IBM verschmilzt Hard- und Software aus der Mainframe- und Midrange-Welt

Virtualisierung lastet Server besser aus

07.05.2004
MÜNCHEN (CW) - IBM hat nach drei Jahren Entwicklungsarbeit die "Virtualization Engine" präsentiert. Sie soll vor allen Dingen die Verwaltung von Servern und Speichern vereinfachen und die Geräte besser auslasten.

IBM hat die Marketing-Maschine für ihre Virtualization Engine (VE) angeworfen. Hinter dem noch vagen Begriff vereinen sich einige der hauseigenen Techniken, die zuvor in den Groß- und Mittelklasserechnern eingesetzt wurden und jetzt auch kleineren Servern zugute kommen sollen. Angereichert wird das Ganze durch diverse Werkzeuge aus den "Tivoli"- und "Websphere"-Programmpaketen.

Die wohl wichtigste Eigenschaft von VE ist die Möglichkeit der "Mikro-Partitionierung" von Unix- und Windows-Rechnern. Damit lässt sich eine CPU in bis zu zehn logische Prozessoren aufteilen. Ein Vier-Wege-Server kann demnach in bis zu 40 verschiedene Partitionen unterteilt werden. Diese Technik wird bei Mainframes schon seit Jahren angewandt, um die Lastenverteilung feiner zu steuern.

IBM will das in dreijähriger Arbeit entwickelte "Micro-Partitioning" für alle zukünftigen Server- und Speicherprodukte mit Power-5-Prozessoren anbieten. Die neuen Chips enthalten die Virtualisierungssoftware bereits im Mikrocode, so dass in den Servern kein separater Software-Layer eingezogen werden muss. Als erste kommen die neuen Mittelklasse-Maschinen "i5" der "I-Series" in den Genuss der Virtualization Engine, die IBM soeben vorgestellt hat (siehe Seite 10). Kunden in diesem Umfeld verstehen mit der Technik umzugehen, denn die einst als AS/400 vermarktete Rechnerreihe beherrscht bereits seit zwei Jahren die logische Unterteilung in bis zu zehn Linux- und vier OS/400-Partitionen.

Für die Modelle der "Bladecenter" und der x-Series mit Intel- oder AMD-Prozessoren greift Big Blue auf das Virtualisierungsprodukt der EMC-Tochter VMware zurück, das zunächst Windows und später auch Linux unterstützen wird. Microsoft will noch in diesem Jahr mit dem "Virtual Server 2004" ebenfalls ein Partitionierungsprodukt auf den Markt bringen. Diese Technik dürfte sich auf das Know-how von Connectix stützen, ein Unternehmen, das Microsoft im vergangenen Jahr übernommen hat.

IBM hat in der Virtualization Engine neben der Mikropartitionierung auch Dienste für die Verwaltung der Geräte und Werkzeuge zur Provisionierung untergebracht. "Für uns bedeutet Virtualisierung mehr als nur Partitionierung", erklärte Tim Dougherty, IBMs Director of Server Strategy der Systems and Technology Group. "Tatsächlich geht es darum, Möglichkeiten für eine einfachere Verwaltung der gesamten IT-Infrastruktur zu schaffen", rechtfertigt der Manager die zusätzlichen Komponenten. Einer der "Virtualization Engine Services" nennt sich "IBM Director Multiplatform". Er ermöglicht es einem Administrator, Server von IBM, HP und Sun sowie Cluster und Grids von einer Konsole aus zu überwachen und zu verwalten. Ein anderes VE-Tool ist eine Weiterentwicklung des "Workload Managers", der mit den Interfaces bestehender Workload Manager auf Maschinen unter z/OS, OS/400, AIX, Linux und Windows zusammenarbeitet. Damit soll auch die Lastverteilung zentral zu managen sein.

Weitere Features der VE sind die Provisionierungs-Tools, die mit der Übernahme von Think Dynamic zu IBM kamen und auch in die Tivoli-Suite eingearbeitet werden. Big Blues Websphere-Umgebung wird in der VE mit dem Globus Toolkit für Grid-Computing angereichert.

Analysten beurteilen IBMs Anstrengungen, die unterschiedlichen hauseigenen Hardware- und Softwaretechniken zu integrieren, als richtig. IBM gehe einen anderen Weg als Intel oder Microsoft, die entweder die Hard- oder Software verbessern. "In Zukunft liegt der Vorteil nicht im besseren Chip oder Betriebssystem, sondern im Management und der Kontrolle der Technik", beschreibt William Zeitler, Senior Vice President von Big Blues Computer Systems Group, die Strategie. (kk)

Bestandteile von IBMs Virtualization Engine

- Mikropartitionierung in Systemen mit IBM-Prozessoren (Power PC). Jede CPU lässt sich in bis zu zehn virtuelle Prozessoren aufteilen.

- Virtualization Engine Services: IBM Director Multiplatform für die Kontrolle und Verwaltung der IT-Umgebung von einer Konsole aus. Er akzeptiert Systeme von IBM und anderen Herstellern sowie Cluster und Grids.

- Enterprise Workload Management und Provisioning: optimieren die Nutzung der Ressourcen und vereinfachen die Verwaltung.

- Grid-Fähigkeit: für verteilte Systeme auf Basis der Open Grid Services Architecture und der Websphere-Technik.