Gehaltsunterschiede

Vom Nasenfaktor und Frauenmalus

17.10.2006
Von Helga Ballauf

Susanne Ihsen hat den Lehrstuhl für Gender Studies in den Ingenieurwissenschaften an der TU München inne. Sie weiß aus ihrer langjährigen Berufserfahrung beim VDI, wie schnell hochqualifizierte Frauen bei Verdienst und Aufstieg ins Hintertreffen geraten. "Der Wechsel vom ersten zum zweiten Arbeitgeber ist entscheidend", berichtet die Professorin, "Frauen bleiben in der Regel zwei Jahre länger als die Kollegen beim ersten Arbeitgeber - zu lange." Denn so beziehen sie auch länger nur Einstiegsgehalt - und tun sich argumentativ immer schwerer, davon wegzukommen. Ihsen hat außerdem beobachtet, dass junge Frauen im Bewerbungsgespräch bescheidene Gehaltsvorstellungen äußern. Sie nehmen an, dass sie in den Augen der Personaler Risikofaktoren sind - Beschäftigte, die zum Beispiel wegen möglicher Geburten tendenziell öfter ausfallen als die männlichen Konkurrenten um den Job. Ist das vorauseilender Gehorsam und zu defensives Verhalten der Bewerberinnen? Das schätzt Ihsen anders ein: "Es ist eine bewusste und strategisch vernünftige Herangehensweise, diesen Preis zu zahlen, wenn anzunehmen ist, dass gegen die Stereotype in den Köpfen der Personaler nicht anzukommen ist."

Ein Detail der IT-Gehaltsstudie von Towers Perrin regt zum Nachdenken an: Verglichen werden die Vergütungen, die Männer und Frauen in Zentralfunktionen (wie Finanzen und Personal), als Ingenieure (etwa für Softwareentwicklung oder Netzwerkadministration) und in der Beratung erzielen. Dabei stellt sich heraus, das die Gehaltsdifferenz zwischen den Geschlechtern im Consulting lediglich bei sechs bis acht Prozent liegt. Frauen weiter vorn, ausgerechnet im harten Beratungsgeschäft - wie ist das zu verstehen? Martin Hofferberth erklärt sich das so: "Es gehört zum beruflichen Profil von Beratern, gut auftreten zu können und tough zu verhandeln. Und diese Eigenschaften setzen sie auch ein, wenn es ums eigene Gehalt geht - Männer wie Frauen."