Verkauf von Zenith steht nicht zur Diskussion Bull-Chef Pache will sich fuer Erhalt des Konzerns einsetzen Von CW-Mitarbeiter Lorenz Winter

11.06.1993

PARIS - In einem zweiminuetigen dramatischen Appell ueber das hausinterne Videonetz rief der Vorstandsvorsitzender des Pariser Computerfabrikanten Groupe Bull, Bernard Pache, die Mitarbeiter auf, Ruhe zu bewahren und sich nicht von den "widerspruechlichen Geruechten" der Vorwochen verwirren zu lassen.

Pache nahm damit Bezug auf die Aufforderung des Pariser Industrieministers Gerard Longuet, ihm bis Mitte Juli einen radikalen Sanierungsplan fuer das Unternehmen vorzulegen, das in den drei Vorjahren insgesamt fast 4,5 Milliarden Verluste einfuhr (siehe CW Nr. 21 vom 21. Mai 1993, Seite 64: "Neuer industriepolitischer Kurs beschert Bull Probleme"). Dies war in der Oeffentlichkeit vielfach auch als Wink zum Verkauf defizitaerer Sparten des Konzerns wie zum Beispiel seiner PC-Tochter Zenith Data Systems (ZDS) verstanden worden.

Longuets Buero liess inzwischen zwar wissen, dass seitens des Ministeriums eine "Demontage" von Bull nicht beabsichtigt sei. Doch vermochte diese Zusicherung die Sorgen der Beschaeftigten offenbar nicht zu zerstreuen.

Um das Unternehmen aus dem endlosen Kreislauf von Verlusten und neuen Kapitalnachschuessen des staatlichen Hauptaktionaers herauszufuehren, denkt die Regierung jetzt offenbar eher an eine Begrenzung der kostspieligen Rolle von Bull als "global Player" - das Unternehmen haelt derzeit Platz 13 auf der Liste der weltgroessten DV-Hersteller. Bestimmte Produktlinien lassen sich nach Auffassung Longuets ohne Schaden fuer den Gesamtkonzern einstellen und ebenso geographische Zonen kuenftig nicht mehr bedienen.

Waehrend der Videoansprache nannte Pache zwar keine Einzelheiten des von ihm erwarteten Reformplans fuer Bull. Schon auf der diesjaehrigen

Bilanzpressekonferenz hatte er aber unmissverstaendlich erklaert, dass insbesondere die Aufgabe der PC-Aktivitaeten fuer ihn "nicht zur Diskussion" stehe. Auf jeden Fall will das Management den neuen Sozialplan verabschieden, in dessen Rahmen sechs bis sieben Prozent der Beschaeftigten in Frankreich - also rund 1000 Mitarbeiter - vorzeitig in den Ruhestand geschickt werden sollen.