Arbeitsmarkt

Vernichtet die Cloud Arbeitsplätze?

16.02.2012
Von 
Dietmar Müller ist freier Journalist in München.

Auch neue Tätigkeitsfelder

Cloud Computing werde bis zum Jahr 2025 für massives Beschäftigungspotenzial sorgen. Langfristig über die Jahre 2020 bis 2025 hinaus dürfte die Beschäftigung in der IKT-Industrie durch die zunehmende Industrialisierung der IT jedoch leicht rückläufig sein, so PAC und die Studien-Mitautoren.

Dieser Trend veranlasste den Analysten Andreas Zilch von der Experton Group zu einer Schrift, die er "Der Untergang der klassischen Software-Industrie 2012-2017" nannte. Der Grund dafür sei - natürlich, die These ist mittlerweile allgemein anerkannt - die zunehmende Ausbreitung des Cloud-Paradigmas: Aus "Software" wird langfristig "Service". Dies führe, so Zilch analog zu seinen Zunftkollegen, zunächst zu einer positiven Beschäftigungsentwicklung.

Der Analyst geht näher auf die Gründe ein: Zum einen seien in Anbieterunternehmen erhebliche Investitionen notwendig, um die Software zu modernisieren und "SaaS-ready" zu machen - das sei gerade in der jüngsten Vergangenheit oft unterschätzt worden. Diese heute schon sichtbaren Entwicklungen würden in den nächsten fünf bis zehn Jahren den Markt und die Anbieterlandschaft stark verändern. Neue Wettbewerber kommen hinzu, einige Softwareanbieter schaffen die Transformation, andere wiederum verschwinden in der Bedeutungslosigkeit.

Karin Henkel, Sapientia: "Cloud Computing ist alter Wein in neuen Schläuchen."
Karin Henkel, Sapientia: "Cloud Computing ist alter Wein in neuen Schläuchen."
Foto: Sapientia

Zu den Experten, die ein Minus unter die Rechnung setzen, zählt dagegen Karin Henkel, Chefin der Sapientia GmbH und Senior Research Director bei Strategy Partners International: "Cloud Computing ist eigentlich alter Wein in neuen Schläuchen - früher nannte man das ASP, SaaS und Hosting. Die Auswirkungen sind immer die gleichen. Jede zentrale Verwaltung von Ressourcen braucht weniger Administration und damit weniger Arbeitsplätze. Das heißt, langfristig werden Jobs verloren gehen." Allerdings, und da stimmt sie mit den Beraterkollegen überein, "werden auch neue Fachgebiete erschaffen, so dass es da auch neue Tätigkeitsfelder gibt und damit eventuell zusätzliche Arbeitsplätze".

Formularbürokratie stirbt aus

Thomas Sprenger, Pironet: "Cloud Computing killt Jobs - aber die langweiligen."
Thomas Sprenger, Pironet: "Cloud Computing killt Jobs - aber die langweiligen."
Foto: Pironet NDH

Noch deutlicher hat es Thomas Sprenger formuliert, Sprecher des deutschen Cloud-Anbieters Pironet NDH: "Cloud Computing killt tatsächlich Jobs - aber die langweiligen." Er verweist auf Gunter Dueck, ehemaliger Vordenker der IBM Deutschland GmbH und einer der Präsidenten der Gesellschaft für Informatik (GI): "Folgt man der Argumentation von Dueck, werden Cloud Computing und der Technologiedrift, den es repräsentiert, Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Allerdings nicht nur beziehungsweise weniger in der IT."

Mit der Zusammenlegung und Standardisierung von IT-Ressourcen ließen sich viele Dienstleistungsprozesse automatisieren. So könnten weite Teile der "Formularbürokratie als Jobgarant für Hunderttausende" zu einem Gutteil verschwinden, denn in der Datenverwaltung seien Computer nun einmal schneller und vor allem kostengünstiger als menschliche Sachbearbeiter.

Während also in der IT-Branche die Nachfrage nach Cloud-Experten in naher Zukunft kaum befriedigt werden könne, so Sprenger, "würde ich mir als Finanzbeamter, als Versicherungsreferent oder als Mitarbeiter einer Krankenkasse mehr Sorgen machen denn als IT-Experte im Unternehmen". Es ist demnach der klassische Sachbearbeiter, der dank Cloud Computing um seinen Arbeitsplatz fürchten muss. Aber diese Prognose gibt es schon seit der Erfindung des Computers.