Wenn Endanwender die Datenbank "besetzen":

Virtuelle Sets lösen Kapazitätsprobleme

25.10.1985

Ist dem Endanwender der Zugriff auf Datenbanken erlaubt, macht sich bei DV-Experten vielfach Unbehagen breit. Sie befürchten Datenchaos und Rechnerüberlastung. Hierbei sollen virtuelle Sets als Bestandteil relationaler Datenbanken Abhilfe schaffen.

Wenn die DV-Abteilung sich zurückhaltend über die Einführung von Software für Endbenutzer äußert, steht dahinter weniger die Angst vor Kompetenzverlust oder gar die Befürchtung, überflüssig zu werden. Einem guten DV-Experten wird der von Datenverarbeitungskenntnissen ungetrübte Endbenutzer nicht so schnell das Wasser reichen können. Sein Wissen ist zweck- und nutzenorientiert und nicht so fundiert wie das des Profis.

Unbehagen bei DV-Leuten, und vor allem bei denen in Rechenzentren, aber macht sich bei der Vorstellung breit, daß diese neue Anwenderschar munter auf die Rechner zugreift und diese schlimmstenfalls "zumacht".

Wer sich seiner Sache nicht ganz sicher ist, tut eher zuviel des Guten als zuwenig. Ähnlich ergeht es dem frischgebackenen Endanwender: Er beansprucht mehr Rechnerleistung, als er tatsächlich braucht.

So trennt sich der Benutzer nicht von Daten und hat Angst, irgend etwas zu löschen. Auch läßt er im Zweifelsfall ein Programm lieber noch einmal laufen. Er produziert "Datenfriedhöfe", weil er gleiche Zahlen in unterschiedlicher Form ablegt, und verliert so den Überblick darüber, was Ausgangsdaten und was Zwischenergebnisse sind. Letztendlich werden Datenorganisationen und -aktualisierung deshalb entweder vernachlässigt, oder sie arten in Arbeit aus.

Virtuelle Sets als Bestandteil relationaler Datenbanken dagegen entschärfen den Kampf hinter den Kulissen um Rechnerleistung.

Der Vorteil virtueller Sets besteht für die DV-Abteilung darin, daß der Wildwuchs an Zwischenergebnissen nicht mehr in Form von Daten existent ist und diese somit nicht gespeichert und gepflegt werden müssen. Für den Endanwender entfällt die Pflege und Wartung der Verknüpfungsprogramme, da an diese Stelle das den Datenfluß eins zu eins abbildende Datennetz getreten ist. Er kann an jedem Knoten des Netzes mit seiner täglichen Arbeit ansetzen und für die ständig auf ihn zukommenden Sonderauswertungen neue Knoten knüpfen, ohne in komplexe Programmabläufe eingreifen zu müssen. Dabei braucht er sich keine Gedanken über die Datenkonsistenz zu machen, da über die Netztechnik immer auf die aktuellen Ausgangsdaten zugegriffen wird.

Der Endanwender findet durch diese Technik Zeit, aus den Daten die Information herauszusuchen, mit der er planen kann und die er analysieren will.

Soll also die Individuelle Datenverarbeitung einem Unternehmen eine bessere Informationsverarbeitung bescheren und der Endanwender Zugriff auf den Rechner erhalten, ist von vornherein eine relationale Datenbank mit virtuellen Sets einzuplanen. Denn IDV ist wenig beglückend, wenn der Endbenutzer die Platten "dichtmacht', dadurch selber in seiner Arbeit immer wieder unterbrochen wird und zu guter Letzt im Rechenzentrum Frust aufkommt, weil der Rechner "zu" ist.

Die DV braucht weniger Plattenplatz und Computer-Ressourcen. Der Verwaltungsaufwand von Dateien wird reduziert. Leichtere Datenpflege und bessere Datenkonsistenz ermöglichen Zeitersparnis sowie schnellere Realisierung der Anwendungen.

Das Information-Center beziehungsweise der Benutzerservice kann zwischen Dateien und Zwischenergebnissen unterscheiden. Daraus resultiert eine bessere Endanwender-Unterstützung, größere Transparenz, weniger Programme und weniger Fehlermöglichkeiten.

Der Endanwender spart Kosten weil ihm weniger Rechnerzeit belastet wird. Die Pflege seines Datennetzes kann ohne Risiko erfolgen. Ad-hoc-Auswertungen sind möglich, weil sich beliebig auf

Zwischenergebnisse zurückgreifen läßt.

Virtuelle Sets glätten die Wogeln die aufkommen, wenn wegen Rechnerüberlastung keiner mehr weiter kommt. Sie sollten deshalb von Anfang an in das Software-Konzept für eine Individuelle Datenverarbeitung miteinbezogen werden.

*Hermann Wenzel ist Leiter Technik und Beratung bei der Comshare AG Deutschland, Software und Service, in Köln.

Virtuelle Stets

Daten werden durch virtuelle Stets nicht physisch erkennbar gespeichert, sondern im Bedarfsfall durch eine logische Verknüpfung temporär erzeugt. Über eine Verkettung von vielen logischen Verknüpfungen werden Netzstrukturen in der Datenbank möglich, ohne daß realer Speicherplatz gebraucht wird. Vorteil für die DV-Abteilung: Zwischenergebnisse existieren nicht mehr in Form von Daten. Für den Endanwender entfällt die Pflege und Wartung der Verknüpfungsprogramme; an diese Stelle tritt das den Datenfluß eins zu eins abbildende Datennetz.