Vodafone schult Mitarbeiter in neun Monaten zum Fachinformatiker um

Vom Call-Center in die IT-Abteilung

08.08.2003
MÜNCHEN (CW) - Viele Firmen schulen ihre Mitarbeiter um. So verbleibt wertvolles Wissen im Haus, und Unternehmensbereiche mit Personalbedarf erhalten Beschäftigte aus den eigenen Reihen. Für diesen Weg entschied sich auch Vodafone: Nach neunmonatiger Ausbildung waren 15 ehemalige Call-Center-Mitarbeiter fit für die unternehmensinterne IT-Abteilung.

Die Nachricht war zuerst im Firmen-Intranet zu lesen: 15 Mitarbeiter aus dem Call-Center von Vodafone D2 können sich auf Firmenkosten und bei vollem Gehalt als Fachinformatiker ausbilden lassen. Allein in den ersten drei Tagen bewarben sich insgesamt 150 Mitarbeiter aus ganz Deutschland. Hintergrund der Maßnahme: "Wir hatten zu viele Mitarbeiter im Call-Center und zu wenige in den IT-Abteilungen", so Friedrich Weishaupt, in der Personalentwicklung von Vodafone verantwortlich für Ausbildungsmaßnahmen.

Die Call-Center-Mitarbeiter kannten sich exzellent mit den Dienstleistungsangeboten des Unternehmens aus. Dieses Know-how zu halten war ein wichtiges Ziel des Programms.

Damit die Mitarbeiter gezielt bestimmte Lücken in der IT-Abteilung ausfüllen können, entwickelte Siemens Business Services ein maßgeschneidertes Konzept. Heraus kam eine neunmonatige strukturierte Umschulung zum Fachinformatiker, die Theorie- und Praxisphasen verband. Auch die Auswahl der geeigneten Mitarbeiter, die Ausbildung selbst, die Betreuung der Teilnehmer, Evaluation und Qualitätssicherung übernahm das Münchner Weiterbildungshaus.

Die Messlatte war hoch gesetzt: Wer an der Umschulung teilnehmen wollte, musste einen wahren Testmarathon bestehen. Technisches Verständnis, strukturiertes und logisches Denken, Kurzzeitgedächtnis, Konzentrationsfähigkeit - in vielen Bereichen hatten die Teilnehmer ihr Potenzial zu beweisen. Wer im Test gut abschnitt, durfte in die zweite Auswahlstufe - das Assessment Center. Hier wurden noch einmal die Persönlichkeit und Arbeitsweise kritisch unter die Lupe genommen.

In den ersten sechs Monaten absolvierten die angehenden Fachinformatiker ganz normale 40-Stunden-Wochen - nur eben nicht am Arbeitsplatz, sondern im Seminarraum. Jetzt ging es nicht mehr um gekonntes Telefonieren, sondern um Oracle, SQL und Unix. Gelernt wurde anhand von Fallbeispielen, bei denen die Teilnehmer sich selbst ihr Wissen erarbeiteten. Danach standen Tests und Prüfungen auf dem Programm. Aber auch die Soft Skills blieben nicht auf der Strecke. Die Theorie wurde vielmehr durch Teamtraining und Lerneinheiten in Projekt-Management und Systemanalyse ergänzt.

Dann kam die Zeit für die Praxis: Die Teilnehmer konnten auswählen, in welcher IT-Abteilung sie ihr dreimonatiges Praktikum absolvieren wollten - von der Entwicklung und Programmierung bis zu den Bereichen, in denen die Software eingesetzt wird. In vielen Fällen blieben die Teilnehmer gleich in der jeweiligen Abteilung und fanden dort ihre neue Aufgabe.

Lohnende Investition für das Unternehmen

Ralph Münster, ein Teilnehmer der Ausbildung, ist heute für Software-Integrationstests zuständig und profitiert davon, dass er nun Unix und Programmiersprachen wie SQL beherrscht. "Für nicht alle Jobs im IT-Bereich ist ein Studium notwendig", ist er überzeugt. Auch Katrin Lange, die zweieinhalb Jahre in der Kundenbetreuung gearbeitet hat, macht die neue Aufgabe Spaß. Im Praktikum stellte sie fest, dass sie das reine Programmieren nicht reizte. Sie wollte weiterhin mit Menschen zu tun haben und arbeitet heute im User-Support, wo sie sich um die PCs in der gesamten Zentralverwaltung kümmert. "Ich fand es sehr positiv, dass man für die Ausbildung keine finanziellen Risiken in Kauf nehmen musste. Und ich kann mich darauf verlassen, dass mich das Unternehmen zumindest für die nächsten drei Jahre behält - es hat ja auch einiges in mich investiert."

Dreimal fand die Ausbildung bisher statt. "Das Programm rechnet sich, weil die Mitarbeiter dadurch für eine ganze Weile ans Unternehmen gebunden sind", bilanziert Weishaupt. (hk)