Bildschirm-Workstation für das Büro der Zukunft:

Vielseitig wie eine Schreibmaschine

27.06.1980

MIAMI BEACH/FLORIDA - Standard-Bausteine des Büros von morgen werden "CRT-Workstations" - auf deutsch "Bildschirm-Arbeitsplätze" - sein, die die Vorteile von Minicomputern, Textsystemen und intelligenten Terminalls in sich vereinen. Diese These vertrat James R. Folts, Marketing-Vizepräsident der Syntrex Inc., auf der "Interface '80" in Miami Beach, Florida. Das Folts-Referat ist in der COMPUTERWORLD vom 19. Mai 1980 erschienen. Hier nun die deutsche Übersetzung.

Wir von der Syntrex Inc., haben viel Zeit aufgewandt, um mit Managern zahlreicher Industriezweige über ihre Ansichten im Zusammenhang mit der Büroautomatisierung zu sprechen. Bei diesen Interviews ergab sich ein bemerkenswertes Maß der Übereinstimmung. Einig waren sich die Manager vor allem über die dringende Notwendigkeit einer Automatisierung ihrer Büros, besonders angesichts der Tatsache, daß der Anteil der Büroangestellten an der Belegschaft der Betriebe immer mehr zunimmt.

Mit großer Sorge blicken sie auf die hohen Inflationsraten und sind geschlossen der Ansicht, daß etwas geschehen muß. Ihre Erfahrungen sagen ihnen, daß die Automatisierung der Bürotätigkeiten der einzige Weg ist, die Kosten-Eskalation unter Kontrolle zu halten. Die Manager lehnen andererseits aber auch eine Einstellung ab, diese sich in der Textverarbeitung auszubreiten beginnt, und die besagt, daß die Automatisierung eine Umorganisation voraussetzt. Die Manager sind sich durchaus über das empfindliche Gleichgewicht der zwischenmenschlichen Beziehungen im klaren, des eine erfolgreiche Büroorganisation ausmacht und sie lehnen daher auch die Einstellung der Technokraten ab, auf diese zwischenmenschlichen Beziehungen bei der Einführung der Automatisierung keine Rücksicht zu nehmen.

Was die Manager wollen

Was die Manager in ihren Büros wollen, ist kurz das: Automatisierungseinheiten, die sich in das bestehende Büromilieu eingliedern lassen. Sie wollen eine Büroautomatisierung, die den Funktionen nach paßt, die organisatorisch paßt, die physisch paßt und die wirtschaftlich paßt.

Um diesen Forderungen des Managements zu entsprechen, müssen die Hersteller von Büroautomatisierungs-Systemen eine neue Art von Bildschirmarbeitsplatz entwickeln. Diese neue Generation muß die Funktionsvielfalt der Minicomputer mit der Kompaktheit preiswerter Datenstationen, mit der Bedienerfreundlichkeit der besten Textsysteme und den Kommunikationsmöglichkeiten der besten intelligenten Terminals vereinen und das mit höherer Zuverlässigkeit und größerem Bedienungskomfort, als sie mit den heutigen Systemen geboten werden.

Die neue Generation von Bildschirmarbeitsplätzen, die wir kurz "Bürosysteme" nennen können, wird zum Grundbaustein des Büros von morgen werden. Das Bürosystem muß aber mehr sein als bloß ein Textsystem. Es muß eine hochentwickelte, dabei aber leicht zu benützende Dateiverwaltungseinrichtung enthalten, die über eine automatische Dateiabfrage und automatische Datei-lndexierung verfügen muß. Weiter muß Zugang zu modernen Bürohilfen bestehen, beispielsweise zu den Einrichtungen der elektronischen Postdienste und es muß eine Möglichkeit geben, ohne programmieren zu müssen, Probleme des Informationsmanagements zu lösen.

Diese Funktionsfülle verlangt einen 16-Bit-Computer, eine Speicherkapazität in der Größenordnung von Hunderten von Kilobytes, ein fortschrittliches Betriebssystem, moderne Anwendungsprogramme und eine hochentwickelte Kommunikations-Software.

Was aber am wichtigsten ist: Die Schnittstelle zu allen diesen Ressourcen muß einfach aufgebaut sein und vom Büropersonal, das keine Computerausbildung hat, verstanden werden.

Funktionscharakteristik des Bürosystems

Es empfiehlt sich, die Funktionscharakteristik des Bürosystems zu betrachten. Die funktionelle Eingliederung in das Büro setzt die Erfüllung einer einfachen, aber wichtigen Forderung voraus: Die Bildschirmstation soll so vielseitig sein wie eine Schreibmaschine und ein Stück Papier. Der Bediener soll in der Lage sein, mit Tastatur und Bildschirm genau dasselbe zu machen, wie mit der Schreibmaschine und einem Bogen Papier. Das verlangt aber Bildschirmfunktionen wie einfaches oder doppeltes Unterstreichen, das Schreiben von Indizes und hochgesetzten Zeichen, unterschiedliche Schriftdicke (mager oder fett) und die Darstellung von Formulareinteilungen, wie man sie gewöhnlich mit Bleistift und Lineal zeichnet.

Viele preiswerte Bildschirmterminals haben die Möglichkeit der Aufzeichnung von Linien, um Formulare auf dem Bildschirm aufrufen zu können. Das einzige Problem besteht nun darin, daß sie in der Regel nicht zur Duplizierung vorgedruckter Formulare verwendet werden können, weil die Linien die Positionen der Schriftzeichen einnehmen. Das steht im Gegensatz zu der Methode, wie Formulare entworfen werden. Man zieht dazu Linien zwischen den Positionen der Schriftzeichen. Bei den kommenden Bildschirmgeräten muß dieses Problem gelöst sein, da man sonst nicht in der Lage ist, Formulare einteilungsgerecht auf dem Bildschirm zu duplizieren.

Sehr wichtig ist auch, daß ein Merkmal vieler fortschrittlicher Büroschreibmaschinen - der Proportionalschritt - auf die Bildschirmgeräte übertragen wird. Die Schreibmaschine kann damit ausgerüstet sein. Ein Kunde, der sich mit Schreibmaschinen auskennt und Bildschirmarbeitsplätze eingerichtet haben möchte wird aber bald nach Systemen fragen, die über den Proportionalschritt verfügen.

Für Funktionen, die noch über die Leistung von Textsystemen hinausgehen, wird aber eine noch höhere Flexibilität und Vielseitigkeit der Bildschirmaufzeichnung verlangt. Howard Morgan, der Büroautomatisierungs-Experte der University of Pennsylvania, hat eine Reihe von Forschungsstudien gemacht, wonach Büroangestellte zu jedem gegebenen Zeitpunkt aktiv mit etwa acht verschiedenen Dokumenten auf dem Schreibtisch zu tun haben.

Bei dem Versuch, ein bildschirmorientiertes Bürosystem dem Arbeitsumfeld anzupassen, geht es vor allem um eine gewisse "Fenstereigenschaft" des Bildschirms, womit die Möglichkeit eines Blicks auf die Einzelheiten und Zusammenhänge der vorliegenden Arbeit gemeint ist. Die Bildschirmfläche wird dazu in einzelne Abschnitte eingeteilt, die unabhängig manipuliert werden können.

Die wichtigste Aufgabe des Bürosystemingenieurs ist die physische Einordnung aller dieser Möglichkeiten in das bestehende Büro. Unter physischer Einordnung ist ein geschickter Einbau des Bürosystems mit Bildschirm, Tastatur und Drucker in den Sekretariatsschreibtisch unter größtmöglichster Raumausnutzung gemeint. Bei den heutigen Mietpreisen von Büros in industriellen Ballungszentren ist der Aufwand an Bodenfläche, wie er für die meisten zur Zeit angebotenen Textsysteme erforderlich ist, einfach nicht mehr vertretbar.

Übersetzung: H. J. Hoelzgen, 7030 Böblingen