Übernehmen statt entwickeln

Veritas drängt zum Utility Computing

16.01.2004
MÜNCHEN (CW) - Der US-amerikanische Softwareanbieter Veritas übernimmt die kalifornische Firma Ejasent für 59 Millionen Dollar in bar. Von der Transaktion verspricht sich der Konzern einen kompletten Auftritt im Bereich des Utility Computing.

Um das Trendthema Utility Computing kommt gegenwärtig kaum ein bedeutender IT-Anbieter herum: Mit dem Konzept sollen DV-Verantwortliche in die Lage versetzt werden, ihre Ressourcen flexibel und bedarfsgerecht an die Geschäftsprozesse anzupassen sowie ihre Leistungen als Services zur Verfügung zu stellen. Das klingt grundsätzlich gut, doch es dauert nach Einschätzung von Analysten noch Jahre, bis komplette Infrastrukturen nicht nur auf dem Papier zur Verfügung stehen. Basis des Ansatzes bilden Management-Tools für Geräte und Programme, wie sie etwa Veritas, aber auch Ejasent anbieten.

Digitaler Schieberegler

Für 59 Millionen Dollar in bar kauft Veritas nun die privat geführte Firma, die mit zuletzt rund 20 Mitarbeitern diverse Werkzeuge für die IT-Ressourcenkontrolle entwickelte. Darüber hinaus hat Ejasent ein Programm namens "Upscale" für Solaris-Rechner im Portfolio, das Anwendungen im laufenden Betrieb von einem zum anderen Server "verschieben" kann. Braucht eine Applikation kurzzeitig mehr Ressourcen, können ihr diese automatisch zugewiesen werden. Neben der Solaris-Version sollen noch weitere Varianten, darunter etwa für Linux, folgen.

Mit der Akquisition rundet Veritas sein Portfolio ab, dessen Grundstein vor genau einem Jahr durch die Übernahmen von Precise Software und Jareva Technologies gelegt worden war. Für die beiden Firmen musste der Konzern Anfang 2003 rund 600 Millionen Dollar zahlen. Die Tools von Precise entscheiden künftig über den Ressourcenbedarf einzelner Anwendungen, während Jareva-Programme die Server verwalten. Upscale schließlich verschiebt die Applikationen, ohne ihren Betrieb zu unterbrechen. Das Verfahren läuft unter dem Schlagwort Server-Virtualisierung.

In den Markt drängte es zuletzt auch den Speicherkonzern EMC, der das Softwarehaus VMWare im Dezember für 635 Millionen Dollar in bar übernommen hat. Die Company setzt ihren Schwerpunkt im Intel-Umfeld und kann im Gegensatz zu Upscale verschiedene Betriebssystem-Instanzen auf einem einzelnen Prozessor einrichten. Im Geschäftsjahr 2004 rechnet VMWare mit einer Umsatzverdopplung auf 175 Millionen bis 200 Millionen Dollar; die Kennzahlen von Ejasent wurden nicht veröffentlicht.

Hauptsächliche Wettbewerber im Bereich des Utility Computing sind neben Management-Spezialisten wie BMC in erster Linie die IT-Riesen IBM, Sun Microsystems und Hewlett-Packard (HP), die sich von dem "modernen Rechenzentrum" nicht zuletzt eine engere Kundenbindung an ihre Plattformen versprechen. Bis alle Ansätze komplett sind, wird es nach Einschätzung von Analysten noch ein Weilchen dauern: Die aktuell verfügbaren Angebote bezeichnete Gartners europäischer Chef-Researcher Peter Sondergaard gegenüber der CW als "Finanzierungsoption". IDC erregte Anfang Dezember Aufsehen mit dem Begriff "Futility Computing", und verwies damit auf den derzeit geringen Nutzen. Kunden würden vorerst in klassische Verwaltungs-Tools investieren, bevor sie ihre Geschäftsprozesse in ein Gesamtkonzept integrieren. (ajf)