Data-Warehouse/Kommentar

Vision und Realität

02.05.1997

Es ist nur zu Ihrem Besten", versichern die Kreditkartenanbietern, wenn sie dem verblüfften Kunden erkären, warum sie ein Profil seiner Lebensgewohnheiten erstellen. Sollen etwa vom Konto eines sparsamen und bekannt reisefaulen Karteninhabers große Beträge für Luxuseinkäufe in Singapur abgehoben werden, läßt sich beim Lesegerät der dortigen Läden ein Security-Check, eine Personenüberprüfung anordnen. Den Unternehmen gestatten wir, was wir dem Staat untersagen wollen. Dort wurde derartige Fürsorge unter der Bezeichung Rasterfahndung berüchtigt.

Marketiers in Banken, Versicherungen, Handelshäusern etc. beneiden die Kreditkarteninstitute um die Qualität ihrer Informationen, aus denen sich so punktgenaue Profile erarbeiten lassen. In den meisten Warehouse-Projekten ringen die DV-Spezialisten nämlich noch mit der Konsolidierung der vorhandenen Kundendaten, aus denen bestenfalls hervorgeht, wie häufig im Jahr das Autohaus Mayer neue Leuchtstoffröhren ordert und ob es die Rechnungen auch pünktlich zahlt. So richtig spannend wird ein Data-Warehouse aber erst, wenn der Anbieter die persönlichen Vorlieben eines Kaufentscheiders erfährt und daraus zum Beipiel schließen kann, wann dieser reif ist für einen japanischen Aktienfonds. Dafür gibt es zwei miteinander verwobene Methoden: den rechtlich hierzulande bedenklichen Zukauf externer Informationen (etwa von den Kreditkartenausgebern) und die Aufbereitung dieser Daten durch sogenanntes Data-Mining. Hinter diesem Schlagwort verbergen sich hochkomplexe logisch-mathematische Verfahren, die bislang kaum ein Unternehmen im Griff hat. Deshalb begnügen sich Data-Warehouse-Einsteiger vorerst meist damit, herauszufinden, wieviele Dübelsätze der Kategorie D in den verschiedenen Niederlassungen während der vergangenen Wintermonate verkauft wurden.