Pro Unternehmen eine einzige relationale Sicht:

Verteilte DBMS läuten neues SW- Zeitalter ein

13.06.1986

LONDON(kul) - Einen entscheidenden Durchbruch im Bereich der DB-Technologie versprechen sich weite Kreise der DV-lndustrie von den verteilten Datenbanken. Zu diesem Thema nahm jetzt die Relational Technology International Limited (RTI) in London Stellung.

Der grundlegende Unterschied zwischen der verteilten DB-Technologie und konventionellen Systemen liegt nach Ansicht von Peter Madams, technischer Direktor von RTI, vor allem darin, daß dieses neue Konzept einem Unternehmen eine einzige relationale Sicht aller Daten, die in einem Rechnernetz abgelegt sind, bereitstellt.

Arbeit mit gemeinsamen Daten wird erleichtert

Für verteilte DB-Applikationen, so Madams weiter, gebe es inzwischen eine Reihe von typischen Einsatzbereichen. Den wohl wichtigsten stelle die Konsolidierung von geografisch verteilten Daten dar. So könnten beispielsweise die verschiedenen Geschäftsstellen eines Großunternehmens Personalcomputer oder kleine Minis zur Verwaltung ihrer Verkaufsdaten verwenden. Gleichzeitig aber müsse die Unternehmenszentrale die Möglichkeit eines Simultanzugriffs auf die Rechner in den Außenstellen haben, um einen Überblick über die verschiedenen Verkaufszahlen zu gewinnen.

Ferner machen sich die Softwerker von RTI für den Einsatz einer verteilten Datenbank stark, wenn die verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens mit gemeinsamen Daten arbeiten müssen. Als beispielhaft nennen sie die Situation, daß Buchhaltung und Produktion gleichermaßen auf Informationen darüber zugreifen müssen, welche Ersatzteile verfügbar sind und wie die Kostensituation aussieht.

Mit zunehmender Unternehmensgröße, so Peter Madams, wächst jedoch die Wahrscheinlichkeit, daß in den einzelnen Abteilungen verschiedene Hard- und Software zum Einsatz kommt, um den individuellen Bedürfnissen der Benutzer entgegenzukommen. Die gemeinsame Datenhaltung werde deshalb immer schwieriger.

Müssen gar zwischen zwei verschiedenen Unternehmen Daten ausgetauscht werden, so ergibt sich logischerweise ein noch komplexeres Bild. Für Automobilkonzerne oder Unternehmen der Luftfahrtindustrie besteht zum Beispiel oft die Notwendigkeit, Informationen über Materialrechnungen und Produktionspläne mit ihren Vertragspartnern auszutauschen. Fragen der Datensicherheit sowie die Inkompatibilität der verschiedenen DV-Umgebungen kommen hier voll zum Tragen.

Als effektive Methode für Unternehmen, deren Abteilungen einen sehr eng verzahnten Informationsbedarf haben, bietet sich die verteilte Datenverarbeitung an. Solche Organisationen können mit Hilfe der verteilten Datenbanktechnik die Hardwareressourcen voll nutzen, ohne daß die User sich um Fragen der verteilten Datenhaltung kümmern müssen. Es besteht die Möglichkeit, den Benutzern Maschinenressourcen zuzuweisen, die auf der primären Lokation basieren. Der transparente Zugriff auf das verteilte DB-System erlaubt diesen Anwendern den Zugriff auf alle potentiell benötigten Daten unabhängig von ihrer physischen Lokation.

Der kontinuierliche Zugriff in einer verteilten Datenbank soll den Datenzugriff dahingehend verbessern, daß Kopien der Daten auf verschiedenen Maschinen für den Fall eines Systemversagens abgelegt sind. Um die Produktivität der Benutzer zu gewährleisten, muß die Datenreplikation automatisiert werden.

Die Quintessenz des Konzepts verteilter DB-Systeme - so der Standpunkt von Relational Technology - läßt sich in einem einzigen Schlüsselwort zusammenfassen: Transparenz. Um einen wirklich sinnvollen Einsatz zu erlauben, müsse diese Forderung für die vier Ebenen Lokation, Replikation, Transaktion und System realisiert sein.

In diesem Zusammenhang bedeutet Lokationstransparenz für Relational Technology, daß sich der Benutzer nicht darum kümmern muß, wo seine Datenbankdateien abgelegt sind. Eine Relokation der Daten sei also für eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten willkürlich möglich. Damit soll eine Vereinfachung der Programmierung bewirkt werden.

Kopien der Dateien sind stets am richtigen Platz

Mit der Replikationstransparenz zielt Relational Technology darauf, daß in einer verteilten Datenbank die Kopien der Dateien dort abgelegt sind, wo sie am häufigsten benötigt werden. Zusätzlich können Kopien von Daten, die an verschiedenen Knoten des Netzwerks gespeichert sind, dafür sorgen, daß die Anwendungen besser verfügbar sind. Ist also an einem Punkt des Netzwerks der Zugriff zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht möglich, so können die anderen Benutzer trotzdem weiterarbeiten, weil ihnen eine Kopie der Daten zur Verfügung steht. Die Synchronisation der Dateikopien wird automatisch vom verteilten DBMS besorgt.

Das Stichwort "Transaktions-Transparenz" spielt darauf an, daß das verteilte DBMS automatisch Datei-Updates synchronisiert, die an verschiedenen Orten abgelegt sind. Damit soll gewährleistet werden, daß die Datenbankkonsistenz von den verschiedenen Updates nicht beeinträchtigt wird und daß die Benutzer gleichzeitig auf die verteilte Datenbank zugreifen können.

User müssen sich nicht um System-Eigenheiten kümmern

Unter dem Stichwort "SystemTransparenz" schließlich möchte Relational Technology das Ziel verstanden wissen, daß der Benutzer sich nicht um Eigenheiten der Hard- und Software sowie der Netzwerkprotokolle kümmern muß.

Resümiert Nic Birtles, Vice President International Operations bei RTI: "Die verteilte Datenbanktechnologie ist wohl eine der wichtigsten Softwareentwicklungen der späten achtziger Jahre. Damit kommt ihr etwa derselbe Stellenwert zu, wie ihn die relationalen Systeme zu Beginn dieser Dekade verbuchen konnten".

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