CeBIT 2003: Viele Abschlüsse, aber weniger Besucher

Verhaltener Optimismus

28.03.2003
HANNOVER/MÜNCHEN (CW) - Drastisch gesunkene Besucherzahlen und ein um zehn Prozent gestiegenes Auftragsvolumen der Aussteller markieren die gegensätzlichen Pole der CeBIT 2003. Die Messeveranstalter äußerten die Hoffnung, dass dieses Jahr in der IT-Branche mit einem kleinen Wachstum zu rechnen ist.

Nur 560000 Besucher (2002: 674000) kamen in diesem Jahr auf die CeBIT. Das ist ein Rückgang von 17 Prozent. Insbesondere in der zweiten Hälfte habe sich die negative Entwicklung im Irak-Konflikt ausgewirkt, erklärte Ernst Raue, Mitglied des Vorstands der Deutschen Messe AG. Die Zahl der Besucher aus den USA habe sich gegenüber den Vorjahren, als noch relativ konstant rund 9000 Amerikaner der Messestadt einen Besuch abstatteten, halbiert.

Irak-Konflikt verringert die Besucherzahlen

Raue sagte, viele Besucher seien dem weltweit größten IT-Branchentreffen wegen der Krisensituation ferngeblieben. Allerdings mochte er keine genauen Zahlen nennen. Auf die Frage, wie viele Besucher denn wegen des zum Zeitpunkt der CeBIT noch nicht ausgebrochenen Irak-Kriegs möglicherweise nicht nach Hannover gekommen sind, sagte Raue: "Ich schätze, dass es rund 20000 gewesen sein könnten. Aber diese Zahl ist nicht verifizierbar."

Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom), erklärte mit Blick auf die drastisch reduzierten Besucherzahlen: "Wir müssen uns fragen, ob wir in der Vergangenheit die Parameter für unser CeBIT-Resümee richtig gesetzt haben. Quantität ist nicht entscheidend. Was zählt, ist die Qualität der Kontakte."

Rohleder betonte, die Aussteller seien "durchweg sehr zufrieden" gewesen. Auch könne man konstatieren: "Die Stimmung bezüglich des Investitionsklimas ist deutlich positiver" als vergangenes Jahr. Der Bitkom-Mann weiter: "Wir haben die Erwartung, dass sich in den kommenden drei Monaten die Investitionen in unserer Branche deutlich erhöhen."

Raue assistierte mit der Bemerkung, der Investitionsstau löse sich langsam auf. Zur Frage, ob der massive Besucherrückgang einen Trend darstelle, sagte der Sprecher des Messeveranstalters: "Die CeBIT ist der Spiegel des Marktes. Wir hatten im vergangenen Jahr in Deutschland fast 40000 Firmenpleiten. Wir können Leute, die nicht mehr da sind, auch nicht zur CeBIT bringen."

Auf die Frage, ob die Messeverantwortlichen die CeBIT 2003 zu positiv darstellten, entgegnete Raue: "Nein, wir reden die CeBIT nicht schön. Für die Hersteller ist diese Messe mit höheren Umsätzen wirklich gut verlaufen."

Die Zahl der Aussteller gab die Deutsche Messe AG mit rund 6600 an. 82 Prozent der Aussteller würden für 2004 wieder einen CeBIT-Auftritt planen.

2004 wird CeBIT um einen Tag kürzer

Aus Sicht der Veranstalter hat die CeBIT zunehmend Alleinstellungscharakter: 57 Prozent der Fachbesucher benötigen einer Umfrage der Veranstalter zufolge keine andere Messe, um sich über den ITK-Markt zu informieren. Das sind fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 61,2 Prozent aller Fachbesucher waren Vertreter kleiner und mittlerer Unternehmen. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der Mittelständler 59,6 Prozent. 21,5 Prozent aller Besucher kamen aus dem Ausland, 2002 waren es 20,4 Prozent gewesen.

Im kommenden Jahr wird die weltweit größte ITK-Messe um einen Tag verkürzt. Sie beginnt dann wieder am Donnerstag und dauert bis zum darauf folgenden Mittwoch (18. bis 24. März 2004)

In einer Internet-Trendumfrage hatte das Beratungsunternehmen Mummert Consulting AG bereits im Vorfeld der diesjährigen CeBIT gefragt, ob ein Besuch der Messe geplant werde und, wenn nein, warum nicht. Die Befragung fand zwischen dem 20. Februar und dem 5. März 2003 mit 814 Teilnehmern statt.

Mummert resümiert, für viele Technikfreunde lohne sich der Zeitaufwand einer Reise zur CeBIT nicht mehr. 42 Prozent der Internet-Nutzer nannten Zeitmangel als Hauptgrund für ihr Fernbleiben. Die Unübersichtlichkeit der Messe schreckte fast jeden Vierten von einem Besuch ab. Rund 13 Prozent hielten die CeBIT sogar für unbedeutend. Als Irrtum stellte sich während der Messetage heraus, was etwa 21 Prozent der Befragten als Grund für ihr Fernbleiben anführten: Der starke Besucherstrom verleide einem die Messe. De facto war noch nie eine CeBIT so entspannt zu erreichen, die Messehallen waren nie so stressfrei zu begehen wie dieses Jahr.

Die Hype-Messe wird bodenständig

Die Berliner Marktforscher von Berlecon können der diesjährigen CeBIT hingegen Positives abgewinnen. Zwar hätten anfänglich steil nach unten zeigende Besucherzahlen ein gewisses Sensationsbedürfnis befriedigt - O-Ton Berlecon: "Schließlich übt der vermeintliche Niedergang einer Institution seine eigene Faszination aus." Nach Abschluss der Messe sei aber das Fazit vieler Aussteller überraschend positiv ausgefallen. Viele Aussteller hätten über qualifizierte Gespräche berichtet und sich über hochwertige Kontakte und unterschriebene Verträge freuen können.

Bei solchen Aussagen sei zwar eine Portion Zweckoptimismus nicht zu verkennen, gaben die Meinungsforscher aus Berlin zu bedenken. Festzuhalten sei aber auch, dass das Gesamtbild in diesem Jahr deutlich positiver ausfalle als 2002.

Das Fazit über den Verlauf der Messe sei im vergangenen Jahr noch getrübt gewesen von Vergleichen mit "dem Trubel, dem Hype und den hohen Besucherzahlen der Vorjahre". Mittlerweile hätten viele Unternehmen akzeptiert, dass die "euphorischen Zeiten" vorbei sind. Sie würden sich deshalb eine veränderte Sicht aneignen. "Das Geschäft ist bodenständiger geworden."

Hypes und Trends wie in den vergangenen Jahren (etwa UMTS, E-Commerce) fehlten zwar auf der CeBIT 2003. Trotzdem waren eine Reihe von wichtigen Techniken zu beobachten, stellt auch Berlecon fest. Wireless LAN und Bluetooth standen im Vordergrund. Auch das Thema Mobile Business, also die Mobilisierung von Geschäftsprozessen, nahm dieses Jahr großen Raum ein. Intel, Microsoft, HP und SAP bündelten auf der CeBIT die Kräfte, um Mobile Business gemeinsam in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Die Mobilisierung von Geschäftsprozessen werde sich, prognostiziert Berlecon, zunehmend zu einem klassischen IT-Thema entwickeln.

Die Mittelstandsinitiativen der großen Softwareunternehmen wie SAP oder Microsoft hätten, so die Berliner Analysten, auf der CeBIT schon klarere Formen angenommen als noch im vergangenen Jahr auf der Systems. Erste vorgestellte Produkte wie Microsofts CRM-Software ließen erwarten, dass sich der Wettbewerb in diesem Markt in den kommenden ein bis zwei Jahren deutlich verändern werde.

Diese Beispiele zeigten, so Berlecon, dass die CeBIT sich zu einer Messe für eine zunehmend normale Branche entwickle. (jm)