Vertriebsmitarbeiter sind sehr begehrt, aber: Fuer klassischen Boxenschieber laeutet bald das Sterbegloeckchen

15.09.1995

MUENCHEN (CW) - Die Vertriebsexperten gehoerten in den ersten sieben Monaten dieses Jahres zu den begehrtesten Kraeften auf dem DV- Stellenmarkt. Nach der juengsten Auswertung des Hamburger EMC- Medienservices im Auftrag der COMPUTERWOCHE richtete sich fast ein Viertel (22,5 Prozent) aller DV-Stellenanzeigen an Verkaeufer.

Die EMC-Analysen aus 33 Tageszeitungen haben zwei Branchen ausgemacht, fuer die der Verkauf besonders wichtig scheint. Von allen vertriebsorientierten Positionen betrug der Anteil fuer DV- Beratungs-, Software- und Systemhaeuser 52 Prozent, der fuer die Computer- und Elektronikindustrie 34 Prozent.

Neben diesen Loewenanteilen nehmen sich der Computerhandel mit knapp sechs Prozent und der Vertrieb im Telekommunikationsbereich mit annaehernd drei Prozent eher bescheiden aus, zeigen jedoch wichtige Trends auf, weil der Vertrieb dieser beiden Branchen im Vergleichszeitraum des Vorjahres statistisch noch nicht relevant war.

"Ich bin ueberzeugt, dass im Vertrieb ein Strukturwandel stattgefunden hat. Die ueberwiegende Zahl der gesuchten Leute sind nicht mehr die klassischen Verkaeufer und Berater, sondern vertrieblich orientierte Fachleute sowie soft- und hardwaretechnische Supporter", meint Juergen Tilz, Bereichsleiter des SAP-Competence Center der Origin Hamburg GmbH. Der Origin- Manager glaubt, dass Standardsoftware komplexer wird und sich Bestandteile anderer Softwaresysteme integrieren lassen.

Es gelte, unterschiedliche Hard- und Softwarekomponenten zu einem optimalen Wirksystem zu vereinen. Hierin bestehe die wichtigste Aufgabe der Systemhaeuser. "Haeuser, die diese Systemintegrationsfunktion anbieten, werden aus meiner Sicht stark wachsen", meint Tilz.

Es muesse sich jedoch ein erheblicher Teil der Stammbelegschaft vertrieblich umorientieren. Benoetigt wuerden technisch versierte Spezialisten, die nicht aus der reinen Vertriebswelt kommen, sondern Fachleute, die zudem in der Lage seien, als Berater aufzutreten.

Wie wichtig der Mix von Fach- und Berater-Know-how ist, zeigt sich nach Tilz' Auffassung am Beispiel SAP. Da das R/2-Beratungsvolumen entgegen urspruenglicher Prognosen ebenfalls groesser geworden sei, benoetigten die Systemintegratoren einen "Beratertyp, der beides - R/3 und R/2 - beherrscht".

Die EMC-Untersuchung ergab auch, dass der groesste Bedarf an Mitarbeitern im Innendienst (41 Prozent) besteht. Fuer den Aussendienst waren etwa 33 Prozent, fuer Kundendienst und Support 21 Prozent und fuer Marketing fuenf Prozent ausgeschrieben. Auf den ersten Blick ist die Zweidrittel-"Innenorientierung" ueberraschend - nicht jedoch fuer Tilz:

"Wir benoetigen heute einen viel staerkeren Back-office-Bereich im Vergleich zu frueher." Das hinge damit zusammen, dass es heute Funktionen gebe, die frueher nicht existierten, zum Beispiel im Support.

Insgesamt wuchs laut EMC die Anzahl der DV-Inserate in den ersten sieben Monaten dieses Jahres gegenueber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um etwa 33 Prozent. Am meisten profitierten die Informatiker (plus 94 Prozent) die Ingenieure (plus 70 Prozent) und die Betriebswirte (plus 60 Prozent) von dieser Entwicklung.