Virtualisierung ist der Weg zur SOA

01.06.2006
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Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.
Auf der COMPUTERWOCHE-Fachkonferenz Storage Solutions wurden Wege zu serviceorientierten Speicherarchitekturen, Information-Lifecycle-Management und das Thema Outsourcing diskutiert.

Einig waren sich die Referenten darüber, dass bei einem durchschnittlichen jährlichen Datenwachstum von 40 bis 70 Prozent kaum ein Unternehmen mehr um eine geeignete Speicherstrategie herumkomme. Für die ungebremste Informationsflut lassen sich vielfältige Ursachen identifizieren, wobei nach Einschätzung des Analysten Norbert Deuschle von Deuschle Storage Business Consulting der maßgebliche Treiber technischer Natur ist: Seit der Vorstellung der ersten Festplatte vor 50 Jahren, IBMs "Ramac", ist die Flächendichte der Datenträger bis heute um das 50-Millionenfache gestiegen, und ein Ende dieser Entwicklung ist bei anhaltendem Preisverfall nicht abzusehen.

Der Preis für 1GB Festplattenkapazität lag 1973 bei 2,5 Millionen Euro und sank in der Zwischenzeit auf 50 Cent im Jahr 2006. Zudem wächst ein ursprünglich gesichertes Megabyte an Daten während seines Lebenszyklus im Schnitt auf 12 bis 15 MB an. Für Unternehmen laute daher, so der Analyst, beim Speicherthema die strategische Frage, wo die Daten anfallen und wie sie effizient zu verwalten sind.

Den Schlüssel für eine zukunftsfähige Speicherstrategie sieht Deuschle in einer Service-orientierten Infrastruktur. Gegenüber einer traditionellen Organisation zählen hier unter anderem variable Kosten, die Kombinationsmöglichkeit zwischen internen und externen Leistungen sowie eine bessere Anpassungsfähigkeit zu den Vorteilen.

Automatisierte Verwaltung

Der Weg zur einer Service-orientierten Architektur (SOA) im Bereich Storage beginnt beim automatisierten Speicher-Ressourcen-Management (ASRM): "Erst ein automatisiertes SRM ermöglicht die ökonomische Nutzung von Storage-Ressourcen, also eine verursachergerechte Kostenverrechnung, eine Verteilung auf Speicherklassen, eine benutzerbezogene Verbrauchsanalyse sowie Lösch- und Archivfunktionen", erläutert Deuschle.

Auf technischer Seite bildet die Speichervirtualisierung eine wichtige Voraussetzung, um IT-Infrastukturen flexibler und anpassungsfähiger zu gestalten. Heterogene Speicherumgebungen lassen sich damit auf logischer Ebene zusammenfassen und somit einfacher verwalten.

Laut Deuschle unterliegt Virtualisierung derzeit einem hohen Hype-Faktor, weshalb er interessierten Anwendern ausdrücklich empfiehlt, Storage-Virtualisierung als Werkzeug und als Teil einer Gesamtlösung zu betrachten. Noch fehlten Standards, Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit ließen manchmal zu wünschen übrig, und die Produkte bestimmter Hersteller seien zu komplex.

Positive Erfahrungen mit Speichervirtualisierung hat die Lufthansa Systems gemacht, wie deren Technical Consultant Hendrik Scheibe in seinem Vortrag darlegte. Als Dienstleister habe man mit der Komplexität heterogener Speichersysteme sowie der Inkompatibilität unter den verschiedenen Herstellern zu kämpfen: "Aus Sicht der Administration sind Snapshots und Spiegelungen zwischen den Systemen nicht möglich. Man steht dann vor der Alternative, entweder für viel Geld auf neue Systeme eines einzigen Herstellers zu migrieren oder eine Virtualisierungslösung einzuführen." Das Daten-Management der Lufthansa-Systems habe sich nach Einführung einer virtuellen Speicherlösung von Hitachi Data Systems (HDS) enorm vereinfacht, die Einsparungen im administrativen Bereich und bei den Lizenzkosten summierten sich auf insgesamt 40 Prozent.

Virtuelle Bandbibliotheken

Als Anwender berichtete Peter Schmidt von der Münchener Rückversicherung über die Vorteile einer virtuellen Bandbibliothek für die Datensicherung aller Systeme des Assekuranzkonzerns. Damit habe sich beispielsweise das Backup einer 120 GB großen Oracle-Datenbank von 4,2 auf 1,6 Stunden reduziert, das Zurückspielen der Daten verkürzte sich sogar von 11 auf 1,6 Stunden. Das Wiedereinspielen der Gesamtkonfiguration aller Unternehmensdaten habe sich auf 48 Stunden verringert.

Durchaus selbstkritisch beklagte Robert Thurnhofer von CA die Technologielastigkeit der Speicherbranche. Anstatt permanent neue Schlagworte zu bemühen, sollten sich die Anbieter auf ein standardisiertes Vokabular verständigen und sich darauf konzentrieren, was die Anwender brauchen.

Über die Erfolge einer E-Mail-Archivierung als ersten Schritt zum Information-Lifecycle-Management (ILM) berichtete IT-Leiter Dirk Rudolph vom Ingenieurs- und Planungsunternehmen Envi Con. Nach der Umstellung einer dezentralen Outlook-Umgebung auf Exchange sowie einem angeschlossenen Content-Management-System von Heilig & Schubert ließen sich die internen Prozesse verbessern und die Verwaltung des Systems vereinfachten. Auch die Datenmengen gingen dank der Migration drastisch zurück: Wuchs das E-Mail-Datenvolumen vorher monatlich um zehn bis 15 Prozent und erreichte im alten System am Ende 80 GB, so ließ sich die Datenbank am Mail-Server hinterher auf 10 GB verkleinern, im Archiv waren es lediglich 20 zusätzliche GB.

Fachkompetenz bleibt im Haus

Über das erfolgreiche Outsourcing der gesamten Speicherinfrastruktur bei der Dekabank sprach in einem Vortrag deren Gruppenleiter Integrationsservices Axel Schlüter. Vor allem die Umstellung von Fixkosten in variable Kosten habe sich als enormer Vorteil erwiesen, so Schlüter. Investitionen in Hard- und Software fallen nun praktisch völlig weg, und dank der Standardisierung der Serviceangebote in wenige, klar definierte "Speicherprodukte" seien auch die Betriebskosten deutlich gesunken. Schlüter wies allerdings auch auf mögliche Stolperfallen und Risiken beim Outsourcing hin. So sei weiterhin fundiertes internes Know-how notwendig, um mit dem Dienstleister kompetent kommunizieren und verhandeln zu können. Außerdem gelte es bei der Speicherauslagerung, genaue Vereinbarungen über die Migration im Fall eines Provider-Wechsels zu treffen. Andernfalls könne nach Ablauf des Sourcing-Vertrags oder bei einem wie auch immer motivierten Dienstleisterwechsel ein enormer Aufwand bei der Migration insbesondere von Langzeitarchiven anfallen. (kk)