DACH-Umfrage zu MS Teams

Vielen Teams-Nutzern fehlt ein Governance-Konzept

05.07.2022
Von  und
Steffi Burgard ist freie Journalistin in Stuttgart.
Prof. Dr. Arno Hitzges ist Professor an der Hochschule der Medien Stuttgart.
Microsoft Teams wurde in den letzten zwei Jahren oft überstürzt eingeführt, um die Zusammenarbeit trotz Covid-19 und Home-Office aufrecht zu erhalten. Im Laufe der Zeit zeichnen sich nun erste Problemfelder ab.
Zu Pandemie-Zeiten ein wichtiges Tool, um die Produktivität trotz Home-Office & Co. zu sichern, droht Microsoft Teams insbesondere kleineren Firmen allmählich über den Kopf zu wachsen.
Zu Pandemie-Zeiten ein wichtiges Tool, um die Produktivität trotz Home-Office & Co. zu sichern, droht Microsoft Teams insbesondere kleineren Firmen allmählich über den Kopf zu wachsen.
Foto: DANIEL CONSTANTE - shutterstock.com

Bereits 2017 hat Microsoft die Plattform MS Teams als Weiterentwicklung von Skype for Business im Markt angekündigt, um mit dem bisherigen Platzhirsch Slack in Konkurrenz zu treten. Nach zunächst eher moderatem Wachstum, primär angetrieben durch den Einsatz in der Dienstleister- und Partnerszene, entwickelte sich die Kollaborationsplattform nach der Einführung einer kostenlosen Version im Juli 2018 zur am schnellsten wachsenden Business-Applikation der Microsoft-Geschichte. Bereits vor der Pandemie, im November 2019, zählte Microsoft mehr als 20 Millionen täglicher Benutzer, eine Zahl, die sich pandemiebedingt sehr schnell vervielfacht hat.

Teams bietet grundlegende Funktionalitäten in folgenden Bereichen:

  • Dokumentenmanagement: Bearbeitung und Ablage von Dokumenten, insbesondere in der Verbindung mit SharePoint und den Office-Produkten

  • Kommunikation: Videokonferenzen sowie Text- und Videochat

Darüber hinaus übernimmt Teams auch eine wichtige Funktion im Rollen- und Rechtemanagement einer Organisation durch die Bildung von Office-365-Gruppen. Durch die Bereitstellung von Teams-Kanälen kann die Lösung auch das Versenden von E-Mails reduzieren, beziehungsweise Verteilerlisten ersetzen.

Insgesamt ist der Funktionskatalog in den letzten Jahren sehr stark und dynamisch gewachsen. Fast wöchentlich sind neue Funktionen verfügbar. Dies führt aber auch zu der Notwendigkeit, ein klares Konzept für die Nutzung der vielfältigen Möglichkeiten in der Organisation zu entwickeln und die Anwender strukturiert in die Welt von Teams einzuführen.

Dass es daran häufig hapert, zeigt eine explorative Umfrage (kostenloser Download) zur aktuellen Situation bei der Einführung und Nutzung von MS Teams im DACH Raum, die die Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) in Person von Prof. Dr. Arno Hitzges durchgeführt hat. Unterstützt wurde die Studie von Valprovia, Communardo, BECHTLE, CollabStack und Fichter IT Consulting. Der Großteil der 132 Befragten (62 Prozent) hat MS Team erst mit der Corona-Pandemie oder kurz vorher benutzt. 39 Prozent der Unternehmen nutzten MS Teams bereits längere Zeit vor der Pandemie und haben mehr als zwei Jahre Erfahrung.

Tief ins Unternehmen integriert

Wie die nicht repräsentative Umfrage ergab, nutzen fast alle befragten Unternehmen MS Teams für Projektteams (89 Prozent) und Abteilungsteams (86 Prozent). Auch Orga-Teams sind häufig in den Unternehmen vertreten (64 Prozent). Jedes zweite Unternehmen unterhält zudem Management-Teams und Persönliche Teams (die von Mitarbeitern erstellt werden dürfen). Event-Teams und E-Learning-Gruppen werden dagegen von Unternehmen seltener in MS Teams verwendet. Somit erfüllt MS Teams den Zweck der Zusammenarbeit in Teams zur unterstützenden Projektarbeit.

Persönliche Teams, die frei von den Mitarbeitern erstellt werden dürfen, zeigen, dass Unternehmen den Beschäftigten eine selbständige Arbeitsweise und ein Stück Souveränität ermöglichen. Diese Unternehmen laufen damit aber auch Gefahr, einen Wildwuchs an Teams zu bekommen. Im Gegensatz dazu werden Projektteams nach gewissen Definitionen angelegt, wenn es um geregelte Abläufe oder Archivierbarkeit geht.

Auch die tatsächliche Größe der Projektteams, diese liegt im Schnitt bei sechs bis zehn Mitgliedern, korrespondiert nicht immer mit dem digitalen Abbild in Microsoft Teams: Knapp ein Drittel der Befragten hat weniger als fünf oder mehr als 15 Mitglieder, was eine effektive Zusammenarbeit behindern kann.

Noch nicht vollständig als Kollaborations-Tool verwendet

Eine deutliche Nutzung lässt sich bei den privaten Chat-Nachrichten sehen: 73 Prozent der Befragten gaben an, diese Funktion sehr oft oder häufig zu nutzen. Es ist außerdem in Hinblick auf die weltweite Pandemie nicht überraschend, dass vor allem die Videotelefonie bei MS Teams häufig beziehungsweise sehr oft verwendet wird (88 Prozent). Registerkarten respektive Apps werden dagegen von knapp 39 Prozent gar nicht oder selten genutzt. Ähnlich schlecht sieht es bei der Nutzung der Dateiablage (36 Prozent) und der gemeinsamen Dateinutzung (30 Prozent) aus. Diese Funktionalitäten, die MS Teams auszeichnen, laufen anscheinend unter dem Radar der Mitarbeiter oder die Unternehmen haben diese Funktionalitäten eingeschränkt.

Vielfältige Probleme

Die Probleme, die Anwender mit MS Teams haben, sind vielfältig und treten überraschend häufig auf. Als führendes Problem nannte mehr als ein Drittel der Befragten Probleme bei der Zusammenarbeit mit Externen. Hier scheint es also seitens Microsoft noch Handlungsbedarf zu geben. Außerdem müssen 28 Prozent der Mitarbeiter lange nach abgelegten oder geteilten Dokumenten suchen, was darauf hindeutet, dass die Struktur innerhalb der Teams fehlt, bzw. jedes Team unterschiedlich aufgebaut ist. Ähnlich viele Nutzer übersehen häufig Nachrichten - vermutlich, weil die Nutzung der Kommunikationskanäle im Unternehmen nicht einheitlich festgelegt ist und viele Anwender (26 Prozent) nicht immer wissen, welcher Nachrichtenkanal für welche Information am besten geeignet ist.

Je nach Unternehmensgröße fallen die Probleme mit Microsoft Teams unterschiedlich aus.
Je nach Unternehmensgröße fallen die Probleme mit Microsoft Teams unterschiedlich aus.
Foto: Stuttgarter Sharepoint-Forum

Knapp ein Viertel der Umfrageteilnehmer beklagte außerdem, keinen Überblick über ihre Teams zu haben, zudem empfänden sie den Aufbau der unterschiedlichen Gruppen als verwirrend. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn 22 Prozent der Befragten können nach eigenem Bekunden nicht beurteilen, welche Teams gelöscht werden können. Die Anlage von doppelten Teams ist dagegen nur bei jedem Zehnten ein Problem.

Kleinere Firmen, kleinere Teams-Probleme

Bringt man die geschilderten Probleme mit der Unternehmensgröße in Verbindung, scheint der Umgang mit Teams in kleineren Organisationen mit weniger als 250 Mitarbeitenden nicht in gleichem Maße problembehaftet. So ist die Schwierigkeit im Umgang mit Externen bei kleinen Organisationen um zehn Prozentpunkte niedriger als in Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern. Auch die Frage nach dem richtigen Nachrichtenkanal oder die Angst, dass verschickte Nachrichten untergehen, sind deutlich geringer.

Teams-Life-Cycle und Dokumentenmanagement klarer regeln

In zwei Bereichen jedoch scheinen die etwas strikteren Regulierungsbemühungen von Großunternehmen deutliche Vorteile zu bringen. So haben gerade mal elf Prozent der Anwender in Großunternehmen Sorge, dass der Löschvorgang von Teams unklar sein könnte. In kleineren Unternehmen sind immerhin 19 Prozent der Meinung, sie könnten nicht beurteilen, ob Teams gelöscht werden können oder nicht.

Andererseits haben Großunternehmen die Nase beim Informations- und Dokumentenmanagement vorne. Das Problem, dass lange nach Dokumenten gesucht werden muss, welches in Kleinunternehmen immerhin 23 Prozent der Anwender beschäftigt, spielt in Großunternehmen keine nennenswerte Rolle. Das kann natürlich auch an der Verfügbarkeit und Konfiguration von guten Enterprise-Search-Anwendungen (wie z.B. der SharePoint-Suche) liegen.

Das Problem, keinen Überblick über die Teams-Gruppen zu haben, scheint hingegen mehr ein Problem bei den Konzernen zu sein (32 Prozent vs. 15 Prozent). Die externe Zusammenarbeit ist bei beiden Gruppen auf Platz 1.

Verwaltung häufig Fehlanzeige

Aufgrund des großen Wachstums von Teams in der Kundenbasis von Microsoft ist mittlerweile ein umfangreicher Markt für Governance Tools entstanden. Diese kommen vornehmlich aus den USA und bedienen zunächst vor allem US-amerikanische Anforderungen. Europa und insbesondere der DACH-Raum haben durch die schärferen Datenschutzrichtlinien und die betriebliche Mitbestimmung noch einmal deutlich anspruchsvollere funktionale Anforderungen an Verwaltungswerkzeuge für Teams. Dazu gehören insbesondere auch Anforderungen zum Hosting der Governance-Lösung sowie die Verfügbarkeit von deutschsprachigen Partnern und Dienstleistern.

Bislang setzen nur wenige Unternehmen Governance-Tools zur Verwaltung ihrer Teams-Struktur ein.
Bislang setzen nur wenige Unternehmen Governance-Tools zur Verwaltung ihrer Teams-Struktur ein.
Foto: Stuttgarter Sharepoint-Forum

Erschwerend kommt hinzu, dass sich Governance-Lösungen natürlich erst ab einer bestimmten Anzahl von Teams lohnen. In der Umfrage liegt die Anzahl der Teams im Unternehmen bei 56 Prozent der Teilnehmer unter 200 Teams und ist damit an der Grenze dessen, was uns manuell verwaltbar erscheint. Ein kleiner Teil mit sieben Prozent scheint in der Mitte bei 201 bis 500 Teams angesiedelt zu sein. Bei 37 Prozent der Unternehmen gibt es mehr als 500 Teams. Auffällig ist hier die hohe Anzahl bei mehr als 1000 Teams.

Es steht zu vermuten, dass Unternehmen, die keinen System-Support für die Verwaltung nutzen, einen hohen Verwaltungsaufwand in der IT haben. Alternativ ist denkbar, dass sich die Unternehmen noch nicht so stark mit der Verwaltung auseinandergesetzt haben, beziehungsweise noch keine Verwaltungsprobleme erkennen können. Dies könnte an den noch jungen oder auch ungeplanten "Einführungsprozessen" während der Pandemie liegen.

Fakt ist, dass in der Umfrage nur 14 Prozent der Befragten angaben, dass ihr Unternehmen ein Governance Tool verwendet. Das könnte daran liegen, dass ein Governance Tool mit zusätzlichen Kosten verbunden ist und viele Unternehmen nicht bereit sind noch mehr Geld auszugeben. In 11 Prozent der Unternehmen wurde extra Zeit und Arbeit investiert, um mithilfe von PowerShell Verwaltungsaspekte zu organisieren.

Ein ähnliches Bild zeigt die Frage nach Nutzungsberichten. Fast 70 Prozent haben noch nie einen Nutzungsbericht erstellt und analysiert, das heißt, sie haben keinen Überblick über bestehende Teams und wissen dementsprechend auch nicht, ob Handlungsbedarf in der Verwaltung besteht.

Governance tut Not

Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich, dass derzeit viele Unternehmen noch kein klares Governance-Konzept für das Management von MS Teams haben. Es fehlen noch Vorstellungen zum Life-Cycle-Management und klare Regeln für die Erstellung oder Löschung von nicht mehr benötigten Teams. Es fehlen darüber hinaus die Bereitstellung von Vorlagen, um eine klare Informationsarchitektur zu unterstützen. Selbst wenn viele Unternehmen erst MS Teams eingeführt haben: Die Uhr tickt. Neben der damit verbundenen zunehmenden Unübersichtlichkeit der Plattformen und dem wachsenden Aufwand der Anwender für das Suchen und Ablegen von Dokumenten steigt auch der Aufwand für die Verwaltung der Plattform in der IT.

Es gilt, die Balance zwischen Regulierung und Freiheit zu finden, um MS Teams zu einem Erfolgsprojekt zu machen. Die Administration kann durch automatisierte Prozesse vereinfacht werden und der Aufwand deutlich minimiert werden. Der Markt bietet dazu bereits einige hilfreiche Tools und Lösungen, welche aber noch zu wenig genutzt werden oder den Administratoren noch gänzlich unbekannt sind. (mb)