Vom Lizenz- zum Lifecycle-Management

06.02.2008
Von Helmut Franz
Zu kompliziert, zu teuer und noch dazu geringe Ertragsaussichten - die Liste der Vorurteile gegen das Lizenz-Management ist lang.

Software-Lizenz-Management ist ein Thema, mit dem sich deutsche Unternehmen nur ungern beschäftigen. Dies überrascht angesichts der Wirtschaftszahlen: Allein 2007 wurden dem Bitkom zufolge in Deutschland 17,9 Milliarden Euro für Software ausgegeben, für 2008 werden Investitionen von 19 Milliarden Euro erwartet. Zum Vergleich: Für die Neubeschaffung von PKWs haben deutsche Unternehmen im Jahr 2006 etwa 20 Milliarden Euro aufgewendet.

Stellt man jedoch die Ausgaben für das PKW-Flotten-Management, für Telefonkosten- oder Materialkostenoptimierung denen für die Beschaffung und Verwaltung von Softwarelizenzen gegenüber, so liegt die Feststellung nahe, dass Software das wahrscheinlich am schlechtesten verwaltete Asset in deutschen Unternehmen ist.

Im Gegensatz zu den anderen Kostenfaktoren können aus der Nutzung von Softwarelizenzen aber erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken bis hin zur persönlichen Haftung der Geschäftsführung resultieren. Hinzu kommen neue Compliance- und Corporate-Governance-Regeln sowie der Druck, den Softwarehersteller, Wirtschaftsprüfer und Juristen auf die Unternehmen ausüben.

Viele Unternehmen sehen sich daher gezwungen, ihre Lizenznutzung transparenter zu machen. Als geeignete Lösung erscheint die Einführung eines Lizenz-Management Tools, nicht zuletzt, um das fehlende Know-how zu Lizenzen und Lizenzmetriken zu kompensieren.

Neun Tipps zum Lizenz-Management

1. Prozessoptimierung

Analysieren und optimieren Sie als Erstes Ihre Beschaffungs- und IT-Prozesse. Versuchen Sie diese Prozesse in einem einheitlichen Datenmodell zu integrieren.

2. Standardisierung

Standardisieren Sie Ihren Softwareeinsatz. Reduzieren Sie Komplexität und Aufwand durch Arbeitsmittelkataloge mit zugelassenen Produkten.

3. Kostenverantwortung

Führen Sie persönliche Verantwortung für IT-Kosten und Lizenzen bei Ihren Mitarbeitern ein, indem Sie die IT-Kosten verbraucher-bezogen abrechnen.

4. Kontrolle

Stellen Sie durch regelmäßige Audits der Clients sicher, dass Ihnen die Kontrolle über die Lizenznutzung nicht entgleitet.

5. Tool-Auswahl

Entscheiden Sie sich erst für ein Tool, wenn Sie Ihre Prozesse und Anforderungen ausreichend analysiert und beschrieben haben. Überzeugen Sie sich, dass das Tool zu Ihrem Datenmodell und Ihren Prozessen passt.

6. Lifecycle-Management

Ein geeignetes Tool sollte ein Itil-basierendes Lifecycle-Management beinhalten und Unternehmensprozesse für Beantragung, Beschaffung sowie Nutzung und Abrechnung in einem Tool integrieren.

7. Management

Binden Sie Ihr Management in die Entscheidungen zu Prozessen und Tools grundsätzlich ein. Die kaufmännischen und rechtlichen Risiken des Lizenzeinsatzes benötigen seine Aufmerksamkeit.

8. Servicepartner

Ist Ihr Unternehmen zu klein für die Installation eines Lifecycle-Managements, suchen Sie nach einem geeigneten Servicepartner, der es für Sie konzipieren und betreiben kann.

9. Berater einbinden

Sichern Sie sich die Unterstützung eines kompetenten und unabhängigen Beraters, der Sie durch die verschiedenen Projektphasen begleitet und den Erfolg gewährleistet.

Wenn die Firmenchefs nur die Kosten sehen

Da ein Lizenz-Management in seiner klassischen Ausprägung jedoch kaum einen Mehrwert zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt, sondern als reiner Verwaltungsakt innerhalb der IT verstanden wird, fehlt es ihm an Aufmerksamkeit und Verständnis in IT-Leitung und Management. Gesehen werden nur die damit verbundenen Kosten. Entscheidet sich ein Unternehmen, ein Lizenz-Management einzuführen, werden zumeist lediglich die technischen Rahmenbedingungen betrachtet, um möglichst schnell ein passendes Tool zu finden.

Das Ergebnis solcher Projekte ist häufig mangelhaft: Das hastig ausgewählte Tool lässt sich nicht oder nur unzureichend an die unternehmensinternen Prozesse anpassen, vorhandene Datenstrukturen können nicht integriert werden. Die Aufwände für den Betrieb einer solchen Lösung steigen überproportional, die Ergebnisse hingegen bleiben mager. Die in Aussicht gestellten Optimierungspotenziale erweisen sich als Fata Morgana, das Ganze lohnt sich nicht.

  • Als Hauptursachen für derartige Desaster lassen sich drei Gründe festmachen:

  • Die Einführung von Tools geschieht ohne ausreichende Analyse der Unternehmensprozesse und Anforderungen.

  • Es fehlt die Bereitschaft, in eine Professionalisierung des IT- Produktionsprozesses zu investieren.

  • Das Lizenz-Management wird nicht als Teil des IT-Lifecycle verstanden.

Ohne Analyse scheitern Lizenz-Management-Tools

Die nächsten Jahre werden uns jedoch zeigen, dass Beschaffung und Management von Software und Lizenzrechten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern als elementarer Teil des gesamten IT-Produktionsprozesses. Ein Lizenz-Management muss als Teil eines Lifecycle-Managements verstanden und konzipiert werden. Hierzu gehört, dass die Einführung von Tools erst nach umfassender Analyse und im Rahmen eines Konzeptes erfolgen darf.

Die mit einer solchen Analyse verbundenen Kosten sind natürlich nicht unerheblich und schrecken viele Unternehmen ab. So unterbleibt eine Organisationsanalyse fast immer. Grundlegende Projektparameter beispielsweise im Rahmen von Beschaffung und Genehmigung werden nicht ermittelt, sondern geschätzt. Chancen, zu standardisieren, ineffiziente Prozesse und die Datenqualität zu verbessern, werden nicht genutzt.

Dient jedoch ein ausgearbeitetes Feinkonzept, in dem die Geschäftsvorfälle und das zugrunde liegende Daten- und Architekturmodell detailliert beschrieben werden, als Grundlage für alle Projektbeteiligten auf Anwender- und Anbieterseite, wird viel eher das richtige Tool gefunden. Sehr hilfreich ist dabei ein Sponsor aus dem Management.

Erfolgreiches Lizenz-Management als Teil eines Lifecycle-Managements muss einen Mehrwert erbringen. Erträge für die Unternehmen resultieren unter anderem aus:

  • einer generell erhöhten Produktivität der IT;

  • der Standardisierung von Arbeitsmitteln;

  • einer Standardisierung von Beschaffungsvorgängen;

  • geringeren Bearbeitungszeiten;

  • der Vermeidung teurer Bestellungen;

  • der Optimierung von Lizenzbeschaffung und -nutzung;

  • einer einfacheren Bewertung rechtlicher Risiken;

  • transparenter Lizenznutzung;

  • der Vermeidung von Audits durch Hersteller;

  • einer verbesserten Steuerung von Services;

  • einer einfacheren Kalkulation neuer Services;

  • der verursacherbezogenen Abrechnung von Leistungen.

Entscheidend für eine positive Bilanz ist, dass ein Lifecycle-Management als das Abrechnungssystem der IT verstanden wird, mit dessen Hilfe sie ihre Leistungen einfacher kalkulieren, erbringen und abrechnen kann. Hierzu gehört die Identifikation und Abbildung von Nutzern, Services und Leistungen in einem einheitlichen Verfahren. Dann können bestehende Leistungen auf Basis einer erheblich besseren Datenbasis kalkuliert und abgerechnet sowie die Einhaltung von SLAs einfacher kontrolliert und gesteuert werden. Auf Basis der operativen Daten lassen sich Lizenzrechte einfacher zuordnen und verwalten. Transparenz entsteht, Risiken werden schneller erkannt beziehungsweise verhindert.

Das heutige Lizenzmodell benachteiligt die Anwender

Die Kreativität der großen Softwarehersteller ist zu einer immer größeren Last für die IT-Budgets geworden. So sorgen die Hersteller durch häufige Veränderungen ihrer Lizenzmetriken, gewandelte Produktstrategien, aber auch Abkündigung von Supportleistungen schon nach relativ kurzer Zeit dafür, dass Bestandskunden nach- oder neu lizenzieren müssen beziehungsweise in Rechtsunsicherheit geraten. Das seit Jahren erfolgreiche Vertriebsmodell "Lizenz und Wartung" ist für die großen Hersteller zu einem Selbstläufer geworden, der ihnen anhaltend und planbar Geld in die Kassen spült.

Die ständige Änderung von Lizenzmetriken führt dazu, dass Anwender kaum mehr einschätzen können, ob sie tatsächlich korrekt lizenziert sind. Mitarbeiter mit den nötigen Kenntnissen sind weder in den Unternehmen selbst noch generell auf dem Arbeitsmarkt ausreichend verfügbar.

Diese Situation wird zukünftig dazu führen, dass sich Software as a Service (SaaS), Miet- oder Pay-as-you-use-Modelle, aber auch neue Service-orientierte Abrechnungsverfahren immer stärker ausbreiten. Hinzu kommen neue Abrechnungsverfahren auf Basis mobiler Technologien und Services, welche wir zum Teil bereits im Spielesektor beobachten können.

Allen diesen Modellen ist eines gemeinsam: Sie basieren auf der Erfassung der tatsächlichen Nutzung und der Abrechnung nach tatsächlichem Verbrauch und nicht mehr auf dem bisherigen Lizenz- und Wartungsmodell. Diese Trends im Softwaremarkt werden im Lauf der nächsten drei bis fünf Jahre das Nutzungsverhalten verändern und damit die traditionellen Hersteller unter Druck setzen. (ba)