Vertriebsanwendung: Java statt Browser

22.05.2007
Von Herrmann Ballé

Gewichtiges Hilfesystem

Um den Agenten optimal im Vertriebsgespräch zu unterstützen, können zu allen Fachthemen so genannte Infopool-Seiten aufgerufen werden, die der Erläuterung von Versicherungsthemen oder zur Sensibilisierung für Risiken dienen. Das Eclipse-eigene Hilfesystem konnte dabei nur teilweise genutzt werden, da für Anzeige und Suche von Inhalten ein eigener Applikations-Server lokal installiert sein muss. Dies kam aufgrund des damit verbundenen Ressourcenverbrauchs und möglicher Konflikte mit lokalen Sicherheitseinstellungen, etwa in Personal Firewalls, nicht in Frage.

Versicherungsanwendung "Go for you".
Versicherungsanwendung "Go for you".

Stattdessen konnte die Pflege der Inhalte an den Fachbereich delegiert werden, der mit Hilfe des im Konzern eingesetzten Web-Content-Management-Systems HTML-Seiten erzeugt. Diese werden täglich vom System in die Entwicklungsumgebung übertragen und in den automatischen Build-Prozess übernommen. Die Anzeige in Go for you erfolgt über den in einer eigenen Perspektive eingebundenen Browser, so dass auch Medien wie Grafiken, Dateianhänge und Flash-Filme angeboten darstellbar sind. Über eine einfache Referenztabelle, mit der ein technischer Schlüssel auf eine URL abgebildet wird, stehen kontextsensitiv Informationen zur Verfügung. Sie lassen sich wahlweise über Info-Buttons oder auch mit Hilfe von Tastaturbefehlen aufrufen.

Visualisierung von Versicherungsdaten

Die in der Beratung gewonnenen Ergebnisse werden mit Go for you grafisch und textlich aufgearbeitet und können dem Kunden als PDF präsentiert werden. Hierzu wurden mit Hilfe des Eclipse Graphical Editing Framework (GEF) grafische und teilweise auch interaktive Elemente integriert, um beispielsweise Versorgungslücken zu visualisieren. Dazu erstellt es alle Grafiken als skalierbare Vektorgrafiken (SVG), die bei geringer Dateigröße auch im Druck eine sehr gute Qualität bieten. Der Export nach PDF bewerkstelligt eine eigene, auf drei Klassenbibliotheken beruhende Lösung.

Rich Server gefragt

Auch wenn das Projekt seine Ziele erreicht hat, bleibt für die Zukunft noch einiges zu tun. So ist neben dem fachlichen Thema Vermögensaufbau geplant, die Anwendung auch für weitere Vertriebskanäle nutzbar zu machen. Um Komponenten jedoch auch in einem reinen Online-Szenario nutzen zu können, muss die gegenwärtige Entwicklung unter dem Schlagwort Rich Server Platform genau beobachtet werden. Durch die im Rahmen von Equinox geplante Bereitstellung eines OSGI-Containers auf dem Application-Server soll ermöglicht werden, Plugins auch auf dem Server einzusetzen und so Funktionen sowohl in Offline- als auch in Online-Szenarien zu verwenden. Die bisherigen Erfahrungen mit Eclipse lassen hier ebenfalls einiges erwarten. (ws)

Eclipse Rich Client Platform

Eclipse wurde ursprünglich von IBM als Programmierumgebung entwickelt und im Jahr 2001 an das gleichnamige Open-Source-Projekt übergeben. Über 120 Softwarehersteller unterstützen Eclipse als kommerzielle Sponsoren, darunter Branchengrößen wie SAP, Oracle, Bea, Macromedia und natürlich IBM. Sie nutzen die Plattform in ihren eigenen Produkten und tragen zu ihrer Weiterentwicklung bei. Im Rahmen der Community arbeiten aktuell neun Top-Level-Projekte, neben dem Kernprodukt beispielsweise auch "Web Tools" oder "Business Intelligence and Reporting Tools" (Birt).

Bis Version 2.1 war das Designziel von Eclipse ausschließlich, eine performante und leicht erweiterbare Entwicklungsumgebung auf Basis von Java zu schaffen. Diese Anforderungen führten zu einem strikt komponentenorientierten Programmiermodell, welches vorsieht, dass eine schlanke Laufzeitumgebung als erweiterbarer Anwendungskern fungiert. Alle Funktionalitäten setzen in Form von in sich abgeschlossenen Komponenten – so genannten Plug-ins - auf diesem Kern auf.

Seit Erscheinen der Version 2.1 war die Entwicklergemeinde bestrebt, das Komponentenmodell von Eclipse auch für eigene Applikationen zu nutzen. So kam es mit Version 3 durch ein umfangreiches Redesign zur Grundlage dessen, was heute als Eclipse Rich Client Platform (RCP) bezeichnet wird. Seitdem verfügt Eclipse über Programmierschnittstellen, die es ermöglichen, die Laufzeitumgebung nach eigenem Bedarf zu nutzen und zu erweitern. Neben dem als Equinox bezeichneten Kern, einer Implementierung der OSGi R4 Specification, beinhaltet RCP Komponenten für Suche, Hilfe und Update.

Die Oberfläche von RCP-Anwendungen wird mit dem Standard Widget Toolkit (SWT) und JFace geschrieben. Dabei werden User-Interface-Elemente und Controls des Betriebssystems verwendet. Dies hat neben einer im Vergleich zu Swing besseren Performance auch den Vorteil, dass sich die Anwendung an das Aussehen des jeweiligen Betriebssystems anpasst.