Volks-Computer

01.12.1978

MÜNCHEN (sf) - Weihnachten steht vor der Tür. Die Frage "was schenken?" ist wieder akut. Wie schön, daß gerade Jetzt mit den sogenannten Volks-Computern vielerorts ein richtiges Universalgeschenk, ein "Mädechen für alles", in den Handel kommt - eben noch rechtzeitig zu den vier verkaufsoffenen Dezembersamstagen.

Warum Computer, mit denen sich bisher nur EDV-Profis und ausgebuffte Tüftler beschäftigten, mit einem Mal für eine breite Masse interessant sein sollen? Sie sind derzeit halt viel billiger als etwa noch vor fünf Jahren. Wem das als Kaufargument nicht ausreicht, der hat zu bedenken, daß diese elektronischen Tausendsasas - so die forschen Werbesprüche einiger Anbieter - "nahezu alles können". Zum Beispiel die Vorräte in Kühlschrank und Speisekammer kontrollieren, wie die Horten-Presseabteilung verkündet.

Überhaupt scheinen sich die zirka 2500 Mark teuren Heimcomputer als wundertätige Küchenhelfer zu entpuppen. Sie speichern Rezepte, stellen Menüvorschläge zusammen und führen die Haushaltekasse. Allerdings nur bei entsprechender Programmierung - was manche Hausfrau vor unerwartete Probleme stellen dürfte. Immerhin wäre auf diese Weise die leidige Diskussion, ob "Hausfrau" nun ein vollwertiger Beruf ist oder nicht, nahezu beendet: Eine wenn auch nur stundenweise ausgeübte Tätigkeit als Küchen-Programmiererin dürfte erheblich zum Ansehen des immer noch recht stiefmütterlich behandelten Berufsstandes beitragen. Keine Frage, daß die Seminarfirmen mit ihrem Gespür für Bildungsdefizite bald ihre Unterrichtsprogramme dementsprechend aufstocken werden, zum Beispiel um Kurse wie "Menüs aus dem Computer."

Es ist jedenfalls festzustellen, daß einige Anbieter von Heimcomputern in ihren euphorisch geführten Werbefeldzügen so tun, als könne man einen programmierbaren Kleinrechner mit Bildschirm und Massenspeicher ohne weiteres als "Volks"-Computer verkaufen - so als wäre er ebenso einfach zu bedienen wie die simplen Volks-Empfänger der 30er Jahre, oder als wären die Bundesdeutschen ein Volk von Programmierern. Dies ist aber nicht der Fall.

Wer nicht wenigstens über grundlegende EDV- und Elektronik-Kenntnisse verfügt, wird an seinem Hobbyrechner kaum mehr als eine "Spielesammlung" oder ein "Kochbuch" haben. Und dafür ist das Gerät allemal zu teuer.