frankenberg: Vielleicht. Sicherlich war die wesentliche Aenderung im Zusammenhang mit Netware 4 dessen umfangreiches Directory. Mit dem Release 4.02 werden wir ein Default-Directory auf den Markt bringen, das die Migration von Netware 3 auf Netware 4 vereinfacht. Bisher war dies, das gebe ich gerne zu, ein schwieriges Unterfangen, das sehr viel Zeit in Anspruch nahm.

CW: Bedeutet dies den Abschied vom grossen Enterprise-Networking- Ansatz?

Frankenberg: Nein, aber wir haben bei der Positionierung von Netware 4 wohl einen Fehler gemacht, indem wir dessen unternehmensweite Konzeption zu sehr betont haben. Enterprise Networking ist aber nun einmal nur fuer Unternehmen in einer Groessenordnung wie Nestle oder General Motors interessant. Wir werden daher eine Lite-Version von Netware 4 vorstellen, die speziell auf kleine Abteilungen sowie kleine Unternehmen abgestimmt ist. Ein Teil dieser Lite-Version basiert auf den schon erwaehnten Default-Directories, deren Blaupausen bereits vorhanden waren, als ich zu Novell kam. So betrachtet, gehen wir einen Schritt zurueck, anstatt, wie es wahrscheinlich besser gewesen waere, Netware 3.x zu ueberarbeiten.

CW: Wann soll die Lite-Version von Netware 4 auf den Markt kommen?

Frankenberg: Naechstes Jahr. Ein Teil davon, wie die Vereinfachung der Directories, ist bereits in 4.02 enthalten. Auch die Preisgestaltung wird sich von Netware 4 unterscheiden.

CW: Sie reden im Zusammenhang mit Netware 4 oft auch ueber Mobile Computing. Wie koennte denn hier eine Implementierung in Europa aussehen? Wird man sich beispielsweise auf den GSM-Standard beziehungsweise entsprechende Mobilfunknetze stuetzen?

Frankenberg: Wir werden auf mehrere Infrastrukturen setzen. GSM ist heute noch zu teuer. DECT-basierte Netze duerften daher meiner Ansicht nach groessere Chancen haben, trotzdem werden wir auch GSM unterstuetzen. Insgesamt sehen wir hier jedoch wenig Einflussmoeglichkeiten. Dies ist doch wohl eher die Buehne fuer Entscheidungen der jeweiligen Regulierer sowie die Preisgestaltung der einzelnen Carrier.

CW: Wir sprachen vom Enterprise Networking und von globalem Computing. Was nun noch fehlt, sind Ihre Plaene in Sachen Information-Superhighway.

Frankenberg: Novell wird in zweierlei Weise an dieser Entwicklung partizipieren. Zum einen werden wir die Superhighways zusammen mit den US-Telefongesellschaften sowie mit anderen PTTs bauen, zum anderen arbeiten wir an Tools, deren Einsatz dort beginnt, wo heute Mosaic und Gopher an ihre Grenzen stossen. Ueberhaupt ist das Internet fuer mich der Prototyp einer Datenautobahn schlechthin. Wie fast alle hat aber auch dieser Prototyp einige Maengel - denken Sie nur an das Problem fehlender Sicherheit.

CW: Wie stellen Sie sich den Aufbau dieser Superhighways konkret vor?

Frankenberg: Vieles haengt davon ab, wieviel Geld die Regierungen zur Verfuegung stellen wollen und koennen. Eine andere Moeglichkeit ist allerdings der Bau privater Highways, die dann, wie im Falle der AT&T-Connect-Services, oeffentlich zugaenglich sind.

CW: Und welche Rolle uebernimmt Novell beim Autobahnbau?

Frankenberg: Betrachten wir die rund vier Millionen Netware-LANs, die es heute weltweit gibt. Diese Netze verkoerpern, wenn man so will, die grossen Achsen durch die Staedte und die Autobahnzubringer. Nun bauen wir die Superhighways, die diese Staedte miteinander verbinden, und unser erster Partner bei diesem Unterfangen ist AT&T. Wir werden hier bereits zum Jahresende in die Betaphase gehen und voraussichtlich im ersten Halbjahr 1995 entsprechende Dienste in den USA anbieten.

CW: Wer werden Ihre internationalen Partner sein?

Frankenberg: Momentan fuehre ich weltweit mit ueber 20 PTTs Verhandlungen. Die meisten haben grosses Interesse signalisiert. Angesichts dieser globalen Dimension sehen Sie, wie wichtig es ist, dass Netware ueber ein globales Directory verfuegt, das diese Highways miteinander verbinden kann. Der Knackpunkt dieser Angelegenheit ist naemlich, dass hierfuer ein distribuiertes Directory notwendig ist, da kein Verzeichnisdienst gross genug sein kann, um alle Daten in einem einzigen Directory aufzunehmen.

CW: Wenn wir Netware einmal kurz beiseite lassen, ist also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, NEST (Netware Embedding System Technology, Anm. d. Red.) ein wichtiges Tool, um Applikationen fuer die kuenftigen Datenautobahnen zu entwickeln?

Frankenberg: Voellig richtig.

CW: Das Problem dabei ist nur, dass NEST auf dem Markt voellig unbekannt ist. Wie viele Anwender setzen denn das, wie Ihr neuer Europa-Manager Willy Soehngen es formulierte, System zum "Computing at Work" ueberhaupt ein?

Frankenberg: NEST wird momentan von etwa 100 Unternehmen eingesetzt.

CW: Welche Unternehmen sind das genau?

Frankenberg: Darunter befinden sich viele Hersteller von Buero- Equipment sowie Produzenten im Telefonbereich. Ebenso setzten einige Companies, die mobile Geraete aller Art anbieten, auf NEST. Andere wiederum nutzen diese Technologie im Bereich Kabelfernsehen fuer ihre Set-Top-Boxen oder fuer Verkaufsautomaten inklusive Slot- Machines. Ausserdem ist NEST eine phantastische Applikation fuer Cash-Registrationen jeder Art. Glauben Sie mir, es werden kuenftig Komponenten und Endgeraete in Netzwerke eingebunden, an die man heute noch nicht einmal im Traum denkt.

CW: Ist das NEST-Entwicklungs-Kit mit 50000 Dollar nicht zu teuer?

Frankenberg: Nein, denn der Preis schliesst auch eine Schulung mit ein. Eines unserer grossen Probleme in diesem Bereich ist aber das mangelnde Interesse. Lassen Sie den Preis einmal beiseite und betrachten Sie die Vorteile von NEST: Es ist sehr klein und besteht nur aus 50 KB Code, mit dem alle Core-Services von Netware nutzbar sind, ohne dass dazu ein Display oder ein 386er Prozessor notwendig waere.

CW: Womit korrespondiert NEST?

Frankenberg: Es arbeitet mit DOS, Flexos und anderen Betriebssystemen zusammen. Zudem bringt NEST - bezogen auf alle Embedded-Produkte - Ordnung in die Netzwerkwelt.

CW: Gilt dies auch fuer "Microsoft at Work"?

Frankenberg: Funktioniert ueberhaupt etwas mit Microsoft at Work? Nein, at Work wird von NEST nicht unterstuetzt.

CW: Information-Highway, Netware 4 und die Verschmelzung von Wordperfect und Novell - an Herausforderungen hat es wahrlich nicht gemangelt. Welche Bilanz ziehen Sie nach einem halben Jahr bei Novell?

Frankenberg: Es ist zwar noch kein ganzes halbes Jahr vergangen, aber die Zeit verlief bisher weitgehend so, wie ich es erwartet habe. Ich will allerdings nicht verheimlichen, dass es einige Ueberraschungen gab - im positiven wie im negativen Sinne.

CW: Naemlich?

Frankenberg: Im positiven Sinne waren es Technologien wie NEST, deren Bedeutung ich, bevor ich zu Novell kam, nicht verstanden hatte - oder aber der Advanced Client. Positiv hat mich auch das Groupware-Know-how von Wordperfect beeindruckt.

CW: Und wie sieht die Kehrseite der Medaille aus?

Frankenberg: Die wohl negativste Erfahrung war die Kluft zwischen Novell und Wordperfect. Ich wusste zwar, dass da zwei Welten und Unternehmenskulturen erst noch zusammenwachsen muessen, hatte aber nicht damit gerechnet, dass der Graben so tief ist. Ebenfalls negativ aufgefallen sind mir die Probleme, die Novell mit frueheren Netware-Versionen hat - sowohl was die Software selbst angeht als auch deren Positionierung im Markt betreffend.

Die groesste Aufgabe, die noch vor uns liegt, duerfte aber die Bewaeltigung der Fusion beider Firmen sein. Dabei ist es wahrscheinlich eine Ironie, dass ausgerechnet meine bisherige Vita hilfreich sein kann - obwohl oder gerade weil ich bis dato keine Verbindung zu einem dieser Unternehmen hatte. Ich hoffe jedenfalls, dass mir diese "Ignoranz" hilft, objektive Entscheidungen zu treffen. Alles in allem lautet meine Bilanz: Mir gefaellt es hier, und ich hatte bisher eine grossartige Zeit - und wir haben eine sehr interessante Zukunft vor uns.

CW: Bob Frankenberg als Visionaer?

Frankenberg: Der Titel eines Visionaers wird einem erst verliehen, wenn man etwas geleistet hat. Ich kann mir die grossartigsten Szenarien ausmalen - wenn diese aber nicht Realitaet werden, bin ich kein Visionaer, sondern ein Traeumer. Das endgueltige Urteil werden also letztlich unsere Kunden faellen, und nicht Sie oder ich.