Vom Desktop- zum Electronic-Publishing

Vom Desktop- zum Electronic-Publishing Apple will mit Mac-OS X im Server-Markt reüssieren

02.04.1999
MÜNCHEN (CW) - Apple hat mit "Mac-OS X Server" ein Betriebssystem geschaffen, das klassische Unix-Eigenschaften mit den Objekttechniken von Nexts Entwicklungsumgebung "Web Objects" und dem Bedienkomfort der Mac-Oberfläche kombiniert. Die meisten Chancen rechnet sich der Hersteller mit Multimedia-Features für das Internet aus.

Mac-OS X Server wird ab Ende April zum Preis von rund 1200 Mark, im Bundle mit "G3"-Rechner für etwas über 11000 Mark, verkauft. Bei der Software handelt es sich im Kern um ein echtes "BSD-Unix 4.4" mit den entsprechenden Multiuser- und Multitasking-Eigenschaften, Multithreading und virtuellem Speicherkonzept. In den Genuß dieser Features kommen jedoch nur Anwendungen, die den vor knapp einem Jahr bekanntgegebenen Carbon-Regeln folgen. Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Entfernung von unnötig gewordenen Funktionsaufrufen. Die bisherigen Mac-Programme laufen in der sogenannten Bluebox.

Um gegen Novell Netware oder Windows NT anzutreten, reichen diese Eigenschaften nicht. Selbst der Hersteller empfiehlt für Dateizugriffe in Netzen mit verschiedenen Systemen vorerst noch die Verwendung von "Mac-OS 8x" mit "Appleshare IP". In einer späteren Version von Mac-OS X werden allerdings auch Windows-Anwender eingebunden.

Reine Mac-Netze sollen mit dem neuen Betriebssystem eine bisher ungewohnte Leistung erzielen. Das Server-System, ein mit 300 Megahertz getakteter G3-Rechner, versorgt 50 bis 70 Clients über Fast Ethernet in einer Geschwindigkeit von 100 Mbit/s. Installation und Administration von Server und Netz lehnen sich an Mac-typischen Komfort an. Ungewohnt ist lediglich der vom Nextstep-Betriebssystem übernommene System-Browser, der Ressourcen wie Festplatten und Dateien in Spalten darstellt.

Als nach wie vor ungehobener Schatz gilt die Entwicklungsumgebung Web Objects, mit der schon zu Next-Zeiten umfangreiche Geschäftsanwendungen geschaffen wurden. Wenn Apple von Geschäftsanwendungen spricht, sind meist Internet-Lösungen gemeint, für die sich Web Objects dank des integrierten Applikations-Servers ebenfalls eignet. Unterstrichen wird diese Positionierung durch die Bündelung des Betriebssystems mit dem schnellen Freeware-Web-Server "Apache".

Um im Internet-orientierten Multimedia-Markt auf Dauer reüssieren zu können, sind jedoch hohe Anforderungen etwa für die Übertragung von Videos in Echtzeit zu erfüllen. Daher baut Apple bereits an Mehrprozessor-Systemen, leistungsstärkeren G4-Prozessoren, und auch die geplante Verwendung des Mach-3-Kernels in das Server-Betriebssystem deutet in diese Richtung. Was jetzt schon geht, demonstrierte Interims-Chef Steve Jobs bei der Vorstellung des Betriebssystems, als er von einem G3-Server aus 59 I-Macs mit Videos vom mitgelieferten "Quicktime"-Streaming-Server versorgte.