Wissens-Management/Mit Knowledge-Management (KM) intellektuelles Kapital besser verzinsen

Volle Gabentische für die Consultants

14.12.2001
Geht es um Wissens-Management, so sind die Anforderungen an die Organisation individuellen Wissens sehr hoch. Wie es zurzeit um die wissensfreundlichen Unternehmenskulturen und unterstützenden Knowledge-Management-Technologien in den Firmen bestellt ist, hat die Meta Group untersucht. Von Marc Tenbieg*

Knowledge-Management bezeichnet ein ganzheitliches und integriertes Konzept zur Erschließung, Speicherung und zum Austausch von Wissen in Gestalt von Daten, Informationen und Erfahrung. Wissen entsteht zwischen Menschen, Inhalten und Geschäftsabläufen. Dieser Prozess basiert auf einer wissensfreundlichen Unternehmenskultur und wird von Knowledge-Management-Technologien entscheidend gefördert. Der Anspruch, Wissen an der Stelle zu haben, wo es auch benötigt wird, stellt hohe Anforderungen an die Organisation des individuellen Wissenstransfers. Darüber hinaus müssen auch die Mitarbeiter bereit sein, ihr Wissen mit anderen zu teilen. Dies setzt die genannte "wissensfreundliche" Unternehmenskultur voraus, die fortlaufend gepflegt und weiterentwickelt werden muss. Deshalb spielen auch die kulturellen Gegebenheiten einer Firma eine wesentliche Rolle für das Wissens-Management.

Interdisziplinäre TeamsKünftig dürfte der Erfolg eines jeden Unternehmens entscheidend davon abhängig sein, inwieweit es in der Lage ist, das unternehmensinterne Wissen, also Daten, Informationen oder Best Practices, das Wissen seiner Mitarbeiter (Erfahrungswissen) und das seiner strategischen Partner effektiv und geschäftsprozessbegleitend einzusetzen. Dieses geschieht nicht zum Selbstzweck, sondern dient in erster Line der Verbesserung und Beschleunigung der prozess- und produktbezogenen Innovationskraft.

Der damit verbundene Aufbau eines effizienten und prozessunterstützenden Informationsnetzes mit der dazugehörigen Informationsarchitektur wird entscheidend zur Schaffung eines erfolgskritischen Wettbewerbsvorteils beitragen. Dies schließt die Notwendigkeit ein, die interdisziplinäre Teambildung (Mitarbeiter - Kunde - Partner) mittels kooperativer Lösungsansätze organisatorisch und technisch zu unterstützen, um den Wissens- und Erfahrungsaustausch zu fördern.

Im Zeitraum von 1995 bis 2005 sind die folgenden Veränderungen festzustellen beziehungsweise zu erwarten:

- Knowledge-Management wird sich von einem bisher isolierten (Projekt-)Thema hin zu einer erfolgskritischen und Management-getriebenen Unternehmensstrategie entwickeln.

- Knowledge-Management wird künftig in Form eines holistischen Ansatzes in den Unternehmen umgesetzt werden. Dieser Ansatz berücksichtigt einerseits die beteiligten Personen, Geschäftsprozesse und Inhalte, andererseits die unternehmensindividuellen kulturellen Aspekte und Technologien.

- Knowledge-Management-Architekturen werden im Kontext der vorhandenen organisatorischen und technischen Infrastrukturen des Unternehmens entwickelt und basieren auf einem klar definierten Knowledge-Management-Prozess.

- Knowledge-Management wird zur erfolgskritischen Komponente vieler E-Commerce-Lösungen werden.

- Weltweit werden bis 2003 mehr als 75 Prozent der Global-2000-Unternehmen Knowledge-Management-Prozesse und -Techniken implementiert haben, um den Innovationsprozess zu beschleunigen, die Produktivität zu erhöhen und das "Intellectual Capital" erfassbar und abrufbar zu machen.

- Knowledge-Management-Technologien tragen in einem nicht unerheblichen Maß zur Förderung des "Information Business" bei. Die Meta Group geht davon aus, dass 40 Prozent der Global-2000-Unternehmen bis 2004 den Wandel zum "Information Business" vollzogen haben werden.

Die Meta Group geht davon aus, dass sich der Markt für Knowledge-Management in Deutschland bis zum Jahr 2004 im Vergleich zum gesamten IT-Markt (acht Prozent) mit einer jährli-chen Wachstumsrate von 31 Prozent überproportional entwickeln wird. Hiervon werden in den nächsten zwei Jahren vor allem Consulting-Unternehmen profitieren, die Anwenderfirmen dabei unterstützen können, Knowledge-Management-Strategien zu entwickeln und Umsetzungsprojekte zu planen.

Welche Aspekte müssen innerhalb eines Knowledge-Management-Projektes berücksichtigt werden? Meta Group hat in diesem Zusammenhang die nachfolgenden Kernbereiche definiert:

Knowledge-Management ist als ein langfristiger, auf Dauer ausgerichteter Prozess zu betrachten, der nicht a priori im Rahmen einer übergeordneten Gesamtstrategie zu definieren ist. Die Strategiefindung ist vielmehr ein iterativer Ablauf, der kontinuierlich bestehende und neu hinzukommende Einflussfaktoren dynamisch einbeziehen muss. Die Strategieentwicklung wird in einem Top-down-Ansatz aus den Unternehmenszielen abgeleitet.

Ein erfolgreiches Knowledge-Management erfordert die abteilungs- und standortübergreifende Verfügbarkeit einer standardisierten technischen Basisinfrastruktur, die in der Regel in einem unternehmensweiten Intranet oder Extranet mündet. Studienergebnisse der Meta Group belegen, dass sich mehr als 81 Prozent aller Unternehmen, die sich mit der Einführung von Knowledge-Management befassen, einen Portalansatz im Sinne eines Enterprise-Information-Portals (EIP) verfolgen. Dies deckt sich mit der Meinung der Marktforscher, die das Enterprise-Information-Portal als die künftige multifunktionale Informationsplattform sehen, in der eine Vielzahl von Einzelsystemen integriert wird. Sie aggregieren sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Informationen und stellen diese kontextbezogen und in personalisierter Form innerhalb von standardbasierenden Frameworks zur Verfügung.

Neben der Implementierung und Standardisierung sind auch die erforderlichen administrativen und organisatorischen Maßnahmen, Regelwerke und Dokumentationen elementarer Bestandteil der technischen Basisinfrastruktur.

KM als technische DisziplinWährend die technische Basisinfrastruktur nur das "Trägermedium" darstellt, bilden Inhalte und Wissensbereiche den eigentlichen und zentralen Gegenstand des Knowledge-Managements. Wesentlicher Aspekt hierbei ist, Inhalte und Anwendungen identifizieren und bewerten zu können, die im Rahmen der Knowledge-Management-Aktivitäten unterstützt werden sollen. Dieses geschieht aufbauend auf den Ergebnissen der einleitenden Knowledge-Management-Audits und/oder -Workshops. Für eine Bewertung und Priorisierung konkreter Umsetzungsmaßnahmen müssen die identifizierten Themenbereiche einer genaueren Analyse unterzogen werden.

Konkrete Regelwerke und ProzessdefinitionenDie Umsetzung der Vision, das vorhandene, heterogene Wissen der beteiligten Personen über organisatorische Einheiten und Standorte hinweg sinnvoll nutzbar zu machen, erfordert neben der technischen Basisinfrastruktur und der thematischen Strukturierung vor allem organisatorische Rahmenbedingungen, die dieses Konzept zulassen und fördern. Hierzu zählen nicht nur konkrete Regelwerke und Prozessdefinitionen, sondern in erster Line ein entsprechendes Bewusstsein über den Sinn und Nutzen von Knowledge-Management und die damit eng verknüpfte Bereitschaft, Wissen über hierarchische Grenzen hinweg zu teilen. Nach den Erfahrungen der Meta Group sind ein zu geringer organisatorischer Reifegrad und unzureichende Reglements für die Knowledge-Management-Prozesse die Hauptgründe für die hohe Misserfolgsquote bei Knowledge-Management-Projekten.

Knowledge-Management wird in den meisten Anwenderunternehmen heute noch als technische Disziplin eingeordnet. Dementsprechend liegt die Verantwortung für den Bereich Knowledge-Management immer noch in den IT-Abteilungen. Wenn Knowledge-Management-Projekte scheitern, werden die Ursachen hierfür jedoch weniger im technischen, als im strategischen und organisatorischen Bereich gesehen: in der Projektfehleinschätzung, der mangelhaften Kenntnis der KM-Umsetzungsstrategien, der fehlenden Entscheidungs- und Umsetzungskompetenz sowie in der unzureichenden Mitarbeiterakzeptanz. Der Kostenaspekt dagegen trägt nur selten zum Scheitern von KM-Projekten bei - er wird häufig nur vorgeschoben, um von den tieferen Ursachen abzulenken. (bi)

*Marc Tenbieg ist Consultant Electronic Business der Meta Group Deutschland in Essen.