The Game Cartel

Videospielprojekt lässt User Entwickler spielen

22.06.2009
Von pte pte
Der US-Videospielpublisher Roundhouse Interactive will mit einer kreativen neuen Idee für frischen Wind in der Entwicklerszene sorgen: Die Nutzer sollen in Vorleistung gehen.

Wie Mike Montanaro, Präsident der Spieleschmiede Roundhouse, in einem aktuellen "Cnet"-Interview ankündigt, wird die nächste Game-Produktion aus eigenem Hause, die derzeit unter dem Codenamen "The Game Cartel" geführt wird, auf das sogenannte "Crowdsourcing"-Konzept setzen, das beispielsweise auch bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia zum Einsatz kommt. Im Zuge dieses Ansatzes, der in seinem Kern auf dem kollektiven Wissen der breiten Masse basiert, soll den Nutzern die Möglichkeit geboten werden, selbst aktiv an dem Prozess der Spieleentwicklung teilzunehmen. So ist die Etablierung einer eigenen Community geplant, die maximal 100.000 Mitglieder umfasst und zu jedem Zeitpunkt des Entwicklungsprozesses nahezu alle wesentlichen Aspekte des Spielprojektes in Eigenregie bestimmen kann. Der Publisher selbst will sich dabei im Hintergrund halten und lediglich die grundlegende Richtung für die Spieleentwicklung vorgeben.

"Wir werden den Community-Mitgliedern zunächst eine Reihe von Ideen vorschlagen. Im Sinne eines demokratischen Wahlsystems haben sie dann die Möglichkeit, zu entscheiden, in welche Richtung sich das Spiel weiter entwickeln soll", erklärt Montanaro. Dieses Abstimmungsprinzip werde so gut wie bei allen Fragen zum Zug kommen, die im Rahmen einer Spieleproduktion von Bedeutung sind. Von der Wahl des Titels bis hin zu Plattform, Genre, Storyline, Spielbarkeit und Art der Steuerung seien alle Bereiche betroffen. "Wir werden die Konsumenten nur in unterstützender Form durch den gesamten Entwicklungsprozess begleiten", betont Montanaro. Nachdem die Mehrheit der Community sich aus fünf bis acht Vorschlägen ihren Favoriten ausgesucht habe, werde der nächste Punkt zur Diskussion gestellt. "Auf diese Weise schaffen wir letztendlich ein Spiel, das rein auf den Wünschen der Nutzer basiert und geben dem Durchschnitts-Gamer einen Einblick hinter die Kulissen einer Spieleproduktion", ergänzt Montanaro.

"Dass die Spieler im Rahmen dieses Projekts ein besseres Bewusstsein dafür entwickeln können, was eine Spieleproduktion überhaupt bedeutet, ist sicherlich ein prinzipiell sinnvolles Ziel. Auch für das Sammeln von kreativen Ideen ist der Crowdsourcing-Ansatz hilfreich. Was den kommerziellen Erfolg dieses Projekts betrifft, bin ich aber dennoch eher skeptisch", meint Hans Solar, Lehrgangsleiter am Wiener Games College, auf Anfrage von pressetext. Schließlich sei die Produktion eines Videospiels heute eine ungemein professionelle Angelegenheit, die eines Höchstmaßes an entsprechendem Know-how und Erfahrung bedürfe. "Hinzu kommt der Umstand, dass das Vorantreiben eines derartigen Projekts nach einem schlanken und effektiven Entwicklerteam verlangt, dessen Erfolg stark vom Zusammenspiel aller Beteiligten abhängt. Eine ausschließliche Kommunikation über das Internet ist in diesem Zusammenhang sicher nicht ausreichend", fasst Solar zusammen.

Genauso kreativ wie der Produktionsansatz ist auch das Geschäftsmodell des Roundhouse-Interactive-Videospielprojekts. Laut Montanaro müssen nämlich Interessierte bereits im Vorfeld einen Betrag von 50 Dollar zahlen, um als Teilnehmer akzeptiert zu werden. Als Gegenleistung erhalten sie dann eine Kopie des fertigen Spiels und die Berechtigung zur Stimmabgabe in der "Game Cartel"-Community. Diejenigen Mitglieder, die sich im Rahmen des Entwicklungsprozesses besonders ausgiebig engagieren, sollen sich zudem auch eine Erwähnung in den Game Credits des Titels verdienen können. "Nachdem die Nutzer zu dem Zeitpunkt der Bezahlung keinerlei Ahnung davon haben, welche Art von Produkt als Endergebnis der Entwicklung herauskommt, ist diese Finanzierungsstrategie eher kritisch zu sehen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich hierbei lediglich um einen plumpen Abzockversuch handelt", so Solar abschließend. (pte)