Amerikaner und Briten installieren neue Bürosysteme im Sicherheitsbereich:

Verteidiger holen sich Unix ins Ministerium

13.01.1989

LONDON/WASHINGTON (bi) - Gleich zweimal wurden jetzt bei stark sicherheitsorientierten öffentlichen Ausschreibungen Unix-basierte Bürokommunikationssysteme erste Sieger. Allen Unkenrufen über mangelnde Sicherheit zum Trotz fiel sowohl im britischen als auch im US-Verteidigungsministerium die Entscheidung auf das "offene" Betriebssystem.

Beide Ausschreibungen liefen über Fristen länger als ein Jahr. Nach 16 Monaten konnte sich in Großbritannien ICL stolz auf dem Siegertreppchen präsentieren; in den USA übertraf das Systemhaus Contel Federal Systems "um Haaresbreite" das Angebot der Xerox Corp., die nach eigenen Aussagen über ein Jahr an

dem Angebot für den 80-Millionen-Dollar-Auftrag gearbeitet hatte. Contel will sein Netz für das Office of the Secretary of Defence (OSD) ausschließlich mit Sun-386i-Workstations unter dem Betriebssystem Unix konfigurieren.

Wie die Deutsche Sun-Niederlassung in München erklärte, ist Sun mit abhörsicheren Tempest-Installationen auch auf Glasfaserbasis bereits im US-Verteidigungssektor vertreten. Zur Sicherheit des Betriebssystems erläuterte Geschäftsführer Helmut Krings, daß es die Kriterien der Klasse C-2 nach den Sicherheitsstufen des National Computer Center der National Security Agency erfülle, "mehr nicht". Die Stufe C legt fest, daß jeder Anwender nur soviel zu wissen bekommt, wie er für seine Arbeit braucht; dazu kommt die Fähigkeit des Systems, alle Zugriffe zu protokollieren.

Wie sicher, das heißt: endgültig, indes die Entscheidung der Amerikaner ist, steht dahin. Die Xerox-Mannschaft, die-wie IDG berichtete- offenbar noch in letzter Minute und dieses buchstäblich "um Inches" den definitiven Zuschlag verfehlte, hat gegen die Entscheidung der Engineering Installation Division of the Air Force Communications Command Protest eingelegt, mit welcher Aussicht auf Erfolg bleibt dahingestellt.

Scheinbar geht es "nur" um Gerätedimensionen im Inch-Bereich. Erstaunlicherweise spielt in dem Bericht aus Washington das Thema Software keine besondere Rolle. Allerdings ist von einem Pflichtenheft mit 900 Anforderungen und darüber hinaus noch weiteren optionalen Kriterien die Rede. Jedenfalls sind jetzt die beiden Angebote für das "Hochsicherheits-LAN" im Pentagon eine Sache von allgemeinem Interesse. Xerox hatte sein Angebot nicht wie die Contel Federal Systems auf eine Monokultur (Sun) abgestellt, sondern auf Produkte von zwanzig unterschiedlichen Herstellern, darunter Digital Equipment, Epson America und QMS Inc.; 60 Software-Pakete sollten eingesetzt werden.

Weiter gediehen sind die Briten mit ihrer Entscheidung. Sie ist definitiv. Ein Konsortium, genannt Topix (Trusted Office Partnership), erhielt den Auftrag, im Rahmen des mehrere Millionen englische Pfund umfassenden Projekts "Chots" (Corporate Headquarters Office Technology System) die Effizienz der Kommunikationssysteme im britischen Verteidigungsministerium zu verbessern und für einen beschleunigten und sicherenInformationsaustausch zu sorgen.

Dafür wurde ein "hochsicheres" Büroautomationssystem für alle Dienststellen des Ministeriums entwickelt und installiert. Geplant sind 12000 Terminals für die Anwendungen: E-Mail, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbankabfragen. Zu den Spezifikationen der Ausschreibung gehörten die Unabhängigkeit von jedweder spezieller Hardware-Architektur, Unix als basierendes Betriebssystem und ein bisher in Bürosystemen nicht erreichtes Niveau an Sicherheit.

Hauptvertragspartner des Topix-Gremiums ist ICL, ferner sind Bicc Data Networks, Coopers & Lybrand Associates, Data Logic und Hewlett-Packard beteiligt. ICL liefert die eine Hälfte der geforderten sicheren Unix-Systeme, die andere Hälfte kommt von HP. Beide gemeinsam arbeiten an einer Unix-Version, die die Sicherheitsanforderungen der Verteidiger erfüllen soll. Für die Koordinierung der Entwicklungsarbeiten ist im Rahmen der Normenwerke X/Open und Posix die Data Logic zuständig. Das geplante Glasfaser-Netzwerk basiert auf dem System Hiway von Bicc.