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Vodafone steht mit Rückzug aus Japan vor Neuausrichtung

20.03.2006
Vodafone steht angesichts gesättigter Handy-Märkte vor einer Neuausrichtung. Wird Konzernchef Sarin einen "deutschen Sonderweg" erlauben?

Nachdem die Briten sich in den vergangenen Jahren mit massiven Zukäufen zum weltgrößten Mobilfunkanbieter aufschwangen, zieht sich Vodafone mit dem Verkauf der japanischen Tochter erstmals aus einem wichtigen Markt zurück. Vorstandschef Arun Sarin begründete den Verkauf von Vodafone KK an den Telekom- und Internetkonzern Softbank für knapp 13 Milliarden Euro mit den schwachen Aussichten auf dem hart umkämpften japanischen Mobilfunkmarkt.

Vodafone überlässt damit den Marktführern NTT DoCoMo und KDDI das Feld. "Das ist eine Kapitulation", sagt ein Experte. Vor knapp fünf Jahren sah alles noch ganz anders aus: Der damalige Vodafone-Vorstand Chris Gent leitete die mehrheitliche Übernahme von Japan Telecom ein, um die Position des Weltmarktführers zu stärken. Anschließend zerschlug Vodafone den Konzern und behielt die Mobilfunktochter J-Phone; das Festnetzgeschäft landete bei der Beteiligungsgesellschaft Ripplewood Holdings. Von dort wanderte es Mitte 2004 zur expandierenden Softbank. Mit der Übernahme von Vodafone Japan kommt die ehemalige Japan Telecom wieder unter einem Dach zusammen.

Dieser Kreislauf wirft Fragen auf: Denn in Deutschland ist Vodafone nach dem milliardenschweren Mannesmann-Zukauf über Arcor auch im Festnetzgeschäft aktiv. Der zweitgrößte Festnetzanbieter nach der Telekom soll nun als nächstes auf dem Verkaufszettel stehen. Doch Vodafone-Deutschlandchef Fritz Joussen macht sich Unternehmenskreisen zufolge für einen Verbleib von Arcor stark, da die Sättigung des Handy-Marktes nur noch geringes Wachstum zulässt. Er will das Geschäft von Arcor und Vodafone D2 bündeln und so einen breit aufgestellten Telekomanbieter schaffen. Wie wichtig dies ist, sagt ein Eingeweihter: "In einigen Vodafone-Läden werden mittlerweile mehr DSL-Anschlüsse als Handy-Verträge verkauft."

Bei der Führung im britischen Newbury beißt Joussen mit seinen Plänen auf Granit - zumindest derzeit noch. Vorstandschef Sarin will wie sein Vorgänger Gent den Konzern zentral von England aus steuern. Als integrierter Festnetz- und Mobilfunkanbieter würde Vodafone Deutschland aus der Rolle fallen. Der zuletzt von Investoren kritisierte Sarin deutete aber beim Japan-Verkauf ein Umdenken an: "Es ist zunehmend klar geworden, dass die größten operativen Vorteile von lokaler und regionaler Größe kommen." Gleichzeitige fügt er hinzu, dass der Verkauf von Vodafone Japan nur ein "Fein-Tuning" der Konzernstrategie ist.

Intern wird indes nach Berichten aus dem Umfeld des Unternehmens fleißig an einer neuen Strategie gearbeitet. Eine wichtige Frage sei dabei, wie es in den Vereinigten Staaten weitergehe. Die Minderheitsbeteiligung an Verizon Wireless sei unbefriedigend für einen Konzern mit internationalem Anspruch. Auch wenn Sarin beteuert, dass er an der amerikanischen Beteiligung festhalten will, steht die endgültige Entscheidung noch aus. "Und die lautet, richtig einsteigen oder aussteigen", heißt es.

Vordringlichstes Ziel von Sarin sei aber im Moment, seine Kritiker zu beschwichtigen. Der Manager hatte Ende Februar einräumen müssen, dass die Wachstumsperspektiven vor allem in Deutschland schwächer sind als zuvor angenommen. Vodafone muss daher 41 Milliarden Euro abschreiben, was den Kurs der Vodafone-Aktie massiv unter Druck setzte.

Mit dem Rückzug von Konzerngründer Gent als Vodafone-Ehrenpräsident am vergangenen Wochenende verbesserte sich die Position von Sarin. Gent galt als Kritiker des gebürtigen Inders und hatte bereits mit möglichen Nachfolgern für Sarin verhandelt. Nach dem Verkauf des Japan-Geschäfts legt der Vorstandsvorsitzende nach: Mit sechs Milliarden Pfund will er den Großteil des Verkaufserlöses an die Anleger ausschütten. Das dürfte ihm Sympathiepunkte einbringen. Die Frage nach der richtigen Strategie ist damit noch nicht geklärt. (dpa/tc)