VMware geht in die Offensive

15.09.2008
Auf der Jahrestagung VMworld propagierte VMware das "Virtual Data Center Operating System": Das gesamte Rechenzentrum samt Speicher und Netz werde zu einer einzigen virtualisierbaren Ressource.

Seit Microsoft und Citrix das Thema Virtualisierung intensiv vorantreiben, gerät VMware in seiner bisherigen Position als Marktführer in diesem Segment stark unter Druck. "Klotzen statt Kleckern" könnte deshalb auch der Auftritt des Herstellers auf seiner Anwenderkonferenz VMworld vom 15. bis 18. September in Las Vegas überschrieben gewesen sein. Mit neuen Funktionen will man weit über die Server-Virtualisierung hinaus in alle Ecken des Rechenzentrums hineingreifen. Die dazu benötigte Technik fasst VMware unter dem Begriff Virtual Data Center Operating System (VDC-OS) zusammen. Sie bezeichnet zunächst kein eigenständiges Produkt, sondern eine Reihe von Fähigkeiten, die im Rahmen von Updates der "Infrastructure-3"-Software und anderer VMware-Lösungen im kommenden Jahr ausgeliefert werden sollen.

Am Ende steht Cloud Computing

Ziel von VDC-OS sei es, sämtliche Hardwareelemente eines Rechenzentrums, also Server, Speichersysteme und Netzkomponenten, zu einer einzigen Ressource zusammenzufassen, erklärte VMware-Manager Bogomil Balkansky im Vorfeld der VMworld (die offizielle Ankündigung durch den neuen CEO Paul Maritz fand erst nach Redaktionsschluss statt). Aus diesem virtuellen "Großcomputer" soll sich Systemleistung den einzelnen Applikationen bedarfsgerecht zuweisen lassen. Am Ende stünde die Transformation des Rechenzentrums in eine flexible Cloud-Computing-Landschaft mittels Virtualisierung.

Auf die Techniken weist ein vorangestelltes "v" im Funktionsnamen hin. So zum Beispiel "vCloud", eine Initiative, die VMware unter anderem mit Service-Providern wie BT und T-Systems gestartet hat. Sie erlaubt den Export virtueller Maschinen inklusive der daran gekoppelten Policy-Informationen zum Beispiel auf die Server von Hosting-Providern. Dort würden sie sich gegebenenfalls auch mit weiteren Cloud-Ressourcen verbinden lassen. Insofern stellen die im Rahmen von vCloud entwickelten APIs eine Erweiterung der bisherigen VMotion-Technik dar, über die man virtuelle Maschinen während des Betriebs von einem physikalischen Server auf einen anderen verschieben kann. vCloud werde in kleinen Schritten und nicht mit geschäftskritischen Workloads starten, so Balkansky. Erstes Interesse an der Technik komme von einigen Großunternehmen.

Einfache Switch-Konfiguration

Das Netzsegment deckt VMware mit "vNetwork" ab: Anstatt für jeden Host-Computer einen individuellen Switch zu konfigurieren, soll das Feature die Möglichkeit bieten, einen einzigen virtuellen Switch für einen ganzen Pool virtualisierter Server einzurichten. Das Verfahren entwickelt VMware gemeinsam mit Cisco, es wird sich auch aus dessen Netz-Management-Tools heraus bedienen lassen. Ganz nebenbei könnte vNetwork zudem das Potenzial haben, Server- und Netzadministration wieder näher zusammenzubringen. Laut Chris Wolf, Analyst der Burton Group, hat die Virtualisierung eine Mauer zwischen beiden Gruppen geschaffen, da in einer virtuellen Umgebung gewisse Netzaspekte für den entsprechenden Administrator nicht sichtbar seien. Die neue VMware-Lösung werde es dem Netz-Management gestatten, ein virtuelles Netz ebenso zu verwalten wie ein reales.

Schließlich ist noch "vStorage" mit so genanntem Thin Provisioning für eine effizientere Speicherzuweisung geplant. Thin Provisioning meint dabei, dass einer virtuellen Maschine nicht mehr der für den Höchstbedarf benötigte physikalische Speicher, sondern ein kleineres Volume zugeordnet werden kann. Sobald dieses nicht mehr ausreicht, löst das System einen Alarm aus. Derartige Warnhinweise erscheinen nicht nur in "vCenter", einem Update der Management-Suite "Virtual Center". Auch die Speicherbranche hat über die von VMware bereitgestellten APIs die Möglichkeit, solche Events in ihren eigenen Verwaltungskonsolen darzustellen.

Angesichts einer derart weitreichenden Vereinnahmung des Rechenzentrums nehmen sich die übrigen Produktankündigungen der VMworld eher unspektakulär aus. Auf alltägliche Betriebsaufgaben ausgerichtet ist zum Beispiel "VMware Fault Tolerance", das Transaktionssicherheit auch bei einem Server-Ausfall gewährleisten soll. Über "VMware Data Recovery" kommt ein Basisprodukt für Backup- und Recovery-Routinen. Damit Applikationen besser skalieren, sollen sich weitere CPUs und zusätzlicher Arbeitsspeicher im laufenden Betrieb, also ohne System-Neustart, einer virtuellen Maschine zuordnen lassen. Ferner will man die Anzahl der von einer virtuellen Maschine nutzbaren Prozessoren und Arbeitsspeicher von bislang vier CPUs und 64 GB RAM auf acht CPUs und 256 GB RAM erhöhen. Schließlich soll es mit "vApp" noch ein Entwicklungs-Tool vorzugsweise für unabhängige Softwarehäuser und Großanwender geben. Damit lassen sich Applikationen erstellen, die aus einer Vielzahl virtueller Maschinen bestehen und bereits vorkonfiguriert sind. Sie folgen dem Open Virtual Machine Format (OVF), das auch Citrix unterstützt, so dass solche Pakete auf jedem OVF-kompatiblen Hypervisor laufen könnten.