Deutscher Markt für Enterprise Content Management

Verwirrung im ECM-Markt

24.09.2008
Von 


Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.

Der härteste Markt der Welt

Eine Konsolidierung auf Anbieterseite, wie sie derzeit beispielsweise der Softwaremarkt für Business Intelligence erlebt, ist trotz mancher kleiner Übernahmen im letzten Jahr nicht erfolgt -zumindest nicht unter den Generalisten. Zwar finden sich hierzulande die großen, international aufgestellten Hersteller IBM/Filenet, EMC/Documentum und Open Text, doch sind diese trotz vermehrter Anstrengungen (zumindest von IBM) bisher nicht zu einer mächtigen Konkurrenz für die stark auf den Mittelstand und Branchen ausgerichteten lokalen Anbieter geworden. So sagt man den hiesigen Anbietern nach, dass sie dank ihrer größeren Kundennähe und besserer Reaktionsfähigkeit eher davon profitieren, wenn die Großen die ECM-Trommel rühren. Laut dem Verband Organisations- und Informationssysteme (VOI) bieten derzeit über 50 Hersteller im deutschsprachigen Raum umfangreiche Dokumenten-Management-Systeme an, die sich teilweise funktional durchaus mit den Branchenriesen messen können (siehe auch die VOI-Marktübersicht zu Dokumenten-Management in Deutschland). Manche Analysten rechnen damit, dass in den nächsten Jahren sogar weitere Anbieter auf den hiesigen Markt drängen. Schon heute dürfte der deutsche Markt der wettbewerbsintensivste der Welt sein, so Zöller.

Kundenwünsche steigen

Jenseits der Definitionen und Umsatzschätzungen geben sich die Anbieter hierzulande optimistisch, wie zuletzt die Branchenmesse DMS Expo in Köln und Umfragen des VOI zeigten. Und tatsächlich profitiert der ECM-Markt seit längerem von einer Reihe von Entwicklungen: die wachsende Dokumentenflut und mit ihr steigende Verwaltungs- und Personalkosten, Compliance-Anforderungen in Bezug auf eine revisionssichere Archivierung und Dokumentation sowie der Wunsch nach einer stärkeren Automatisierung und Prozessorientierung bei der Dokumentenverarbeitung sind nur einige davon (Lesen Sie auch den Ratgeber zum Thema E-Mail-Archivierung). Zugleich beginnen derzeit Anwender mit einer Vielzahl an Content-Systemen ihre Anwendungslandschaft zu bereinigen, berichtet Zöller. Ziel sei eine Migration der reinen Archivsysteme zu Komplettlösungen, die unterschiedliche fachliche Anforderungen abdecken können, inklusive Postkorb/Workflow, Aktenverwaltung, Microsoft Office, File-System- und Mail-Archivierung, Portalintegration etc.

ECM wird Teil der Infrastruktur

Viele Unternehmen rechnen ECM-Produkte heute zum festen Bestandteil ihrer IT-Infrastruktur, da sich ohne diese Systeme die ehemals analogen und digitalen Dokumente und Unterlagen nicht mehr ordnungsgemäß verwalten lassen. "Immer mehr Firmen sehen ein, dass die traditionelle Ablage und Recherche allein keine signifikante Verbesserung der Unternehmenssituation ermöglicht", bringt es Martin Böhn, Analyst beim Business Application Research Center (Barc) in Würzburg, auf den Punkt. Zugleich steigen die Anforderungen der Firmen an die Produkte und Anbieter, was den Entwicklungsaufwand in die Höhe treibt (Lesen Sie auch den Ratgeber zur Auswahl von ECM-Systemen). So wünschen sie sich Lösungen für die automatische Dokumentenklassifikation, elektronische Formularanwendungen, die Einbindung in Portalumgebungen und Wissens-Management-Lösungen, automatisierte Abläufe (Dunkelverarbeitung, Workflow) sowie eine tiefere Integration der ECM-Lösung in die heterogene Anwendungslandschaft.