Neues Lizenzmodell in der Kritik

VMware präsentiert vSphere 5

13.07.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

Lizenzmodell: Künftig zählen Sockets und virtueller Speicher

VSphere wird künftig abhängig von der Anzahl der CPU-Sockel und der Menge des genutzten virtuellen Arbeitsspeichers lizenziert. Es gibt keine Beschränkungen mehr bezüglich der Kerne pro Prozessor oder des physikalischen Hauptspeichers pro Host. Außerdem wurde die Anzahl der Abonnement-Varianten von sechs auf fünf reduziert, um die Lizenzierung "leichter verständlich" zu machen. Für Kunden gibt es dazu einen "Licensing and Pricing Guide", der das neue Modell erläutert.

Bei den früheren VI3- und vSphere-4Stacks konnte jedes Software-Bundle ("Edition") nur eine beschränkte Anzahl Cores oder eine limitierte Menge virtuellen Speicher addressieren. Die vier kleinere vSphere-Editionen ("Essentials", "Essentials Plus", "Standard", "Enterprise") etwa waren auf Maschinen mit sechs oder weniger Kernen pro Socket beschränkt; sechs oder mehr Kerne pro Sockel waren nur mit den beiden High-end-Varianten "Advanced" und "Enterprise Plus" möglich. Außerdem waren sie bis auf Enterprise Plus (1 TB) allesamt auf 256 GB physikalischen Hauptspeicher limitiert.

Von der Core-Beschränkung sieht VMware nun ab. Das ist nur sinnvoll, da die Definition eines Prozessor-Kerns zunehmend unschärfer wird. Die "Bulldozer"-Cores in künftigen Opteron-Prozessoren von AMD etwa bestehen aus paarweisen Integer- und Floating-Point-Units, die gemeinsam auf Scheduler und Caches zugreifen. Das Ergebnis sind pro solchem Paar irgendwo zwischen einem und zwei Cores, je nachdem wie die Applikation sie sehen möchte.

Wenn VMware die Cores nicht mehr begrenzt, muss es anderer Stelle Geld verdienen. Im Rahmen des neuen Lizenzmodells werden Kunden für die Menge des virtuellen Speichers zur Kasse gebeten, mit dem sie einen Hypervisor konfigurieren. Bezüglich des physikalischen Arbeitsspeichers gibt es bei vSphere 5 keine Grenzen mehr. Anwender müssen aber mehr Lizenzen pro Socket kaufen, wenn sie mehr virtuellen Speicher ansprechen wollen.

Die Advanced Edition wird mit vSphere 5 übrigens ersatzlos gestrichen, Bestandskunden können beim Upgrade auf Enterprise wechseln. Die Lizenzen für Essentials bis Standard sind auf 24 GB virtuellen Speicher pro Socket (und Lizenzen kauft man pro Socket) begrenzt. Für die Enterprise Edition liegt die Grenze bei 32 GB und für Enterprise Plus bei 48 GB "vRAM".

Es gibt auch wie in der Vergangenheit noch Grenzen für die virtuellen CPUs, die eine einzelne Gast-VM verwenden darf. Die Standard Edition (mit VMotion Live-Migration, HA und Disaster Recovery) kostet pro Socket 995 Dollar und ist pro Server-Sockel auf acht vCPUSs und 24 GB vRAM pro RAM gedeckelt. Auch die Enterpise Edition (mit Storage-APIs und -VMotion, Distributed Resource Scheduler und Distributed Power Management) ist auf acht vCPUs beschränkt, sie kostet 2875 Dollar pro Socket. Das Ende der Fahnenstange ist schließlich bei der Enterprise Plus Edition (Distributed Switch, Auto Depoly, Storage DRS) für 3495 Dollar pro Sockel erreicht, die dann VirtualSMP mit 32 Wegen unterstützt.

Laut VMwares Marketing-Chef Bogomil Balkansky hat der durchschnittliche Kunde dieser Tage so 3 GB vRAM pro Virtueller Maschine konfiguriert. Die meisten dürften daher beim Umstieg von vSphere 4.x auf die 5.0 in puncto Lizenzierung kaum einen Unterschied feststellen. Klar ist aber, dass speziell diejenigen Anwender mehr zahlen müssen, die möglichst viele Cores in möglichst wenigen Sockets konsolidieren und gute VM-Leistung durch Zuweisung von viel virtuellem Arbeitsspeicher erzielen wollen.

Der "Register" macht dazu ein - zugegeben sehr theoretisches Rechenbeispiel - auf: Für ein dicken Acht-Wege-Xeon-E7-Server mit 80 Cores und 2 TB Hauptspeicher (in diesem Falle physikalisch = vRAM) würde man nach dem neuen Lizenzmodell 43 Enterprise-Plus-Lizenzen benötigen. Macht 150.285 Dollar statt zuvor 27.960, ein gewaltiger Unterschied. Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht. Die Lizenzen für virtuellen Speicher werden innerhalb von Editionen und über physikalische Maschinen hinweg gepooled - man könnte für eine Reihe von Servern mit vSphere 5 Enterprise Plus zum Beispiel 44 Lizenzen kaufen, diese über 22 Maschinen verteilen und damit auf einen virtuellen Speicher-Pool von knapp über 2 TB kommen. Würde ein Server dann plötzlich 1 TB Speicher benötigen und die anderen welchen übrighaben, könnte sich der ESXi 5.0 auf der bedürftigen Box diesen so lange "borgen", bis der speicherhungrige Workload abgearbeitet wäre.

In jedem Falle werden Kunden nun genauer und vorsichtiger planen müssen, mit was für physikalischen CPU- und Hauptspeicherkonfigurationen sie ihre virtuellen Server-Instanzen unterfüttern - insbesondere deswegen, weil VMware kein vRAM-Pooling über vSphere-Editions-Grenzen hinweg zulässt (logisch, sonst würde ja jeder nur die günstigsten Lizenzen kaufen, um sich möglichst viel virtuellen Arbeitsspeicher zu sichern).

Dass das neue Preismodell die Lizenzierung einfacher macht, darf jedenfalls bezweifelt werden. Einfacher wäre es sicher gewesen, VMware hätte den Preis für ESXi 5.0 auf 995 Dollar pro Socket plus einer Summe X für physikalischen Arbeitsspeicher festgesetzt und dazu eine Preisliste für die Aktivierung zusätzlicher Features ausgehängt. Aber so etwas ist dem Hersteller offensichtlich zu sehr à la carte.