Open Compute

Versetzt Facebook dem kommerziellen Server-Markt den Todesstoß?

18.01.2013
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Bei dem ganzen Medienrummel um die "Suche im Social Graph" ist eine andere Ankündigung von Facebook ziemlich untergegangen.

Dabei könnte die für die IT-Welt viel bedeutsamer sein. Es geht um das Facebook-Projekt "Open Compute", einen Versuch, Design und Bau von Servern grundlegend zu verändern. Open Compute verhält sich zu kommerzieller Server-Hardware im Prinzip so wie Open Source zu kommerzieller Software - es lässt die Nutzer entwerfen, was sie brauchen.

Das von Facebook angestoßene Open Compute Project (OCP) hat einen neuartigen Server entwickelt, der im Bau und Betrieb weniger kostet. Er benötigt weniger Material und lässt sich deswegen auch später leichter und kostengünstiger entsorgen.

In der jüngsten Generation, die in dieser Woche beim OCP Summit IV vorgestellt wurde, ist der OCP-Server zu einer Art Baukasten geworden, bei der IT-Abteilungen sich genau die benötigten Komponenten (bis herunter zur CPU) aussuchen und diese einfach zusammenstecken können. Über den neuen Steckplatz "Group Hug" kann man dabei sogar ein eigene Motherboards kreieren.

Das stehe im krassen Gegensatz zum Design herkömmlicher kommerzieller Server, erläutert der OCP-Leiter Frank Frankovsky in einem Blogeintrag, wo die CPU untrennbar mit dem Motherboard verbunden sei, das wiederum von speziellen Netztechniken abhänge und so weiter.

Mit dem Baukastenprinzip bekommen ITler mithin Server nach Wunsch, die weniger kosten, schneller laufen und sich "grüner" betreiben lassen als traditionelle Systeme. Nach Einschätzung von Stacey Higginbotham für "GigaOM" versetzen Facebook und Open Compute damit dem 55 Milliarden Dollar schweren kommerziellen Server-Markt den Todesstoß.

Die Chip-Hersteller Intel, AMD und Applied Micro wollen "Group-Hug"-Boards ebenso unterstützen wie Calxeda, das seinerseits bereits die traditionelle Server-Welt mit Prozessoren auf Basis der bislang vor allem in der mobilen Welt dominierenden Designs von ARM aufzumischen versucht.

Intel geht bei seiner Unterstützung von OCP sogar ganz besonders weit und stellt dem Projekt seine Lichtleiter-Technik "Silicon Photonics" zur Verfügung. Darüber lassen sich Daten viel schneller (mit bis zu 100 Gigabit pro Sekunde) übertragen als über Kupferleitungen - da müssen die Chips dann gar nicht mehr auf dem Motherboard selbst sitzen, sondern lassen sich irgendwo ins Rack stecken.

Angesichts dessen verwundert es einerseits wenig und andererseits doch sehr, dass sich immer mehr Anwender wie Hersteller für Open Compute begeistern: Dem Projekt sind gerade mehr als ein Dutzend neue Mitglieder beigetreten, darunter Applied Micro, ARM, EMC, Fusion-io, Hitachi oder Sandisk. Insgesamt sind laut Frankovsky bereits um die 50 Unternehmen mit von der Partie.

Für klassische Server-Bauer wie IBM, Hewlett-Packard oder Dell muss OCP freilich keineswegs den Untergang bedeuten - es entzieht ihnen zwar die Kontrolle über das Design, könnte ihnen aber gleichzeitig neue Märkte erschließen. Weswegen HP und Dell den Stier bei den Hörnern packen und bei dem Projekt mitmachen.