Nach Übernahme von Network Solutions

Verisign stellt die Weichen in Richtung Full-Service-Provider

17.03.2000
MÜNCHEN (CW) - Die Übernahme von Network Solutions (NSI) durch Verisign findet ein geteiltes Echo. Während manche Beobachter Synergieeffekte zwischen dem Domain-Name-Verwalter NSI und dem Anbieter von Internet-Security-Software Verisign sehen, bemängeln andere den Deal.

Verisign hatte vergangene Woche mit der Ankündigung, NSI zu übernehmen, allgemein überrascht (siehe CW 10/00, Seite 1). Zahlreiche Beobachter halten den Kaufpreis in Höhe von 21 Milliarden Dollar für viel zu hoch.

Der Deal soll in Form eines Aktientausches abgewickelt werden, wobei Verisign 2,15 seiner Aktien gegen ein Wertpapier von NSI einlöst. "Verisign hat für viel Geld nichts weiter als eine öffentliche Mailing-Liste gekauft", bringt Frank Price, Analyst bei Forrester Research, die Kritik einiger Beobachter auf den Punkt.

Natürlich sieht man das im Management von Verisign ganz anders. CEO Stratton Sclavos erwartet von der Übernahme zusätzliche Kunden und die Chance, Dienstleistungen aus einer Hand anzubieten, die von der Domain-Verwaltung bis zur Zertifizierung und sicheren Transaktion von E-Commerce-Daten im Internet reichen.

Die Wahl fiel auf NSI, weil das Unternehmen sozusagen an der Quelle der Internet-Adressen sitzt. NSI, das 1979 als Entwickler von Computersystemen gegründet wurde, erhielt 1992 die Genehmigung, die Internet-Registrierung zu organisieren. Der endgültige Durchbruch gelang NSI, als die Firma 1995 von der US-Regierung das Monopol auf die Domain-Endungen .com, .net und .org zugesprochen bekam. Das Monopol wurde erst 1999 aufgehoben und die Rechte für die Registrierung an weltweit 22 Unternehmen vergeben. Dennoch behält NSI eine Sonderstellung, weil es für weitere vier Jahre den Router-Server mit den Adressänderungen .com, .net und .org betreibt und von den anderen Registraren dafür Gebühren erhält.

Darüber hinaus ist NSI als Marktführer auch weiterhin gut im Geschäft. Die Amerikaner, die vergangenes Jahr einen Gewinn von knapp 27 Millionen Dollar erwirtschafteten, registrierten eigenen Angaben zufolge 1999 über fünf Millionen neue Adressen, während es der schärfste Konkurrent Register.com nur auf 160 000 Einträge brachte.

Eben von diesem Kundenstamm der NSI will Verisign profitieren. Ziel ist es, Netzadministratoren im One-Stop-Shopping ein Dienstespektrum anzubieten, das sich vom Domain-Management über die Benutzerauthentifizierung und Verschlüsselung bis hin zu Kreditkartenzahlungen erstreckt.

John Pescatore, Analyst der Gartner Group, sieht in der Kombination Domain-Verwaltung und Security-Services Vorteile sowohl für den Anwender als auch die Anbieter. Bei letzteren entfällt die mühselige Koordination der Kundendaten und -interessen, der Anwender hat einen Ansprechpartner für ein weites Feld an Internet-Diensten. "Für uns ist interessant, alles nur mit einem Unternehmen statt mit zehn auszuhandeln", erklärt Blair Miller, Vice President Engineering bei der Finanzberatung Thomson Financial Interactive, den Vorteil und ergänzt: "Der Zusammenschluss von Verisign und NSI wird hoffentlich den Papierkrieg unserer Administratoren eindämmen."

Für Marktbeobachter Pescatore ist die Fusion von Verisign und NSI noch nicht das Ende. Er rechnet damit, dass Verisign nun Allianzen mit Web-Hosting-Anbietern sowie Application-Service-Providern anstreben wird. Dann könnte das Unternehmen seinen Kunden Dienste von A bis Z für E-Commerce-Sites anbieten.