Blockchain könnte Lizenzbetrug verhindern

Vertrauen im Gebrauchtsoftware-Markt

29.09.2019
Von  , Frank Bartels und Daud Zulfacar
Dr. Thomas Mohr ist Professor für Digitalisierung und strategisches Management an der Hochschule für angewandtes Management. Daneben ist er Executive Advisor, Speaker, Autor und vor allem leidenschaftlicher Unternehmer.
Beim Verkauf gebrauchter Software-Lizenzen herrscht nicht immer Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Die Blockchain könnte Abhilfe schaffen.
Die Blockchain könnte den Handel mit gebrauchter Software sicherer, transparenter und vor allem durchgängig nachvollziehbar machen.
Die Blockchain könnte den Handel mit gebrauchter Software sicherer, transparenter und vor allem durchgängig nachvollziehbar machen.
Foto: 3Dsculptor - shutterstock.com

Jedes Jahr gibt es alleine in Deutschland über 20.000 Insolvenzen. Wichtige aber oftmals unterschätzte Werte bei einer solchen Insolvenz sind die Softwarelizenzen des insolventen Unternehmens. Nicht selten führt das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen allerdingts dazu, dass Softwarelizenzen im Rahmen einer Insolvenz überhaupt nicht veräußert werden.

Vor allem aber herrscht beim Verkauf nur selten Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Die Blockchain könnte hier Abhilfe schaffen und ganz nebenbei sogar die elementaren Standards im Softwarehandel beziehungsweise in der Softwarelizensierung neu definieren.

So funktioniert der Handel mit Gebrauchtsoftware

Trotz der mitunter riesigen Werte lohnt sich der Verkauf von Gebrauchtsoftware in den meisten Fällen schlichtweg nicht. Um zu verstehen warum das so ist, muss man zunächst den prozessualen Ablauf eines Insolvenzverfahrens analysieren.
Wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet wird zunächst der Insolvenzverwalter bestellt und dieser beauftragt eine Verwertungsgesellschaft mit der Erstellung eines Wertgutachtens für die Vermögenswerte des insolventen Unternehmens.

Im Wertgutachten werden natürlich auch die Softwarelizenzen aufgeführt. Allerdings werden hier die Werte oftmals massiv unterschätzt. Das liegt vor allem im intransparenten Bewertungs-Mechanismus. Ausserdem ist die Software meistens bereits abgeschrieben (in der Regel nach etwa drei bis fünf Jahren). Das heißt: hier schlummern große Werte im Unternehmen, denen keiner große Beachtung schenkt.

Die Verwertungsgesellschaften verkaufen diese nur selten, die Gründe dafür sind vielfältig. Vor allem liegt es an der oft viel zu niedrigen Bewertung dieser Assets und zum anderen an oft zu aufwändigen und völlig intransparenten Vermarktungsprozessen – vor allem in Relation zu den veranschlagten Werten.

In den Wertgutachten wird der Wert der Software bezogen auf den möglichen Verkaufswert bilanziell ausgewiesen. Hier findet sich oftmals eine solide "0" als Bewertung. Der Grund ist, dass Wertgutachter nicht wissen ob und wie Sie die ausgewiesenen Softwarelizenzen legal veräußern können und zu welchem Preis. Dies liegt nicht zuletzt auch an komplizierten Lizenzbestimmungen seitens der Hersteller.

Hier lohnt sich ein genauerer Blick auf den Ablauf bei einer solchen Bewertung.

Preisfindung ist oft sehr kompliziert

Zur Bewertung der Software werden in der Praxis zunächst Angebote von verschiedenen Softwarehändlern eingeholt. Die Validierung der Qualität beziehungsweise der Garantien des Angebots sind hier in der Regel nicht gegeben. Hier liegt schon der erste Systemfehler vor: es gibt keine klare Trennung zwischen Bewerter und Käufer der Software.

Dies führt oftmals zu "gefühlten" Preisangeboten ohne objektive Bewertungsmechanismen im Hintergrund oder einen Ausweis wie das Angebot zustande kam. Die fehlende Nachvollziehbarkeit kann zum echten Problem werden. Bietet Gebrauchtsoftwarehändler A beispielsweise EUR 500.000 für die gesamte Software, die er nachweisen konnte und erhält den Zuschlag, dann könnte er im Nachgang sagen, dass nach Prüfung der Unterlagen die Rechteketten für viele Produkte nicht vollständig nachgewiesen werden konnten und die Software nur EUR 100.000 wert sei.

Das heißt, das ursprüngliche Angebot in Höhe von EUR 500.000 war nur ein Lockangebot (euphemistisch eine "Preisindikation") und weder der Insolvenzverwalter, noch die Verwertungsgesellschaft kann das letztlich genau nachprüfen. Die Gründe liegen vor allem auch an den komplexen Lizenzbestimmungen der Hersteller.

Ein weiteres Problem: die Käufer können heute erst nachträglich prüfen, ob die Lizenzen "sauber" sind und müssen auf die Aussage des Händlers vertrauen, dass sie im Falle eines Software-Audits, also der Lizenzprüfung durch den Softwarehersteller, auch ordentlich lizenziert sind. So tauchen auch immer wieder zweifelhafte Bestände auf, wie jüngst rund 30.000 gebrauchte Microsoft-Office-Lizenzen, deren Rechtmäßigkeit laut Experten zumindest zweifelhaft ist.