Global Services stagnieren, Server brechen ein

Viertes Quartal lässt bei IBM einige Fragen offen

28.01.2000
MÜNCHEN (IDG/CW) - Ein mehr als unbefriedigendes viertes Quartal verhagelte IBM eine ansonsten fast makellose Jahresbilanz 1999. Nach Ansicht von Analysten spricht einiges dafür, dass sich Big Blue zunächst wieder auf eher durchwachsene Ergebnisse einstellen muss.

Die Zahlen sind schon enttäuschend, ihre Interpretation noch schlimmer. Und: Die "E-Business"-Company ist noch nicht aus den Startlöchern gekommen. Auf diese Aussagen lässt sich IBMs viertes Quartal zusammenfassen.

Die Bilanz des Branchenführers brach im Schlussquartal gegenüber dem Vorjahr um 3,8 Prozent von 25,13 auf 24,18 Milliarden Dollar ein, der Gewinn nach Steuern sank um elf Prozent von 2,34 auf 2,08 Milliarden Dollar. Da half es wenig, dass der Ertrag je Aktie mit 1,12 Dollar noch über den Prognosen der Wallstreet (1,06 Dollar) lag.

Schon im Oktober beziehungsweise Dezember vergangenen Jahres hatten die Armonker die Analysten wegen der angeblich das Geschäft bremsenden Jahr-2000-Problematik vorgewarnt - jetzt kam es knüppeldick. Die Hardwareeinahmen gingen in den letzten drei Monaten des Jahres 1999 im Vorjahresvergleich um zehn Prozent zurück.

Gewinne bei Großrechnern dramatisch rückläufigIn Teilbereichen wie dem Server- und Großrechnergeschäft wollen Insider von einem Einbruch von über 33 Prozent wissen, der Gewinn fiel hier sogar um 73 Prozent. Der PC-Bereich musste ein Umsatzminus von sieben Prozent hinnehmen. Gleichzeitig stagnierten die Einnahmen im Software- und Service-Business mit nur geringfügigen Zuwächsen von 1,7 beziehungsweise zwei Prozent.

Entsprechend "moderat" fällt auch die Bilanz für das gesamte Geschäftsjahr 1999 aus. Hier weist IBM einen Anstieg der Einnahmen gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent auf 87,55 Milliarden Dollar aus. Der Gewinn nach Steuern kletterte um ansehnliche 22 Prozent auf 7,69 (1998: 6,31) Milliarden Dollar oder 4,12 (3,38) Dollar je Aktie. Insgeheim hatten die IBM-Verantwortlichen dank eines lange Zeit halbwegs stabilen PC-Geschäfts sowie der vermeintlichen Renaissance der Mainframes wohl mit einem noch besseren Ergebnis gerechnet, doch das schlechte Schlussquartal machte diese Planspiele zunichte.

Wettbewerb bei Services nimmt deutlich zuOb das vierte Quartal wirklich nur der in den Gewinnwarnungen angekündigte Jahr-2000-bedingte Ausrutscher ist, ist indes fraglich. Sowohl IBM-Chef Louis Gerstner als auch Chief Financial Officer (CFO) John Joyce bemühten zwar in offiziellen Stellungnahmen die vielzitierte Investitionszurückhaltung der Kunden, doch diese könnte nur eine von mehreren Ursachen sein. Besonders alarmierend ist das schlechte Ergebnis der IBM Global Services. Viele Branchenkenner hatten hier mit einem weitaus stärkeren Umsatzzuwachs (die Prognosen bewegten sich bei rund 9,3 Milliarden Dollar) gerechnet. Die Luft im IT-Service-Markt ist, so die Einschätzung der Experten, deutlich dünner geworden. Nicht nur aufgrund von Wettbewerbern wie EDS, sondern zunehmend auch durch Beratungshäuser wie Arthur Andersen oder Internet-Agenturen à la US-Web und Razorfish, die sich auf das Thema E-Business stürzen. Der Eindruck, der dank einer aufwendigen Marketing-Kampagne der IBM teilweise aufgekommen war, Big Blue hätte diesen Markt schon weitgehend besetzt, ist aber offenbar falsch. CFO Joyce bestätigte zumindest indirekt diese Annahme, indem er erklärte, dass derzeit boomende Services wie etwa das Web-Hosting "den Umsatzrückgang in anderen Dienstleistungsbereichen bei weitem nicht kompensieren konnten". Für das erste und zweite Quartal 2000 stellte der IBM-Finanzchef deshalb vorsorglich eine "etwas flachere Ergebnis- und Umsatzentwicklung" in Aussicht.