Datenschutz zweitrangig?

Viele Unternehmen werden die Fristen der EU-DSGVO nicht einhalten können

29.05.2017
Die meisten deutschen Unternehmen werden die neuen EU-Datenschutzbestimmungen noch nicht umgesetzt haben, wenn sie im Mai 2018 in Kraft treten. Viele haben zu spät mit der Umsetzung angefangen, manche messen den regulativen Erfordernissen zudem generell keine allzu große Bedeutung bei.

Das Beratungshaus Carmao hat über 300 Vorstände und Geschäftsführer befragt und festgestellt: Die Details zur EU-Datenschutz- Grundverordnung (EU-DSGVO), die vom 25. Mai 2018 an gültig sein wird, sind überwiegend bekannt. In fast zwei Drittel der Fälle liegen hinreichende Kenntnisse zu den Konsequenzen zukünftiger Verstöße gegen den Datenschutz vor, lediglich sieben Prozent der Manager geben an, dass sie damit nicht richtig vertraut sind.

Insofern wäre davon auszugehen, dass sich die Firmen um eine fristgerechte Umsetzung der datenrechtlichen Anforderungen bemühen. Tatsächlich scheinen es aber die meisten nicht eilig damit zu haben. Lediglich jeder zehnte Topmanager erwartet, dass die unternehmenseigene Datenschutzorganisation den Ansprüchen der EU-DSGVO bis Ende dieses Jahres und damit schon deutlich vor der Frist gerecht werden kann. Bis zum 25. Mai 2018 wird aber nach den Bekenntnissen der Befragten nur ein weiteres Drittel den Anforderungen genügen. Also nehmen 57 Prozent der Unternehmen in Kauf, sich für eine gewisse Zeit auf datenschutzrechtlich unsicherem Boden zu bewegen. Fast jeder fünfte Firmenchef gibt sogar an, erst 2019 oder später die Pflichten der EU-DSGVO ausreichend erfüllen zu können.

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Unternehmen reagieren spät auf EU-DSGVO
Unternehmen reagieren spät auf EU-DSGVO
Foto: Carmao

Als Gründe für die Verzögerungen geben 44 Prozent an, zu spät mit den Umstellungsmaßnahmen begonnen zu haben. Der verspätete Start hat seine Ursachen offenbar darin, dass viele Anwender der europäischen Datenschutzverordnung keine hohe strategische Bedeutung beimessen. Bei fast einem Drittel der Befragten standen andere Investitionsprioritäten höher auf der Agenda. Neben einem unterschätzten Aufwand (41 Prozent) fehlt es vielen Unternehmen auch an den nötigen fachlichen Ressourcen (35 Prozent).

So richtig ernst scheint die EU-DSGVO noch nicht genommen zu werden.
So richtig ernst scheint die EU-DSGVO noch nicht genommen zu werden.
Foto: Carmao

Zu alldem kommt noch ein weiterer Verspätungsgrund, der einiges über die grundsätzliche Einstellung der Unternehmen zu Thema Datenschutz verrät: 38 Prozent geben in der Befragung als Verzögerungsgrund an, dass sie noch nicht einmal die rechtlichen Verpflichtungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) erfüllt haben. Carmao-Geschäftsführer Ulrich Heun stellt fest: "Damit sind die Ausgangsbedingungen deutlich schlechter, was in der Konsequenz eine viel aufwändigere Projektierung bewirkt." (hv)